Warum ist die Leichtathletik eigentlich leicht?
Warum heißt die Leichtathletik so? Woher kommt der Begriff der „Leichten Athletik“, wo doch manche Disziplinen gar nicht so leicht und die Geräte durchaus auch mal schwer sein können? DLV-Ehrenpräsident Theo Rous klärt auf.

Die deutsche Sportsprache bediente sich zunächst unreflektiert des Begriffs “Athletik“, um auch ein modernes, wettkampforientiertes Sportverständnis in Abgrenzung zum breitensportlich orientierten Turnen zum Ausdruck zu bringen: Begriffe wie „Athletischer Sport“, „Athletische Meetings, “Athletik-Handbuch“, „Berliner Verband für athletischen Sport“ und viele andere bestimmten in zunehmendem Maße den Sprachgebrauch im Sportalltag.
Das fand seinen Niederschlag in der Namensgebung bei der Gründung unseres Verbandes 1898: Deutsche Sportbehörde für Athletik (DSBfA).
Ein Dilemma
Das Dilemma war: Der Begriff Athletik wurde auch von den Schwerathleten und Kraftsportlern in offiziellen Bezeichnungen benutzt. Das führte zu einer heillosen Begriffsverwirrung: „Aus dieser Zweigleisigkeit des „athletischen“ Sports ergab sich die zwingende Notwendigkeit begrifflicher Differenzierung“ (Hajo Bernett).
Die Basis reagierte rechtzeitig: Vereine widmeten sich der „Betreibung des Leicht-Athletiksports“. 1901 wurde eine Veranstaltung für „Berliner Leicht-Athleten“ vom Journalisten Curt Doerry vorbereitet. Ebenfalls 1901 wurde ein Werk über die „leichte Athletik“ angekündigt. Zeitschriften führten eine Rubrik “Leichte Athletik“ oder veröffentlichten „eine Rundschau in der leichten Athletik“.
Es folgte eine Fülle solcher Begriffe im Alltag der DSBfA, die lange Zeit nicht reagierte. Der österreichische Verband machte den Anfang und änderte seinen Namen in “Verband für leichte Athletik“. Die Italiener folgten: Bis heute heißt der italienische Verband Federazione Italiana di Atletica Leggera (Fidal). 1904 begann sich in Deutschland die Zusammenschreibung durchzusetzen: Leichtathletik.
Seit 1933 „Leichtathletikverband“
Der Name wurde von den offiziellen Vertretern nicht geliebt (Carl Diem: “Er ist nicht schön. Das Volk hat ihn geprägt“). Es war die fachliche Notwendigkeit, die auch die deutsche Sportbehörde für Athletik dazu zwang, ihren Namen zu ändern. Es gab eine neue Satzung auf dem Verbandstag 1921 mit dem Satz in § 1: „Name: Deutsche Sportbehörde für Leichtathletik“.
Seitdem findet sich der Name „Leichtathletik“ in allen offiziellen Verbandsbezeichnungen. Im Jahr 1933, als der Sport unter den Nazis seine Eigenständigkeit verloren hatte, erhielt die Deutsche Sportbehörde für Leichtathletik den Namen “Deutscher Leichtathletikverband“ verordnet, den sie auch nach dem Krieg bei der Neugründung beibehielt. Zur Unterscheidung wählte die DDR die Bezeichnung „Deutscher Verband für Leichtathletik“.
Auf internationaler Ebene hat sich der Zusatz “leicht“ nicht durchgesetzt, obwohl es im Sprachgebrauch mancher Länder eine Entsprechung für “Leichtathletik“ gibt (z.B. athletisme legere). International ist der ursprüngliche Begriff der „athletics“ in den offiziellen Bezeichnungen weitgehend erhalten geblieben.
(Lit.: Hajo Bernett, Leichtathletik im historischen Wandel)