Verena Sailer - „Habe gemerkt, was möglich ist“
Die Deutsche Meisterin Verena Sailer steckt mitten in der Vorbereitung auf den Olympiasommer. Die Sprinterin vom LAC Quelle Fürth/München locken nicht nur die Spiele in Peking (China), sondern auch die Deutschen Meisterschaften im heimischen Nürnberg am 5. und 6. Juli. Wie sie sich als Covergirl der Titelkämpfe fühlt, was sie sich als Titelverteidigerin vornimmt und wie sie mit der Herausforderung Olympia umgeht, erfahren Sie im Interview.

Verena Sailer:
Natürlich freue ich mich darauf. Für mich ist das ein richtiges Heimspiel. Ich wohne hier, deshalb ist es besonders schön, bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg zu starten. Ich hoffe auf viel Unterstützung vom Publikum. Ich möchte meinen Titel wieder verteidigen und dabei eine gute Zeit laufen, möglichst auch die Olympianorm, falls ich sie bis dahin noch nicht haben sollte.
Als Plakatmotiv sind Sie auch das Covergirl der DM…
Verena Sailer:
Covergirl, wie sich das anhört… (lacht) Aber ich freue mich riesig darüber. Ich habe das Plakat auch schon vor längerer Zeit gesehen. Als ich damals gefragt wurde, war das für mich schon etwas Besonderes. Ich bin gespannt, wie es für mich sein wird, wenn demnächst immer mehr dieser Plakate in Nürnberg hängen und ich in der Stadt unterwegs bin.
Wie wohl fühlen Sie sich in dieser Rolle?
Verena Sailer:
Es ist für mich etwas Neues, aber es ist mir nicht unangenehm. Ich mache mich deshalb nicht verrückt und spüre keinen besonderen Druck, nur weil ich auf dem Bild bin.
Die Olympischen Spiele sind Ihr erklärtes Ziel in diesem Sommer. Wie schätzen Sie Ihre Chancen realistisch ein?
Verena Sailer:
Es ist ein Ziel und ich denke auch, dass es realistisch ist. Ich konnte in der Hallensaison meine Bestzeit steigern, deshalb ist es nicht unmöglich, die Norm zu laufen. Ich weiß, dass ich Zeiten von 11,23 und 11,25 Sekunden anbieten muss und ich hoffe, dass ich noch schneller laufen kann. Aber zu diesem frühen Zeitpunkt ist das noch schwer zu sagen. Die Normen werden so gesetzt, dass man in Peking konkurrenzfähig ist. Das will ich schaffen. Ich konnte zuletzt im Trainingslager gut trainieren. Ich bin ganz optimistisch.
Wann war in Ihrer noch eher jungen Karriere zum ersten Mal für Sie klar, dass Peking ein echtes Ziel ist?
Verena Sailer:
Mit dem Gedanken spiele ich schon lange. Einen festen Zeitpunkt, wann das aber so klar war, kann ich nicht sagen. Den ausschlaggebenden Moment gab es bei mir nicht, vielmehr war der Traum schon immer da. Seit der EM 2006 in Göteborg kam ich dem dann immer näher.
Das Thema Olympia ist momentan von der Tibet- und Boykott-Diskussion und den Protesten darum behaftet. Welche Gedanken machen Sie sich persönlich dazu?
Verena Sailer:
Es ist eine zweischneidige Sache. Jeder kann seine Meinung frei äußern, ob man dann aber, wie zuletzt geschehen, einen Fackelläufer angreifen sollte, ist etwas anderes. Man hätte aber schon im vorhinein überlegen müssen, die Spiele überhaupt nach China zu vergeben. Ich freue mich aber so oder so auf Olympia, auch wenn man sich nun mehr Gedanken darüber macht.
Wie wichtig ist es Ihnen, dass Sie in Peking eine Art Leitfaden an die Hand bekommen, wie Sie sich am besten verhalten?
Verena Sailer:
Das ist sehr wichtig. Ich denke, dass man einen solchen Leitfaden braucht. Es geht um ein schwieriges Thema, bei dem man genau wissen sollte, was man am besten sagt. Natürlich kommt es auch darauf an, was für eine Art von Athlet man ist und wie man seine Meinung äußern möchte.
Wie sieht nun Ihr sportlicher Fahrplan bis hin zu den Olympischen Spielen aus?
Verena Sailer:
Ich habe meine Wettkampfplanung inzwischen abgeschlossen. Es ist so, dass ich acht Wettkämpfe bis zu den Olympischen Spielen mache, neben den ein oder anderen Meetings sind dabei auch der Europacup und die Deutschen Meisterschaften eingeplant.
Sie waren zuletzt nach der Hallensaison in Potchefstroom in Südafrika im Trainingslager. Was waren dort die Schwerpunkte?
Verena Sailer:
Wir Sprinterinnen, Jala Gangnus, Cathleen Tschirch, Marion Wagner und ich, haben dort eine Grundlage geschaffen. Es war hart, ein Trainingslager ist immer hart, aber ich bin gut durchgekommen, verletzungsfrei wieder zurück und zufrieden damit. Es war eine Kadermaßnahme, aber noch kein spezielles Staffel-Trainingslager. Jetzt im nächsten Trainingslager in Portugal wird richtig Staffel trainiert.
Stichwort Staffel, welches Ziel wäre denn für das deutsche Frauen-Quartett bei Olympia realistisch?
Verena Sailer:
Wir müssen erst einmal durchkommen. Dafür werden wir jetzt gut trainieren. Das Finale ist auf jeden Fall unser Ziel, dann mal weitersehen.
Bei Ihren männlichen Sprintkollegen ist Frankie Fredericks als Berater ein Zugpferd am Rande der Bahn. Hätten Sie auch gerne eine solche Galionsfigur an Ihrer Seite?
Verena Sailer:
Es ist bestimmt schön, so jemanden dabei zu haben, aber ich fühle mich nicht vernachlässigt und ich wüsste spontan auch niemanden, den ich gerne dabei hätte. Ich bin auch so im Großen und Ganzen mit der Betreuung recht zufrieden. Es läuft und wir konnten bei der WM im letzten Jahr gut abschneiden. Da hatte es ja genau so geklappt, wie wir es auch diesmal wieder machen wollen.
Abschließend noch ein Blick zurück. Bei der Hallen-WM in Valencia (Spanien) waren Sie zum Ende der Wintersaison mit Ihrem Aus im Halbfinale nicht wirklich zufrieden. Was ist davon bei Ihnen noch haften geblieben?
Verena Sailer:
Ich war zwar mit der Hallen-WM nicht zufrieden, bin aber trotzdem mit einer ganz, ganz großen Motivation zurück gekommen. Ich habe das erste Mal so richtig gemerkt, was möglich ist. Das hat mich extrem motiviert für das ganze Training, das jetzt ansteht. Das war wirklich das Gute an der WM, dass ich so etwas mitnehmen konnte.