Vitali Petrov und "Sprünge mit dem krummen Stab"
Tim Lobinger und Lars Börgeling waren noch nicht im Raum, als Vitali Petrov, einst Trainer von Sergej Bubka und jetzt Coach von Weltmeister Gilberto Gibilisco, im Rahmen des 1. Stabhochsprung-Kongresses am Wochenende an der Deutschen Sporthochschule in Köln seine Technikvorstellung erläuterte und dabei auch ihr Sprungbild analysierte.
Vitali Petrov - die graue Eminenz des Stabhochsprungs (Foto: Klaue)
"Aber die Tipps werden sie trotzdem erreichen", versprach der deutsche Stabhochsprung-Teamleiter Herbert Czingon. Bundestrainer Leszek Klima hatte alles per Videokamera aufgenommen. Vitali Petrov, der – wie er es formulierte –, nie "mit dem krummen Stab" gesprungen ist, sondern die unbiegsamen Stäbe benutzt hatte, entwickelte mit Sergej Bubka nicht nur die geltende Stabhochsprungtechnik, sondern formte den Ukrainer auch zu einem Überflieger, der mit 6,14 und 6,15 Metern immer noch den Freiluft- wie auch den Hallen-Weltrekord hält.
"Vitali Petrov ist die graue Eminenz des Stabhochsprungs", kündigte Dr. Wolfgang Ritzdorf, Organisator des Kongresses, den Russen an.
Nastja Rhyshich als Übersetzerin
"Sergej hatte nicht nur die physiologischen Voraussetzungen für einen guten Stabhochspringer, sondern es bestand mit ihm auch die Chance, die Technik zu entwickeln", gab Vitali Petrov einen Teil seines Erfolgsrezepts preis. "Es war eine harmonische Entstehung, die begonnen hat, als Sergej zehn Jahre alt war", ließ der Meistertrainer durch Dolmetscherin Nastja Rhyshich, selbst für Deutschland im Jahr 1999 Hallen-Weltmeisterin und jüngst Hallen-WM-Achte, mitteilen. Dabei sei die Bubka-Technik keine, die nur zu ihm gepasst hätte. "Sie könnte von jedem gesprungen werden."
Anschließend ging Vitali Petrov ins Detail, erläuterte den letzten Teil des Anlaufs, den Absprung und das Aufrollverhalten. Aufmerksam lauschten die über 200 Kongressteilnehmer, unter ihnen auch Anton Nazarov, russischer Cheftrainer für den Bereich Sprung, Rodion Gataulin, ehemaliger Sechs-Meter-Springer, und Alex Parnov, der in Australien mit dem Weltmeister von 2001, Dmitri Markov, trainiert.
Vormarsch der Marktplatzspringen nicht aufzuhalten
Petrovs Vortrag war indes nur ein Bestandteil der dreitägigen Veranstaltung. Psychologische Aspekte des Stabhochsprung wurden im weiteren Verlauf ebenso besprochen wie Regelfragen, Verletzungsbilder, biomechanische Themen und die Entwicklung moderner Stäbe.
Zum Abschluss wagten Sechs-Meter-Springer Tim Lobinger und Stabhochsprung-Manager Marc Osenberg einen Ausblick: "Wir werden die Schraube in Bezug auf die Showspringern nicht mehr zurückdrehen können. Die Marktplatzspringen werden ergänzend zum Wettkampfprogramm weiter wachsen. Wir sollten es als Chance verstehen, eine Disziplin der Leichtathletik öffentlichkeitswirksam darzustellen", meinten sie und appellierten an die Verbände, die Marktplatzspringen eines Tages offiziell anzuerkennen. Erste Schritte sind bereits unternommen worden. "Der Weg muss jetzt aber fortgesetzt werden", mahnte Marc Osenberg.