Volker Beck: „Weiterentwicklung nur im Team“
Eine Leitende Bundestrainer-Stelle war noch vakant. Diese hat jetzt Volker Beck: Der 57-Jährige ist seit dem 15. Oktober im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) Leitender Bundestrainer Sprint/Langsprint. Was für ihn den Reiz der neuen Stelle ausmacht, wie die Zusammenarbeit mit DLV-Sprintberater Tony Lester aussehen wird und wie es für ihn in seinem Job als Bundestrainer 400 Meter Hürden Männer weitergeht, verrät Volker Beck im Interview.

Volker Beck:
Es gab natürlich eine Stellenausschreibung, in der die Aufgaben genau benannt waren. Zu Wolfgang Heinig [Anm.: Leitender Bundestrainer Lauf] habe ich in Frankfurt einen sehr engen Kontakt. Insofern weiß ich schon, was da an Aufgaben auf mich zukommt. Ich bin ja auch schon lange im DLV tätig und habe viele verschiedene Strukturen miterleben dürfen.
„Lange im DLV tätig“ ist fast untertrieben. Sie zählen schon seit 1997 zum Bundestrainer-Team…
Volker Beck:
Korrekt, seit 1997 bin ich für die 400 Meter Hürden der Männer verantwortlich. Zwischenzeitlich habe ich zusätzlich von 2004 bis 2008 auch die 400 Meter der Männer inklusive der Staffel betreut. Auch für die 400 Meter der Frauen war ich schon einmal mit verantwortlich. Daraus ergibt sich eine enge Bindung zu vielen Sprint-Disziplingruppen. Seit 2009 führe ich wieder in einer vertikalen Struktur bis hinunter zum Nachwuchs den Langhürden-Bereich der Männer.
Haben sich schon die ersten besorgten Athleten Ihres Hürdenkaders bei Ihnen erkundigt, ob Sie in Zukunft noch Zeit für sie haben werden?
Volker Beck:
Die ersten Reaktionen kamen von den Heimtrainern, die mich beglückwünscht haben zu der Stelle und mir viel Erfolg gewünscht haben. Natürlich haben sie auch die Sorge geäußert, dass ich mich nun nicht mehr so intensiv um die Langhürden kümmern kann. Aber ich denke, dass ich diesen Spagat schaffe. Sonst hätte ich die neue Funktion nicht angenommen, denn die 400 Meter Hürden liegen mir nach wie vor sehr am Herzen. Mittelfristig werde ich versuchen, im Nachwuchsbereich eine Entlastung zu suchen.
Was macht aus Ihrer Sicht den Reiz der neuen Stelle als Leitender Bundestrainer Sprint/Langsprint aus?
Volker Beck:
Der Sprint ist in der Öffentlichkeit eine vielbeachtete Disziplingruppe. Ich will hier in enger Zusammenarbeit mit den Trainerkollegen und den Spezialisten des Kompetenzteams neue Impulse setzen. Seit 2008 haben wir die Kommunikation und die Zusammenarbeit im Kurz- und Langsprint deutlich verbessert. Meine Aufgabe wird es sein, das Team noch enger zu binden und die Interaktion zu intensivieren. Wir wollen auch im Langsprint international konkurrenzfähig sein.
60 Meter flach bis 400 Meter Hürden – Sie haben jetzt ein großes Spektrum an Disziplinen unter Ihren Fittichen. Wo sind aus Ihrer Sicht die größten Baustellen?
Volker Beck:
Wir haben Trainer mit hoher Fach - und Handlungskompetenz. Im Kurzsprint ist die Situation sowohl im weiblichen als auch im männlichen Bereich so gut wie lange nicht mehr. Hier haben wir international Anschluss gefunden. Defizite haben wir momentan im Langsprint, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. Über 400 Meter sowie über 400 Meter Hürden der Frauen haben wir keine Athleten im TopTeam oder im JuniorElite-Team. Unsere Langsprinter sind zurzeit eher ausdauerorientiert. Um langfristig in der Weltspitze konkurrenzfähig zu werden, brauchen wir Athletinnen und Athleten mit hoher Unterdistanz-Fähigkeit. Es muss ein neues Denken eintreten, es muss mehr Bereitschaft geben, in der Gesamtheit der Disziplingruppe zu denken, nicht nur orientiert an der eigenen Disziplin. Wechsel aus dem Kurzsprint- und Kurzhürden-Bereich in den Langsprint oder die Langhürden sollen künftig für entsprechend talentierte Athleten keine Ausnahme darstellen.
Welche Aufgaben werden Sie als erstes in Angriff nehmen?
Volker Beck:
Die erste Aufgabe wird sein, den Austausch mit den Trainerkollegen zu vertiefen. Über Weiterbildungsmaßnahmen und Workshops sollen neue trainingsmethodische Erkenntnisse weitergetragen werden. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Weiterentwicklung der Kompetenzteams der einzelnen Disziplinen sein. Zum Beispiel möchte ich professionelle Athletik-Coaches integrieren, denn ich denke, dass wir in der gesamtmuskulären und athletischen Entwicklung noch Defizite haben. Außerdem plane ich, für den 400-Meter-Bereich einen Entwicklungs-Pool zu schaffen. Über eine gezielte Förderung sollen Athletinnen und Athleten des Kurzsprint-Bereiches auf den Übergang zu den 400 Metern vorbereitet werden.
Der DLV hat Anfang des Jahres den britischen Sprintexperten Tony Lester als Berater mit ins Boot geholt. Wie wird Ihre Zusammenarbeit künftig aussehen?
Volker Beck:
Tony Lester hat einen großen Erfahrungsschatz, er ist sehr kooperativ, sehr umgänglich und ein wichtiger Partner für uns. Wir werden gemeinsam Workshops organisieren, mit den Bundestrainern, mit den Stützpunkt-Trainern, mit den Heimtrainern. Auch an Trainingslager-Maßnahmen wird er teilnehmen, dort kann er in der praktischen Arbeit mit den Athleten Impulse setzen. Er hat bereits einen guten Zugang zu den Athleten und Trainern gefunden, das ist ein entscheidender Faktor.
Wenn Sie einen Blick auf die kommenden Wochen und Monate in Ihrer neuen Position als Leitender Bundestrainer werfen – worauf freuen Sie sich da am meisten?
Volker Beck:
Ich freue mich auf die disziplinübergreifende Zusammenarbeit mit den Kollegen und den DLV- Kaderathleten aus allen Sprintdisziplinen. Natürlich hoffe ich, dass es mir gelingt, das Vertrauen und die Wertschätzung der Kollegen zu erhalten. Nur als Team können wir den deutschen Sprint weiterentwickeln.
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