| Abendsportfest

Vier für Doha: In Pfungstadt purzeln die WM-Normen

Es war eine Attacke mit Ansage: Beim Abendsportfest in Pfungstadt wollten am Mittwochabend mehrere deutsche Topläufer die WM-Normen für Doha angreifen. Am Ende strahlten gleich vier DLV-Athletinnen und -Athleten über die WM-Tickets über 800 Meter und 3.000 Meter Hindernis.
Silke Bernhart /Wolfram Marx

Sie hatten schon in der Halle mit weniger als einer Hundertstel Differenz den deutschen Meistertitel unter sich ausgemacht. Im Freien gab es das nächste Duell um den deutschen Meistertitel. Jetzt reisen die beiden Trainingspartnerinnen von der LG Stadtwerke München gemeinsam zu den Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober): Christina Hering (1:59,41 min) und Katharina Trost (2:00,36 min) haben am Mittwoch in Pfungstadt über 800 Meter den WM-Richtwert von 2:00,60 Minuten deutlich unterboten.

Die Deutsche Meisterin Christina Hering blieb dabei nicht nur um 13 Hundertstel unter ihrer vier Jahre alten Bestzeit, sondern zugleich neun Hundertstel unter der Norm, die der Weltverband IAAF für die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio (Japan) festgelegt hat. Die Deutsche Hallenmeisterin Katharina Trost schraubte ihre zwei Monate alte Bestmarke noch einmal um 38 Hundertstel nach unten. Für perfektes Tempo hatte in dem Rennen die Leverkusenerin Rebekka Ackers gesorgt.

Hindernis-Duo schafft den Sprung ins WM-Team

Auch über 3.000 Meter Hindernis der Männer gab es in Pfungstadt WM-Normen im Doppelpack. Für ein hohes Tempo sorgte nach dem Ausstieg der Tempomacher bei rund 2.200 Metern zunächst der erfahrene Martin Grau (LAC Erfurt TopTeam). Dass er viel Kraft investiert hatte, machte sich am Ende bemerkbar, als wie bei der DM noch einer an ihm vorbeispurten konnte: der Deutsche Meister Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898).

Am Ende konnten aber beide jubeln: Karl Bebendorf steigerte seine zweieinhalb Wochen alte Bestmarke von 8:33,59 auf 8:27,50 Minuten. Es war nach einer fast dreijährigen Hindernis-Pause erst sein zweites Rennen zurück auf dieser Strecke. Martin Grau schaffte in 8:28,94 Minuten eine Punktlandung auf die WM-Norm (8:29,00 min). Der Lohn für den Kampf zurück nach seiner Knöchelverletzung, aufgrund derer er erst spät in die Saison eingestiegen war.

Über 800 Meter der Männer ging der Sieg an den Leipziger Robert Farken. Nach der Steigerung seiner Saison-Bestmarke auf 1:46,75 Minuten zuletzt in Göteborg (Schweden) gelang ihm jedoch in 1:47,10 Minuten keine weitere Verbesserung – zu schnell war dafür wohl die erste Rennhälfte, auf der er hinter den Tempomachern alleine den Speed hochhalten musste.

"Das ist der Wahnsinn!"

"Dass das jetzt so aufgeht – das ist der Wahnsinn!" bilanzierte Georg Schmidt, Mittelstrecken-Bundestrainer der Männer, nach dem Läuferabend. "Wir hatten unfassbar gute Bedingungen, gar kein Wind, 20 Grad. Aber dass dabei wirklich vier WM-Normen rauskommen..."

Gemeinsam mit den Bundestrainer-Kollegen wie Hindernis-Bundestrainer Enrico Aßmus sowie Gerald Hoffmann vom örtlichen Ausrichter, dem TSV Pfungstadt, hatte er sich darum bemüht, den DLV-Läufern noch einmal eine perfekte Bühne für ihren Normangriff zu bereiten – sie bedankten sich mit Spitzenzeiten. Viel Zeit zum Feiern ist jedoch nicht: Schon am Donnerstag geht's weiter ins Trainingslager nach St. Moritz (Schweiz).

Stimmen der Athleten:

Christina Hering (LG Stadtwerke München):

„Ich wusste, dass ich Bestzeit laufen kann, ich wurde im Training immer besser. Letzte Woche hatte ich noch mal eine richtig gute Trainingswoche, aber man muss es dann auf die Bahn bringen. Heute waren beste Bedingungen, es hat alles gepasst. Aber es war hart heute, denn ich bin eigentlich eine Siegläuferin. Aber ich konnte mich ranhängen und auf der Zielgerade meine Stärke ausspielen. Ich hatte mich mit Katharina abgesprochen, dass sie hinter der Tempomacherin läuft. Ich freue mich sehr, dass sie es auch geschafft hat. Wir waren ja unter Plan, haben aber zwischen 400 und 600 ein bisschen Zeit verloren. Vor rund zwei Wochen habe ich erfahren, dass das Rennen heute stattfindet. Nach der Team-EM konnte ich mich noch zehn Tage vorbereiten. Gerade kann ich aber noch nicht richtig realisieren, dass ich nach vier Jahren eine Bestzeit gelaufen bin, so deutlich unter zwei Minuten. Nächste Woche werde ich in Rovereto laufen, danach dann wahrscheinlich in München trainieren. In Doha gibt es so andere Bedingungen, darauf kann man sich nicht perfekt vorbereiten. Ich war ja schon bei drei großen internationalen Meisterschaften mit Hitze dabei und bin gespannt, aber ich freue mich super darauf.“

Katharina Trost (LG Stadtwerke München):

"Ich wusste, dass ich die Norm drauf habe, auch wenn ich nach dem Rennen vom Sonntag in Schifflange ein wenig geknickt war [Anm. d. Red.: 2:03,70 Minuten bei Wind und Regen]. Hintenraus war es gestern richtig hart für mich. Es hat mir geholfen, dass Christina auf der Zielgeraden vor mir gelaufen ist. Ich musste 'nur' dran bleiben und dabei locker weiter laufen, was sich einfacher anhört, als es letztlich ist. Aber es hat geklappt und ich freue mich nun riesig auf meine erste WM."

Martin Grau (LAC Erfurt TopTeam):

„Ich bin natürlich total zufrieden. Es war während des Laufs manchmal ein bisschen unrhythmisch. Die Tempomacher hatten technisch Probleme, da war es an den Hindernissen nicht ganz so einfach. Das Tempo war aber gut, der letzte Kilometer war hart. Ich hatte gut trainiert und wusste, dass ich das Rennen packen kann. Ich wollte es nach den Deutschen Meisterschaften noch versuchen. Klar war es zwei Wochen vorher, aber ich wusste dann auch, dass wir Tempomacher haben und habe gesagt, dass machen wir. Nach der Team-EM war dann eine gezielte Vorbereitung möglich. Ich werde wahrscheinlich nach St. Moritz fahren, das müssen wir jetzt absprechen. Über Doha wegen der Bedingungen mache ich mir keine Gedanken, ich habe da nichts zu verlieren.“

Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898):

„Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. In Bezug auf die Meisterschaften war es gut, der erste Kilometer war ein bisschen unrund, die Tempomacher waren von ihrer Technik nicht so sauber. Ich bin jetzt ziemlich platt, von der Anstrengung her bin ich es von den 1.500 Metern so nicht gewohnt. Ich wusste während des Rennens, dass wir gut in der Zeit liegen, die paar Minuten muss man dann kämpfen. Man weiß, wie sich das auszahlt, da geht man dann mal über seine Grenzen. Ich habe nach den Deutschen Meisterschaften vom Bundestrainer gehört, dass ein Rennen geplant ist. Wir haben noch einen Trainingsblock eingebaut. Ich wusste, es wird verdammt hart, aber, dass ich es schaffen kann. Nach den Deutschen Meisterschaften wusste ich, dass noch etwas geht. Jetzt mache ich eine ruhige Woche, ich muss mal vom Kopf her abschalten, und hoffe dann, dass ich beim ISTAF die 1.500 Meter laufen kann. Die Bedingungen in Doha muss man so nehmen, da mache ich mir nicht viele Gedanken.“

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