Warum sind Jamaikas Sprinter schnell wie nie?
Die einen schwören, es liege an den Süßkartoffeln. Andere wollen wissenschaftliche Erkenntnisse haben, wonach es die Gene sein müssen. Selbst die Sportministerin eiert ein bisschen rum, wenn es darum geht, zu erklären, warum die derzeit schnellsten Menschen der Welt aus Jamaika kommen. „Es ist ein Teil der natürlichen Fähigkeiten der Jamaikaner, obwohl, ich weiß nicht so genau, vielleicht ist es das Wasser“, sagt Olivia Grange.
Usain Bolt ist in Peking (China) mit Weltrekord zum Olympiasieg über 100 Meter gerannt. Shelly-Ann Fraser gewann Gold bei den Frauen, ihre beiden Mannschaftskolleginnen Sherone Simpson und Kerron Stewart liefen in jeweils 10,979 Sekunden zu Silber. Alle kommen sie von der Insel in der Karibik, die schon immer gute Läufer hervorgebracht hat: Merlene Ottey, Don Quarrie. Auch Ben Johnson (Kanada) und die Olympiasieger Linford Christie (Großbritannien) und Donovan Bailey (Kanada) haben jamaikanische Wurzeln.Von seinen bislang 46 Olympia-Medaillen hat Jamaika 45 in der Leichtathletik gewonnen, und wenn nicht alles täuscht, werden in dieser Woche in den Finalläufen über 200 Meter und in den Staffeln weitere folgen. Wahrscheinlich goldene. „Wir haben eine lange Tradition“, betont Leichtathletik-Chef Howard Aris: „Wir haben die Talente, wir haben die ausgebildeten Trainer. Und von den ersten Schritten an lernen sie die richtigen Sachen.“
Geheimnisvolle Süßkartoffel
Der Vater von Usain Bolt ist der festen Überzeugung, dass "yam", eine Süßkartoffel, seinen Sohn so schnell gemacht hat. Und auf Jamaika gibt es nicht wenige, die seine Meinung teilen. Ebenso beliebt ist die Erklärung, dass Jamaikaner grundsätzlich von Geburt an schnell rennen können. Und das stimmt sogar, behauptet Professor Errol Morrison von der University of Technologies: Jamaikaner, sagt er, hätten eine genetische Veranlagung, flink zu sein.
Aus einer gemeinsamen Studie mit der Universität von Glasgow gehe hervor, sagt Professor Errol Morrison, dass Jamaikaner eine unverhältnismäßig große Menge eines Komponenten namens Actimen A in den Muskelfasern tragen. Dies betreffe übrigens nicht nur Jamaikaner, sondern allgemein Menschen von den sogenannten Westindischen Inseln in der Karibik. „Es scheint eine genetische oder natürlich Vorprägung zu geben“, erklärt Professor Errol Morrison auf die Frage nach dem „Warum?“
Von Kindesbeinen an schnell
Fakt ist: Von Kindesbeinen an rennen die Jamaikaner. Schon Vierjährige nehmen an den Meisterschaften im Nationalstadion von Kingston teil, bisweilen laufen sie barfuss. Sie werden beobachtet, gefördert. Die Leichtathletik, in Verbindung mit einer Schulbildung, ist meist auch die einzige Chance, der Armut zu entkommen. „In der Schule sehen viele die Leichathletik als Chance, an ein Stipendium zu kommen“, sagt der bekannte Highschool-Trainer Michael Oliveira.
Maxine Fraser war unglaublich stolz, als sie am Sonntag sah, wie ihre Tochter Shelly-Ann zu Gold rannte. „Aus dem Ghetto kommt doch etwas Gutes, es kann dich nicht aufhalten, solange du Ehrgeiz hast“, sagte sie anschließend. Ihre Tochter studiert mittlerweile an der University of Technologies. „Wenn einer das Studium und die Leichtathletik unter einen Hut bekommt, ist die Belohnung groß. Ein gutes Jahr auf der Bahn, und du bist okay“, sagt Michael Oliveira.
Offene Fragen
„Yam“, Gene, Wasser, Ehrgeiz - all das, sagen Skeptiker, kann trotzdem nicht erklären, warum die Jamaikaner so schnell sind. Der Chef der Antidoping-Agentur für die Karibik, Adrian Lorde, hat jedenfalls erst kürzlich Klage darüber geführt, auf der Insel der Lebensfreude und des Reggae würden sie es mit dem Testen nicht so genau nehmen.
Quelle: Sport-Informations-Dienst
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