Verena Sailer - "Nur der Sieg hat gezählt"
Zum ersten Mal seit 20 Jahren hat eine deutsche Athletin wieder eine Sprint-Goldmedaille gewonnen. Verena Sailer von der MTG Mannheim rettete am Donnerstagabend bei der EM in Barcelona mit 11,10 Sekunden den 100-Meter-Sieg mit einer Hundertstel vor der Französin Véronique Mang ins Ziel. Im Interview verrät die 24-Jährige, dass Sie schon seit Monaten nur an diesen Triumph gedacht hat.
Verena Sailer, Sie sind Europameisterin über 100 Meter. Ist das bei Ihnen schon angekommen?Verena Sailer:
Noch nicht ganz, aber langsam kommen die Freudentränen. Das ist Wahnsinn. Unbeschreiblich.
Haben Sie vor dem Finale geahnt, dass das möglich ist? Mit den 11,06 Sekunden im Halbfinale hatten Sie es ja schon angedeutet …
Verena Sailer:
… die Zeit gilt ja nicht, der Rückenwind war zu stark. Aber ich wusste, dass ich das Finale gewinnen kann, wenn ich einen guten Start habe. Ich habe mich auf meine Stärken besonnen.
Können Sie sich an die einzelnen Phasen des Rennens überhaupt noch erinnern?
Verena Sailer:
Nein, ich habe einfach die Birne ausgeschaltet und bin gerannt.
Am Ende war es ein Triumph des Willens, oder?
Verena Sailer:
Ja, ich musste unglaublich gegenhalten, weil die Französin ganz, ganz stark gelaufen ist. Ich wollte diesen Sieg so unbedingt und habe zusammen mit meinem Team das ganze Jahr über so hart dafür gearbeitet. Meine Physiotherapeutin Ella Bauer stand sogar nachts bereit, um mich zu behandeln, und dafür will ihr genauso danken wie meinem Trainer Valerij Bauer. Bei all‘ der harten Arbeit hatte ich immer das Bild vor Augen, hier als Erste über die Ziellinie zu laufen.
War der Stolperer am Start des Halbfinales eine Schrecksekunde für Sie?
Verena Sailer:
Absolut. Es war seltsam, ich stand am Start und war nicht so aufgeregt wie sonst. Vielleicht war das ein kleines Zeichen, danach war ich jedenfalls voll da.
Es hat 20 Jahre gedauert, bis nach Katrin Krabbe 1990 in Split eine deutsche Sprinterin 100-Meter-Gold gewonnen hat. Was bedeutet es für Sie, das geschafft zu haben?
Verena Sailer:
Ich wusste, dass sich mir die Gelegenheit zum Sieg nur bei Europameisterschaften bieten würde, und habe sie beim Schopfe gepackt.
Wussten Sie beim Aufstehen morgens schon, dass das Ihr Tag wird?
Verena Sailer:
Ich hatte jedenfalls die ganze Zeit das Bild vor Augen, zu gewinnen und auf eine Ehrenrunde zu gehen. Gleichzeitig hatte ich aber immer Schiss davor, mir selbst was einzureden und am Ende enttäuscht zu sein, wenn es nicht klappt. Deshalb habe ich auch vor den Rennen öffentlich immer nur gesagt, dass ich ins Finale will und dann mal schauen. Aber in Wirklichkeit wollte ich immer nur gewinnen, und das war auch das Einzige, das heute für mich gezählt hat.
Werden Sie jetzt feiern, das geschafft zu haben?
Verena Sailer:
Kaum, wir wollen mit der Staffel ja noch viel erreichen und darauf muss ich mich jetzt konzentrieren.
Im vergangenen Jahr waren Sie beste Europäerin bei den Weltmeisterschaften. Wie groß war der Druck, der dadurch aufgebaut wurde?
Verena Sailer:
Ich habe mich bei meinen Prognosen absichtlich zurückgehalten, damit der Druck von außen nicht so groß wird.
Wie wichtig sind Ihre Goldmedaille und Gold und Silber von den Speerwerferinnen Linda Stahl und Christina Obergföll für das ganze deutsche Team, das ja an den ersten beiden Tagen recht mühsam in die EM gestartet war?
Verena Sailer:
Es tat gut, den Jubel des Publikums bei den Würfen von Linda Stahl zu hören, auch wenn ich in diesem Moment sehr stark auf mich konzentriert war. Wir haben einen ganz guten Job gemacht, und ich denke, jetzt läuft’s.
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