Vertrauen in die neue Läufergeneration
Jahrelang mussten die deutschen Sprinter und Läufer viel Spott und Häme über sich ergehen lassen - weil sie von der Weltspitze weit entfernt waren. Doch in dieser Saison gehen die Asse des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) mit überraschend viel Rückenwind in die Highlights bei den Europameisterschaften in Helsinki (Finnland; 27. Juni bis 1. Juli) und Olympia in London (Großbritannien; 27. Juli bis 12. August).
15 Athleten haben vor den Deutschen Meisterschaften am Wochenende in Bochum-Wattenscheid die Normen für London auf den Strecken von 100 Metern bis zum Marathon bereits erfüllt, hinzu kommen die Geher. Zum Vergleich: 2008 in Peking (China) brachte der DLV am Ende nur acht Läufer an den Start.Die Verantwortlichen im DLV nehmen diese positive Entwicklung gelassen zur Kenntnis. "Mit den Leistungen, die in der noch frühen Saison bisher realisiert wurden, bin ich zufrieden", sagte Cheick-Idriss Gonschinska, Cheftrainer der Läufer im Verband, dem SID, "das ist das Ergebnis einer systematischen Arbeit, in der täglich neueste trainingswissenschaftliche Erkenntnisse umgesetzt werden."
Auch Lehrgeld erlaubt
Cheick-Idriss Gonschinska weiß, dass seine zum Teil noch sehr jungen Athleten erst am Anfang ihrer Entwicklung stehen. "Wir erleben da eine neue Athletengeneration, die Zeit braucht, aber unser Vertrauen hat. Sie können auch einmal Fehler machen, Lehrgeld zahlen gehört dazu", sagte er, "aber wir haben ganz bewusst auf junge Athleten gesetzt. Wir werden uns weiter entwickeln."
Einzelne Namen möchte Cheick-Idriss Gonschinska nicht hervorheben - um den Druck auf die Athleten nicht unnötig zu erhöhen. Allerdings seien die Normerfüllungen nur Zwischenergebnisse, der erste Schritt.
"Der Trend ist gut. Aber jetzt müssen auch die internationalen Bewährungsproben bestanden werden", sagte Cheick-Idriss Gonschinska, der aber auch weiß, dass angesichts der afrikanischen Übermacht auf den Langstrecken sowie der Dominanz der Sprinter aus der Karibik und den USA an Medaillen in London auf der Bahn überhaupt nicht zu denken ist. Bei der EM in Helsinki schätzt er die Lage anders ein: "Unsere Athleten werden ihre Chance suchen."
Selbstvertrauen ist zurück
Über die prestigeträchtigen 100 Meter gehören der Berliner Lucas Jakubczyk (Berlin) und die Münsteranerin Tatjana Pinto zu den jüngsten Lichtblicken. Lucas Jakubczyk rannte bereits 10,17 Sekunden - allerdings blies der Rückenwind dabei einen Hauch zu stark. Und für Tatjana Pinto wurden beachtliche 11,19 Sekunden gemessen. "Dass sie hochtalentiert ist, ist keine Überraschung", sagte Cheik-Idriss Gonschinska.
Zudem kehrte Hallen-Europameisterin Carolin Nytra nach langer Verletzungspause in hochkarätigen 12,74 Sekunden über 100 Meter Hürden zurück, 100-Meter-Europameisterin Verena Sailer (beide MTG Mannheim) egalisierte nach ähnlichen Problemen die Zeit von Tatjana Pinto. "So wie man Verena kennt - mit ihrem Ehrgeiz - hat sie sich eine Menge vorgenommen", sagte Cheik-Idriss Gonschinska. Und Carolin Nytra meinte, fast stellvertretend für alle Sprinter und Läufer im DLV: "Das Selbstvertrauen ist zurück."
LAUFEN.DE:
Vor den Titelkämpfen: Deutsche Läufer so stark wie lange nicht
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)