Von Null auf Fünf für Vier mal Vier
Am vergangenen Sonntagnachmittag ging der Daumen von Bundestrainer Peter Dost plötzlich nach oben. Er spitzte zum Ende der Deutschen Hallen-Meisterschaften in Dortmund durch die Tür zum Presseraum, wo DLV-Vize Rüdiger Nickel gerade die Titelkämpfe vor den Journalisten Revue passieren ließ. Das Zeichen war das Signal pro einer 4x400-Meter-Staffel der Männer bei der Hallen-WM in Budapest, so deutete es der Mann auf dem Podium.
Rüdiger Nickel schickt eine 400-Meter-Staffel nach Budapest (Foto: Kiefner)
Es war eine Nominierung, an die vor dem Meisterschaftswochenende kaum einer dachte, die am Nullpunkt startete und deshalb Betriebsamkeit hinter den Kulissen auslöste.Als in der Helmut-Körnig-Halle noch die letzten Entscheidungen fielen, musste Peter Dost bereits mit Überzeugungskraft seinen Job machen. Nach den tollen Zeiten von Simon Kirch und Bastian Swillims hatte sich praktisch die eine Hälfte einer Staffel schon ganz selbständig formiert, aber zwei Viertelmeiler waren eben in diesem Fall mindestens zwei zu wenig.
Also breitete sich in den Gängen und Katakomben der Geist von Budapest aus. Schnell tuschelte sich die Nachricht durch die Gemäuer, dass der frischgebackene Hallenmeister Simon Kirch bereit wäre, zugunsten eines Quartetts auf einen Einzelstart in Ungarn zu verzichten. "Knapp fünf Rennen in drei Tagen sind auch ganz schön viel. Außerdem legt der DLV großen Wert auf eine 4x400-Meter-Staffel, besonders hinsichtlich des Sommers", wusste der Saarbrückener zu berichten.
Ein Nein von Henning Hackelbusch
Aber zu diesem Zeitpunkt gab es noch gar keine Staffel. Denn den Nominierungswunsch von Rüdiger Nickel, der die fünf Saisonschnellsten schicken wollte, machte der Wattenscheider Henning Hackelbusch zunichte.
"Der Trainingsaufbau war nicht unbedingt auf die Halle ausgelegt", meinte der eigentliche Hürdenläufer, "die Hallen-WM ist mir jetzt viel zu spät, ich gehe direkt in die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele." Basta.
Für die nächsten Kandidaten, seine Schützlinge Sebastian Gatzka und Henning Kuschewitz, sprach Trainer Volker Beck. Doch er erbat sich unmittelbar nach dem 400-Meter-Finale noch grübelnd Bedenkzeit: "Wir werden das in der nächsten Stunde besprechen und entscheiden."
Ein Ja von Ruwen Faller
Spätestens da tickte die Uhr, denn unmittelbar nach den Titelkämpfen stand schon die Nominierungssitzung des DLV an. Immerhin von einem weiteren 400-Meter-Läufer, der in der deutschen Saisonbestenliste ebenfalls vorne mit dabei ist, kam spontan ein positives Signal.
"Ich wäre gerne mit dabei", meinte Ruwen Faller, der in Dortmund die 800 Meter gelaufen war. Drei von vier, die Staffel hatte sich zu 75 Prozent gefunden. Immerhin, ein Schritt vorwärts. Die Staffelnominierung bog auf die Zielgerade ein.
Kein Comeback von Thomas Schönlebe
Als ein anderer Altbekannter von den laufenden Diskussionen erfuhr, erklärte dieser scherzhaft seine Bereitschaft. "Ich laufe mit", grinste der Europarekordhalter außer Dienst, Thomas Schönlebe.
Doch aus dem Comeback des inzwischen 38-jährigen wurde nichts. Mit dem "Ja" aus dem Frankfurter Lager stand gegen 15 Uhr schon so gut wie fest: Simon Kirch, Bastian Swillims, Sebastian Gatzka, Henning Kuschewitz und Ruwen Faller fahren nach Budapest. Das stimmte dann Rüdiger Nickel versöhnlich optimistisch. Er sagte: "Mit der Staffel haben wir eine Chance auf eine relativ gute Platzierung." Die Viertelmeiler-Mission, die bei Null ihren Anfang nahm, war innerhalb kurzer Zeit geritzt.
Letzte Staffel vor vier Jahren
Und auch bei den anfangs zögerlichen Athleten machte sich eine positive Stimmung breit. Sebastian Gatzka meinte noch etwas überrascht von der plötzlichen Nominierung der 4x400-Meter-Staffel: "Damit wurde für mich der geplante Saisonhöhepunkt in Dortmund zur Durchgangsstation für höhere Aufgaben."
Zum letzten Mal gab es eine DLV-Staffel der Männer in der Halle übrigens vor vier Jahren bei der Hallen-EM in Gent. Damals liefen der noch unbekannte und jetzt in der Hallensaison pausierende Ingo Schultz und der mit 19 Jahren blutjunge Ruwen Faller zusammen mit Marco Krause und Lars Figura auf Platz zwei.
Auch wenn in Budapest die Trauben höher hängen, ist das ja schon mal kein schlechtes Omen für die Fünf, die sich jetzt für die auf die internationale Bühne zurückkehrende Vier mal Vier' gefunden haben.