Von der kleinen Kajsa zur Volksheldin
Kajsa Bergqvist wohnt in Monaco. Ihrer schwedischen Heimat hat sie den Rücken gekehrt. Dort ist sie so populär, dass sie sich kaum aus dem Haus trauen darf, wenn sie mal ein paar Tage im hohen Norden verbringt. Die Europameisterin steht für die sprungstarke Leichtathletik-Szene im Land der "Tre Kronors" und eine ganz besondere Erfolgsstory.
Kajsa Berqqvist ist einer der beständigsten Springerinnen. (Foto: Chai)
Angefangen hat alles 1982. Schon als 6-Jährige war Kajsa sehr am Sport interessiert und begann Fußball zu spielen. Als ihr das nicht gefallen hat, probierte sie es mal mit Badminton und Volleyball, dann mit Schwimmen und Skifahren, aber nichts hat ihr so richtig gefallen, bis sie in paar Jahre später ihr Bruder Anders zum Laufen brachte. Durchbruch bei der Jugend-Olympiade
Damals, 1988, fand die Blondine gefallen am Laufen, Springen und Werfen. Da Kajsa Bergqvist aus einer leichtathletik-begeisterten Familie kommt, hat es fast ein bisschen lange gedauert, bis sie ihr Talent dafür entdeckt hat. Hängen geblieben ist sie dann beim Hochsprung. Mit 1,27 Metern fing es eines Tages an und es ging immer höher und höher.
Als sie 15 Jahre alt war, machte ihr das Knie zu schaffen und Kajsa konnte nicht mehr so trainieren wie sie wollte. Trotzdem hatte sie Blut geleckt und war von ihrem Weg nicht mehr abzubringen. 1993 kam dann bei der Jugend-Olympiade der große Durchbruch. Sie sprang mit 1,84 Metern zu Gold. "Damals habe ich gemerkt, dass ich es international zu was bringen kann, dass ich eine gute Hochspringerin werden kann und das nicht nur im Sandkasten", erinnert sich Kajsa Bergqvist.
Anschauungsunterricht bei den Großen
Die Reise ging also weiter und brachte sie 1995 zur Hallen-WM nach Barcelona. "Das war meine erste Weltmeisterschaft, etwas ganz Besonderes." Plötzlich saß sie da und bestaunte Springerinnen wie Stefka Kostadinova, Alina Astafei oder Heike Henkel ganz aus der Nähe. Anschauungsunterricht für ein vielversprechendes Talent aus dem hohen Norden.
Und es sollte noch besser werden. Im selben Jahr trotzte sie einers Knöchelverletzung und holte bei der Junioren-EM in Budapest Silber. "Schon damals hat es mir nicht gefallen, Zweite zu werden. Aber es hat mit der Mannschaft, zu der auch Leute wie Stefan Holm, Staffan Strand und Patrik Kristiansson gehörten, viel Spaß gemacht." Bei der kurz darauf in Göteborg stattfindenden Weltmeisterschaft wurde sie bereits als großes Talent gehandelt, doch dort verpasste sie den Einzug in das Finale. Kein Beinbruch! Trotzdem ärgerte sie sich. "Ich war damals schon enttäuscht", blickt Kajsa Bergqvist zurück.
Privilegien am US-College
Doch sie hatte sich in den Blickpunkt gesprungen. Die Universitäten aus den USA waren hinter der jungen Höhenjägerin her und sie entschied sich allen Bedenken zum Trotz dafür, nach Dallas zu gehen. Sie genoss sogar das Privileg, von den College-Meisterschaften für Wettkämpfe in der Heimat freigestellt zu sein.
Dann kam die erste Olympia-Teilnahme. 1996 in Atlanta, es war für die damals 20-jährige Zeit für ein richtig großes Event. Dort lief es aber nicht nach Plan, das Aus kam in der Qualifikation. Zu allem Überfluss wurde Kajsa Bergqvist im Olympischen Dort auf noch vom Besuch des Schwedischen Königshauses überrascht. Sie hatte keine Zeit, das Zimmer noch aufzuräumen. "Das Gleiche wie zu Hause", scherzte die schwedische Königin beim Anblick des Durcheinanders.
2000 erstmals über zwei Meter
In den nächsten Jahren sprang Kajsa Bergqvist lange einer internationalen Medaille hinterher. Nachdem sie bei der WM in Sevilla als Vierte 1999 das Podest knapp verpasste, gelang ihr 2000 der Sprung zu Gold, bei der Hallen-EM in Gent. Es war auch der Winter, in dem sie die Zwei-Meter-Schallmauer zum ersten Mal durchbrach und damit in den Club der ganz großen Springerinnen vorstieß. Damit war ein neues erfolgreiches Kapitel im Leben der Kajsa Bergqvist aufgeschlagen.
Danach klimperten die Medaillen nur so an ihrem Hals. Bronze bei den Olympischen Spielen in Sydney, Gold bei der Hallen-WM in Lissabon, Bronze bei der WM 2001 in Edmonton, Silber bei den Goodwill Games, Silber bei der Hallen-EM in Wien und wiederum Gold bei der Europameisterschaft im letzten Jahr im Münchner Olympiastadion sowie zuletzt ein weiterer Triumph bei der Hallen-WM in Birmingham.
Zum Saisonhöhepunkt immer topfit
Keine andere Hochspringerin war in ihrer Leistung in den letzten Jahren so stabil und zugleich bei den Saisonhöhepunkten erfolgreich. Über Kajsa Bergqvist führt momentan oft der Weg zum Sieg, über sie oder die südafrikanische Weltmeisterin Hestrie Cloete. Das hat sie im vergangenen Sommer auch eindrucksvoll auf deutschem Boden bewiesen. Im Hochsprung-Mekka Eberstadt schwang sie sich über 2,06 Meter. Es war die beste Leistung im Frauen-Hochsprung seit über elf Jahren, wenn man die von Heike Henkel 1992 in der Halle erzielten 2,07 Meter zugrunde legt.
Damit bewies Kajsa Berqvist eine bärenstarke Form, nachdem sie in der bisherigen Saison über 2,01 Meter noch nicht hinaus gekommen war. "Ich traue ihr den Weltrekord zu", kommentierte die deutsche Hochspringerin Daniela Rath den Auftritt der Schwedin. Dann aber kam sie etwas vom Kurs ab, die Ferse machte ihr zu schaffen und bei der WM in Paris reichte es nur zu Bronze.
Trotzdem stimmt die Überfliegerin der These von Daniela Rath selbstbewusst zu. "Ich weiß, ich kann die 2,10 Meter springen, ich weiß nur noch nicht wann", sagt die skandinavische Volksheldin, "ich habe ein gutes Gefühl, ich komme der Höhe immer näher. Hoffentlich klappt es eines Tages, wenn alles perfekt ist."