Viele Fragezeichen bei den Speerwerfern
Der Kampf um die Medaillen bei der Deutschen Meisterschaft in Erfurt (21./22. Juli) ist bei den Speerwerfern völlig offen. Die eigentlichen Favoriten Peter Esenwein (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) und Mark Frank (1. LAV Rostock) sind verletzt, ihr Start ungewiss. Als nächstfolgender Goldkandidat hatte auch der Hannoveraner Stephan Steding Verletzungsprobleme, wird aber wohl antreten können. Damit rücken auch solche Athleten wie Stefan Wenk (VfL Sindelfingen), Christian Nicolay (TV Wattenscheid 01), Alexander Vieweg (SV Schlau.com Saar 05) und Tino Häber (LAZ Leipzig) urplötzlich wieder mitten ins Medaillengespräch hinein.
Ein Start in Erfurt ist offen: Mark Frank (Foto: Chai)
Das zweite Problem ist mit der kurz nach den Titelkämpfen zu erfolgenden Nominierung für die Weltmeisterschaften in Osaka (Japan; 25. August bis 2. Spetember) verbunden. Der verantwortliche DLV-Disziplintrainer Ralf Wollbrück erklärt die Sachlage: "Mit Peter Esenwein und Mark Frank fallen unter Umständen die beiden Athleten aus, die bisher als Einzige zu 100 Prozent die Nominierungskriterien erfüllt haben, sprich zweimal die WM-Norm von 81,00 Metern bei regulären Normwettkämpfen übertrafen." Es gäbe zwar die Möglichkeit, beide zu nominieren und für später, beispielsweise für die DLV-Gala am 12. August in Wattenscheid, einen Leistungsnachweis zu fordern. Abgesehen davon, dass ein solcher Vorschlag erstmal von den verantwortlichen Gremien des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) akzeptiert werden müsste, sieht der Trainer natürlich ein Risiko bei einem solchen Vorgehen.
Unglücklicher Umstand
"Man kann jetzt nicht voraussehen, dass sie bis dahin wieder gesund werden. Es ist wirklich schwer, einige Tage vor Erfurt über die Nominierung zu spekulieren, zumal noch einige andere Athleten die Möglichkeit haben, in Erfurt gut abzuschneiden, die Norm zu werfen und sich damit wieder ins Gespräch zu bringen." Er fügt hinzu: "Das sich jemand verletzt, ist fast normal. Aber dass es so kompakt kommt, ist doch untypisch, eher ein unglücklicher Umstand."
Denn nicht nur die beiden sind verletzt. Auch Stephan Steding ist angeschlagen, verletzte sich bei den Norddeutschen Meisterschaften an der Brustwirbelsäule, zog sich eine Blockierung zu und konnte seitdem nicht mehr richtig trainieren. Dabei hatte gerade er im Vorfeld die Trainer positiv überrascht. Nachdem er 2006 wegen einer Schulteroperation pausieren musste und noch bei der Ausscheidung für den Winterwurf-Europacup im Februar schlecht aussah, verbesserte er sich dann schnell, vor allem auch technisch. Und das Ergebnis ergab für den mit langen Hebeln ausgestatteten Athleten den ersten regulären Normwurf von 82,46 Metern in Zeulenroda. Zuvor hatte er schon einmal bei einem nicht als Normwettkampf ausgewiesenen Wettbewerb in Garbsen den Speer auf paradoxerweise die gleiche Weite von 82,46 Metern fliegen lassen.
Kompaktes Verletzungspech
Peter Esenwein war bei der Europacup-Ausscheidung in Schönebeck mit 82,16 Metern nur knapp gegen Mark Frank (82,23 m) gescheitert, hatte aber dort schon einen guten Eindruck hinterlassen. Diesen bestätigte er auch beim Meeting in Luzern (Schweiz), als er im ersten Versuch mit 82,78 Metern zum zweiten Mal die Norm warf. Doch im nächsten Durchgang zog er sich eine Adduktorenverletzung zu, die ihm seitdem zu schaffen macht. Er will in Erfurt unbedingt antreten, aber man muss ein Fragezeichen dahinter setzen.
Ähnlich sieht es bei Mark Frank aus. Der Rostocker hatte schon vor dem Europacup leichte Beschwerden am Ellenbogen und der Trizepssehne, die sich beim Einwerfen verstärkten. Er bekam daraufhin eine Spritze, spürte dann Ringfinger und kleinen Finger nicht mehr. Das Gefühl für den Speer war völlig weg, aber zu diesem Zeitpunkt war der Einsatz eines Ersatzstarters nicht mehr möglich. So ist dann auch das enttäuschende Ergebnis von 76 Metern zu erklären. Und seitdem hat er weiterhin Schmerzen, kann noch nicht wieder werfen. Es wird sich vielleicht erst in Erfurt entscheiden, ob er antreten kann.
Weitere Medaillenkandidaten
Alexander Vieweg wurde zwar am Samstag in Debrecen (Ungarn) mit persönlicher Bestleistung von 79,56 Metern U23-Europameister, doch er konnte damit nicht seine vorletzte Chance nutzen, die WM-Norm zu werfen, so wie er und sein Trainer Boris Henry es früher mal als Jahresziel verkündet hatten.
Stefan Wenk kam nur schwer in die Saison hinein, warf seine bisherige Bestweite von 80,34 Metern erst in Schönebeck. Beim Meeting in Ostrava (Tschechische Republik) zog er sich dann eine Rückenverletzung zu: "Ich konzentriere mich voll auf die Meisterschaft", machte er sich selbst Mut.
Christian Nicolay hatte lange mit technischen Problemen zu kämpfen und kam nicht über die 80-Meter-Marke (79,58 m) hinaus. Zuletzt stieg seine Form allerdings an.
Altmeister Peter Blank greift ein
Mit Tino Häber gibt es einen weiteren Medaillenkandidaten. 2001 war er bereits einmal JWM-Teilnehmer, stagnierte danach jedoch. Jetzt aber hat sich der schnelle und explosive Werfer technisch verbessert, was auch die 80,24 Meter von Bad Köstritz zeigten.
Und zu allerletzt muss Altmeister Peter Blank (TG 1837 Hanau) erwähnt werden, der immer für eine Überraschung gut ist. Er hat vor der Saison gesagt, dass er noch 86 Meter werfen könne. Das war sicher übertrieben, bisher steht er bei 77,15 Metern. Aber unberechenbar ist er trotzdem.
Und unberechenbar, völlig offen, so muss auch die Vorschau für das Erfurter Finale am 22. Juli überschrieben werden. Zu viele Unwägbarkeiten erschweren die Voraussage.