Vivian Zimmer - Mit Kämpferherz zurück
Vivian Zimmer (Hallesche LAF) ist wieder da. Nachdem sich die Speerwerferin im letzten Jahr zwei Operationen am rechten Ellebogen unterziehen musste, meldete sich die 18-Jährige am vergangenen Wochenende mit dem fünften Platz bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm endgültig zurück im Wettkampfgeschehen.
Vivian Zimmer holt wieder aus zu großen Würfen (Foto: Krebs)
Gerade noch rechtzeitig ist eines der größten Wurftalente Deutschlands somit wieder in Form gekommen, denn an diesem Wochenende (21. bis 23. Juli) stehen die Deutschen Jugend-Meisterschaften in Wattenscheid auf dem Programm, bevor dann die letzten Vorbereitungen für das Großereignis dieses Jahres beginnen können. Die U20-Weltmeisterschaft im chinesischen Peking ist das Highlight der Junioren. Vivian Zimmer wird dort als Titelverteidigerin an den Start gehen. Kein Wunder also, dass auch die ReiseBank Akademie auf diese Athletin aufmerksam wurde und die vielversprechende Sportlerin zu den acht Teilnehmern des zweijährigen Stipendiums gehört. Und die 18-Jährige berichtet begeistert von ihrem ersten Eindruck, den sie bei dem ersten Treffen der Akademie erwerben konnte. "Ich bin mir sicher, dass mich das Stipendium persönlich weiterbringen wird", sagt die 1,79 Meter große Werferin. Vor allem das Medientraining, welches einen der Schwerpunkte der Lehrgänge ausmacht, hat es ihr angetan.
Lieber selbst aktiv als zuzuschauen
Durch ihre Mutter, die früher Hürdensprinterin war, entdeckte Vivian Zimmer mit elf Jahren die Liebe zur Leichtathletik. Zuvor versucht sie sich im Fußball und Volleyball. "Fußball mag ich auch heute noch gerne", erzählt die gebürtige Magdeburgerin, obwohl sie zugeben muss, dass ihr der Hype um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im Rahmen der Fußball-WM zu viel war. "Ich spiele lieber selber, als mir die Spiele anzusehen", gesteht sie.
Doch allzu viel Zeit bleibt ihr nicht für andere Hobbys, denn mit acht bis zehn Trainingseinheiten pro Woche bei der DLV-Disziplintrainerin Maria Ritschel, die auch gleichzeitig als ihre Heimtrainerin fungiert, ist ihr Terminplan gut gefüllt.
"In diesem Jahr habe ich endlich genügend Zeit zum Training", erzählt die dunkelhaarige Athletin.
Alles auf die Karte Sport setzen
Bis zum letzten Jahr machte sie noch eine Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau. Doch mittlerweile setzt die ehrgeizige und ambitionierte Werferin alles auf die Karte Sport. Dies erklärt auch den Abbruch der Ausbildung und dem Wechsel zur Bundespolizei. "Die Bedingungen bei der Bundespolizei sind optimal für mich als Sportlerin", schwärmt Vivian Zimmer und erzählt von ihrer Ausbildungszeit, in der ihr die tägliche Doppelbelastung von Arbeit und Training zu schaffen machte.
Doch diese Doppelbelastung ist nichts im Vergleich zu der Verletzung, die Vivian Zimmer im letzten Jahr überwinden musste. Schmerzen im rechten Ellebogen zwangen sie im Frühsommer 2005 zum Abbruch der Saison. Eine Operation war unumgänglich, da in ihrem Ellenbogen schlichtweg zu wenig Platz für die Sehnen war. Am 20. Juni 2005 wurde sie das erste Mal in Hannover operiert. Damit sollte die Ursache der Schmerzen eigentlich behoben sein.
Zwei Ellenbogen-Operationen
Dem war jedoch nicht so. Denn der operierende Arzt leistete sich einen Fehler. Ein Nerv war eingeklemmt. Vivian Zimmers rechte Hand wurde taub. "Ich konnte nichts greifen, nicht schreiben, gar nichts", erinnert sie sich mit Schrecken zurück an diese Zeit. "Ich hatte wirklich Angst, dass ich nie wieder werfen kann". In einer zweiten Operation im Juli wurde der Nerv befreit, die Taubheit in der Hand verschwand. Die Angst jedoch blieb zunächst.
Mit allgemeinem Krafttraining hielt sich die Nachwuchsathletin, die zum Top-Team Peking 2008 gehört, fit. Erst im Mai dieses Jahres nahm sie wieder einen Speer in die Hand. Im Juni stieg die Dritte der U18-Weltmeisterschaft 2003 in die Saison ein. "Nach all den Querelen um den Ellenbogen bin ich jetzt umso glücklicher, dass der Ellenbogen hält und ich wieder werfen kann", beschreibt sie die Gefühle, wieder auf Weitenjagd gehen zu können.
Vorbild Steffi Nerius
Das Gefühl, auch die Tiefen im Leistungssport durchgestanden zu haben, verbindet sie auch mit ihrem großen Vorbild Steffi Nerius (TSV Bayer 04 Leverkusen). "Sie hat es geschafft trotz aller Erfolge immer auf den Boden zu bleiben und auch nach Verletzungen wieder den Anschluss zu finden. Das bewundere ich an ihr", versucht die junge Athletin, ihre Achtung vor der routinierten Olympia-Zweiten in Worte zu fassen.
Dort, wo Steffi Nerius heute steht, möchte Vivian Zimmer erst noch hin. "Ich will mich in der Weltspitze etablieren", sagt sie mit fester Stimme, aus der ihr Ehrgeiz herauszuhören ist. Und natürlich ruht auch in ihr der Traum eines jeden Leistungssportlers: Olympia.
Geburtstags- und Titelfeier am Samstag?
Doch bevor es soweit ist, geht es am Samstag erst mal um den Deutschen Jugend-Meistertitel. "Es kann sehr eng werden", weiß die Junioren-Weltmeisterin. Mit Sandra Schaffarzik (ESV Nürnberg Rbf.) ist eine Werferin am Start, die ebenfalls in dieser Saison schon über 57 Meter geworfen hat. Doch auch sie hatte in den letzten Wochen mit Verletzungen zu kämpfen. "Wenn Sandra fit ist, kann es ein spannender Wettkampf werden", prophezeit die Hallenserin. Und falls es mit dem Titelgewinn klappen sollte, so hat Vivian Zimmer am Samstagabend gleich doppelt Grund zu feiern, wird sie doch an diesem Tag 19 Jahre alt und könnte sich mit der Goldmedaille selbst das schönste Geschenk machen.
Das größte Geschenk wäre jedoch die Titelverteidigung bei der U20-Weltmeisterschaft in China. Vivian Zimmer blickt diesem Wettkampf mit Gelassenheit entgegen. "Den Vorleistungen nach ist das derzeitige Feld eng beisammen", analysiert sie und fügt hinzu: "Mal schauen, was da geht. Ausgeschlossen ist nichts." Eine Aussage, die ihr Kämpferherz unterstreicht, welches sie auch im vergangenen Jahr nicht im Stich gelassen hat und zurück an die Spitze geführt hat.