Von Stuttgart nach Berlin
Während die Leichtathleten beim Weltfinale in Stuttgart ein letztes Mal das WM-Stadion von 1993 unter Beschlag nahmen, kündigten die Großleinwände bereits die WM 2009 in Berlin an. Für Athleten, Funktionäre und Zuschauer war es ein Abschied von einer der letzten großen Leichtathletik-Arenen in Deutschland. Doch auch Vorfreude auf die Heim-WM im Olympiastadion in Berlin schwang bei aller Trauer mit.
„Der Himmel weint mit uns“, sagte Dr. Clemens Prokop in Anspielung auf das nasskalte Wetter beim Weltfinale. Es sei „ein Jammer“, dass das Stadion in eine reine Fußballarena umgebaut wird, da das auch einen „strukturellen Nachteil für den Sport in Baden-Württemberg“ bedeutet, so der DLV-Präsident.Alle Bemühungen, die Rundbahn zu erhalten, scheiterten. Auch das Angebot auf eine mögliche Europameisterschaft 2012, konnte die Verantwortlichen in Stuttgart nicht mehr zum umdenken bewegen. Im Sommer des nächsten Jahres beginnen die Umbauarbeiten in der Mercedes-Benz-Arena.
Wehmut und auch ein wenig Zorn bei den Sportlern, wie beispielsweise Stabhochspringerin Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen), die sich mit einem Sieg verabschiedete: „Stuttgart ist eine tolle Anlage. Umso trauriger ist es, dass diese Bahn rausgerissen wird, was ich nicht verstehen kann, weil hier so viele große Ereignisse stattgefunden haben. Wir verlieren von Jahr zu Jahr immer mehr Leichtathletik-Stadien.“
Fußball regiert die Welt
Ähnlich die Reaktion von Kugelstoßerin Nadine Kleinert (SC Magdeburg), die sich gar einen Maulkorb verhängte, um nichts Falsches zu sagen. „Fußball regiert scheinbar die Welt“, so die Magdeburgerin lakonisch, die 1993 die Weltmeisterschaften im Jugendcamp erlebte. Doch während Nadine Kleinert noch nicht weiß, ob sie die WM in Berlin im nächsten Jahr aktiv erleben wird, ist es für die anderen deutschen Athleten ein festes Ziel in ihrer Planung.
„Gedanklich“ ist Weitspringer Nils Winter schon bei dem Großereignis, für das seit kurzem in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tors eine Countdown-Uhr die Zeit bis zur Eröffnung herunterzählt. „Eine WM im eigenen Land ist eine Chance“, meint 400-Meter-Läufer Kamghe Gaba (LG Eintracht Frankfurt), der einen extra Motivationskick spürt. „Ich glaube, wir werden eine sehr stimmungsvolle und atmosphärisch dichte WM erleben“, ist bei Dr. Clemens Prokop freudige Erwartung auf die WM zu spüren.
Vorbereitungen im Soll
Vor Ort in Stuttgart war auch Heinrich Clausen, Geschäftsführer des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft 2009 in Berlin (BOC), um mit den Partnern wie dem Internationalen Weltverband (IAAF) Gespräche zu führen. Für ihn war es auch eine Reise in die Vergangenheit, denn bei den kontinentalen Titelkämpfen 1986 sowie bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart 1993 war er in der Organisation tätig.
„Für die Leichtathletik-Familie ist es ein riesiger Verlust“, kommentiert er den Umbau des Stadions am Neckar, „ich finde es sehr schade, dass die Leichtathletik gekillt worden ist.“ Positives berichtete er über die Vorbereitungen für die WM im kommenden Jahr: „Wir sind im Soll.“
„Die Umsetzungsphase ist eine sehr anstrengende, aber ich weiß, was auf mich zukommt.“ Dass es noch 318 Tage sind bis zum Leichtathletik-Großereignis in der Bundeshauptstadt, auf dass Athleten und Fans hinfiebern, stört Heinrich Clausen nicht so sehr. „Ich freu mich, dass wir noch Zeit haben. Es wäre schade, wenn es morgen schon alles vorbei wäre.“