Verena Sailer - Die flotte Herausforderin
Mit Herausforderinnen ist es so eine Sache. So kurz vor den anstehenden Deutschen Meisterschaften in Ulm muss Verena Sailer auf die Frage, ob sie in einer solchen Rolle sei, erst einmal nachdenken. Dann sagt sie: "Irgendwie schon." Sie ist schließlich die mit Abstand jüngste der fünf deutschen Sprinterinnen, die in diesem Jahr die 100 Meter schon unter 11,50 Sekunden gelaufen sind.
Youngster Verena Sailer kann bei den Frauen mitmischen (Foto: Krebs)
Das lässt die 20-Jährige, die für den LAC Quelle Fürth/München/Würzburg startet, auch zurecht sagen: "Mittlerweile kann ich ein Wörtchen mitreden." Sogar ein kräftiges, jetzt mit einer Zeit von 11,43 Sekunden Nummer drei in Deutschland, war sie zwischenzeitlich sogar an der Spitze der Bestenliste. Dem will sie aber keine so große Bedeutung beimessen.Im zweiten Jahr läuft sie jetzt bei den Erwachsenen mit und das mitunter ganz frech. "Ich muss mich aber erst noch zurechtfinden", meint sie und nimmt sich vor, sich vor so manchem Wettkampf "keinen Kopf" zu machen und die Aufgabe lockerer anzugehen.
Keine Gedanken um Generationswechsel
Dass sie in Bayern bei dem anstehenden Karriereende der Moosburger Zwillingsschwestern Birgit und Gabi Rockmeier in eine Nachfolgerrolle hineingedrängt werden könnte, sieht Verena Sailer nicht so: "Ein Generationswechsel ist für mich etwas Normales, darüber denke ich nicht nach."
Ganz entspannt erzählt Verena Sailer dagegen von ihrem sportlichen Ziel, der Europameisterschaft in Schweden (7. bis 13. August). "In Göteborg möchte ich auf alle Fälle in der Staffel mitlaufen, an die Einzelnorm, die bei 11,35 Sekunden liegt, denke ich aber nicht", meint sie. Da würde sie nur verkrampfen, fügt sie an.
DM-Podest als Ziel
Bei nur noch einem Wettkampf bis zum Nominierungsschluss ist es gar nicht möglich, die Norm zweimal zu laufen, wie es der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) fordert. "Eine Medaille bei der Deutschen Meisterschaft wäre gut", meint Verena Sailer, "im Training habe ich mich sehr gut gefühlt." Im Donaustadion will sie sich an diesem Wochenende (15./16. Juli), ihren Staffelplatz im deutschen 4×100-Meter-Quartett endgültig sichern.
Schließlich kommt ihr beim Gedanken an die Europameisterschaft in Göteborg ein erwartungsvolles "Das wird bestimmt cool" über die Lippen. Ein solches Großereignis kennt sie bislang nur vom Fernsehen. Bei zwei Europacups und der U23-EM im letzten Jahr in Erfurt, wo sie über 100 Meter Bronze und mit der Staffel Silber holte, war sie bislang dabei. "Eine EM wird aber viel größer sein", weiß Verena Sailer, die der DLV-Staffel im Ullevi-Stadion allemal eine gute Zeit zutraut.
Keine Reise nach Helsinki
Wie unsicher Staffelplätze sind, hat die talentierte Nachwuchssprinterin im vergangenen Jahr schmerzhaft erfahren. Damals war sie sicher in der DLV-Staffel dabei, doch der Verband verzichtete darauf, seine Sprinterinnen für die Weltmeisterschaft in Helsinki (Finnland) zu melden, so dass Verena Sailer, die sich in den Nachwuchsklassen schon sechs Deutsche Meistertitel über 60 und 100 Meter gesichert hat, zu Hause bleiben musste.
Vor knapp einem Jahr ist die Sportwissenschaftsstudentin von Kempten nach Erlangen umgezogen. "Es ist wegen des Studiums einfach praktischer, in Erlangen zu wohnen und zum Training nach Fürth zu fahren", sagt sie und verweist dabei auf die Freistunden während des Tages, die sie so besser nutzen kann.
Gute Kombination mit Uni
Neben dem Sportstudium und dem Hochleistungssport bleibt wenig Zeit für Hobbies. Morgens Uni, dann etwas lernen und schließlich Training, so sieht ihr Tag in der Regel aus. Da trifft es sich gut, dass die Uni Erlangen vor zwei Jahren eine Partnerschaft mit den Sportverbänden eingegangen ist und als Partneruniversität des Hochleistungssport gilt, um den Top-Athleten die Koordination zwischen Studium und Sport zu erleichtern. "Das lässt sich gut regeln", berichtet Verena Sailer. Wettkampfreisen unter der Woche sind deshalb auch während des Semesters kein Problem mehr.
"In Franken gefällt es mir richtig gut. Der Umzug war weniger aufregend als der Vereinswechsel 2004", gibt sie zu. Da war für sie alles neu. "Ich habe weiter in Kempten trainiert und so gut wie niemanden aus dem Verein gekannt", erklärt sie.
Umzug als Veränderung
Nach Fürth ist sie zusammen mit ihrem Trainer Valerij Bauer und dessen ganzer Familie gekommen. Von der Trainingsgruppe sind auch noch Johanna Braun und Juliane Tögel mit nach Fürth umgezogen. "Das hat die Umstellung sicher erleichtert, zudem kenne ich nun auch schon mehr Leute im Verein", erklärt sie. Jetzt ist Verena Sailer in ihrem Sportlerleben mehr auf sich alleine gestellt als vorher, muss sich vieles selbst organisieren. "Das ist schon eine Veränderung."
Im Training hat sich auch einiges geändert. Weniger der Umfang, der ist mit sieben Trainingseinheiten pro Woche unverändert, sondern die Intensität hat sich spürbar erhöht. Vor allem das Krafttraining hat zugenommen. Dabei sieht die 1,66 Meter große Athletin mit ihren 50 Kilogramm eher wie eine Mittelstreckenläuferin aus. Sie will gar nicht so in das Bild der muskelbepackten Sprinter passen.
Schnell ist sie trotzdem und das lässt sie auch an ihrem Plan festhalten, auf den Leistungssport zu setzen, auch wenn sie das Studium dabei keinesfalls aus den Augen verlieren will. Ambitionen auf die Sportfördergruppe der Bundeswehr hat sie keine. Verena Sailer möchte es auch so schaffen. Ehrgeizig genug ist sie allemal.
leichtathletik.de berichtet am Samstag und Sonntag von den Deutschen Meisterschaften in Ulm mit einem aktuellen Live-Ticker.
Mehr:
Microsite mit allen Infos...
Lesen Sie auch:
Frauensprint verlangt Generationswechsel
Jala Gangnus und ihr turbulentes Jahr
Martha Koj - Das Nationaltrikot lockt
Johanna Kedzierski düst locker in die Spitze
Julia Sutschet - Ohne Spaß läuft nichts