Vier Kugelstoßer kämpfen um drei EM-Tickets
Der DLV-Disziplintrainer für das Kugelstoßen, Werner Goldmann, kann wieder aus dem Vollen schöpfen. Er beurteilte die Lage vor den Deutschen Meisterschaften in Ulm (15./16. Juli) entsprechend positiv: "Trotz der recht hohen Norm für die Europameisterschaften in Göteborg von 20,20 Metern sind wir in der glücklichen Lage, dass vier Athleten bereits weiter gestoßen haben."
Ralf Bartels - EM-Kandidat Nummer eins (Foto: Crespel)
Der in Berlin lebende Trainer, der vor Jahren beispielsweise Kugelstoßer Ulf Timmermann zur Weltklasse führte, fügte hinzu: "So etwas haben wir in den letzten Jahren nicht gehabt. Es ist vor allem eine tolle Entwicklung unserer etwas älteren' Athleten, die vielleicht in den letzten Jahren schon ein bisschen abgeschrieben waren wie Andy Dittmar und Detlef Bock. Und beide, vor allem auch Andy Dittmar, haben in den letzten Wochen ein stabiles Niveau gezeigt." Aber auch Peter Sack bekommt ein Lob: "Er hat mit 20,68 Metern in Hengelo gewonnen. Früher war er nur auf heimatlichem Boden erfolgreich."Sicherlich hatte man von Ralf Bartels, dem nach wie vor stärksten deutschen Kugelstoßer, jüngst beim Europacup in Malaga mehr als den dritten Rang mit einer Weite von 20,43 Metern erwartet, zumal der Sieg mit "nur" 20,59 Metern wegging. Aber nach dem ersten ungültigen Versuch musste er doch sehr auf seine Technik achten und blieb etwas zu vorsichtig. Wie stark der Neubrandenburger aber im Moment ist, bewies er nicht nur Mitte Juni in Schönebeck mit einem 21,01-Meter-Stoß, sondern auch am letzten Wochenende beim Meeting im thüringischen Gotha mit der Siegweite von 20,53 Metern. Da lag eine beschwerliche Anreise aus Spanien hinter ihm. Erst eine halbe Stunde vor Beginn des Wettkampfes traf er ziemlich kaputt in Gotha ein und zeigte dann eine große kämpferische Leistung.
Warten auf Ulm
Mit Ralf Bartels (SC Neubrandenburg), Andy Dittmar (LG Ohra-Hörselgas) und Peter Sack (LAZ Leipzig) haben bisher drei Athleten wie gefordert zweimal die EM-Norm übertroffen. Detlef Bock (VfL Wolfsburg) schaffte es auch zweimal, in Dessau als Sieger mit 20,26 und zwei Tage vorher mit 20,46 Metern in Engers. Doch sein Pech war, dass dieser Wettkampf in Engers kein offizieller Normwettkampf war. "Wir durften nur einen festlegen, nahmen eben Dessau. Aber Engers ist ein Meeting, das wir seit vielen Jahren veranstalten", erklärte Werner Goldmann.
Sei es wie es sei, man weiß um die Fähigkeiten von Detlef Bock, der sich zudem nach dem Trainingslager in Portugal mit einer Erkältung herumgeplagt hatte, Substanz verlor und die Nachwirkungen noch länger spürte. Solche "Randerscheinungen" fließen sicher auch in die Bewertung des Leistungsvermögens der Athleten ein, ebenso wie beispielsweise die Verletzung von Peter Sack, der sich im Vorfeld von Gotha beim Krafttraining eine Zerrung in der Seite zugezogen hatte und dadurch gehandicapt war.
Vier über 20,20 Meter?
Doch mit allen Eventualitäten will und kann sich der Disziplintrainer nicht befassen, geschweige denn schon jetzt alles vorhersehen. "Fakt ist, dass die Deutschen Meisterschaften in Ulm der entscheidende Wettkampf sein werden, natürlich aber auch die gesamte Wettkampfserie vorher mitzählt. Ich gehe davon aus, dass, wenn die Bedingungen in Ulm einigermaßen sind, das heißt, wenn es nicht gerade hagelt oder schneit, alle vier Athleten die Norm von 20,20 Meter übertreffen werden."
Voraussetzung dafür ist, dass alle bis dahin gesund bleiben. "Und dann wird die Platzierung von Ulm die entscheidende Bedeutung haben", stellte Werner Goldmann fest. "Aber wir haben keine Trials wie in den USA, wo nur die Platzierung bei den Meisterschaften entscheidet." So gesehen darf man sich auf einen spannenden Wettkampf am 16. Juli in Ulm freuen.
Und dass es unter Umständen sogar schwierig werden wird, das Trio für Göteborg zur Nominierung vorzuschlagen, macht bei ihm eher Laune. "Ich freue mich über dieses Problem. Mir wäre es sogar recht, wenn wir noch ein oder zwei mehr Athleten mit diesem Leistungsniveau haben würden. Das würde das Ganze nur beleben. Es macht es interessanter, für das Publikum, für die Öffentlichkeit, auch für uns im Kugelstoßlager, weil jeder hellwach die Wettkämpfe bestreiten muss, um gegenüber den anderen zu bestehen. Konkurrenz belebt das Geschäft."