Was macht eigentlich...? Charlotte Teske
Sie war in den Achtziger Jahren eine der deutschen Langstreckenpioniere. 14 Mal wurde Charlotte Teske Deutsche Meisterin, gewann die großen Städte-Marathons in Boston, Miami (beide USA), Rio de Janeiro (Brasilien), Hamburg, Berlin, München und Frankfurt und stellte zahlreiche deutsche Rekorde auf. Heute arbeitet Charlotte Teske, die an diesem Montag ihren 60. Geburtstag feiert, als Heilpraktikerin in Darmstadt und schnürt noch täglich ihre Laufschuhe.
Ihre Karriere als Läuferin startete Charlotte Teske, geborene Bernhardt, als Mittelstrecklerin. 1976 bestritt die damals 26-Jährige in Griesheim in der Nähe von Darmstadt ihren ersten Marathon. "Das war eigentlich nur ein Trainingslauf. Ich hatte am Tag zuvor Sprinttraining gemacht. Für den Sonntag stand dann ein drei Stunden langer Lauf auf dem Trainingsplan. Also habe ich mich kurzerhand entschlossen beim Marathon in Griesheim mitzumachen", erzählt Charlotte Teske. Nach 2:59 Stunden erreichte sie erschöpft als Siegerin das Ziel und schwor sich danach nie wieder Marathon zu laufen. "Es war einfach nur hart", sagt Charlotte Teske.Der Schwur hielt jedoch nicht lange an. Nachdem sie 1977 im Crosslauf ihren ersten Deutschen Meistertitel gewonnen und im selben Jahr den Mittelstreckler Dieter Teske geheiratet hatte, unterbot sie 1980 als erst dritte deutsche Läuferin in 2:38:14 Stunden die 2:40-Stunden-Marke. Es sollte der Beginn einer erfolgreichen Straßenlaufkarriere sein. 1981 wurde sie Deutsche Marathonmeisterin und stellte in 2:33:13 Stunden einen deutschen Rekord auf. Im selben Jahr lief sie auch über 25 Kilometer in 1:25:44 Stunden nationalen Rekord und hielt lange die Weltbestzeit auf dieser Distanz.
Erste deutsche Marathon-Läuferin unter 2:30 Stunden
1982 gelang der 1,67 Meter großen Läuferin im Trikot des ASC Darmstadt dann ein Meilenstein in der deutschen Frauen-Marathongeschichte. Als Siegerin des Miami-Marathons (USA) blieb sie als erste deutsche Läuferin unter 2:30 Stunden. 2:29:02 Stunden lautete die exakte Zeit - ihr nächster deutscher Rekord. Keine drei Monate später folgte ein weiterer Höhepunkt in der Karriere von Charlotte Teske. Beim Boston-Marathon (USA) blieb sie in 2:29:33 Stunden auf hügeligem Terrain erneut unter 2:30 Stunden und noch mehr: Sie ließ die überragende Marathon-Läuferin Grete Waitz hinter sich. Die Norwegerin ist mit insgesamt neun Siegen beim New-York-Marathon (USA) noch heute Rekordhalterin im "Big Apple".
In Boston überzog Grete Waitz jedoch. Lange Zeit lag sie sogar auf Weltrekordkurs, ehe sie ihrem hohen Anfangstempo Tribut zollen und der taktisch clever laufenden Charlotte Teske den Vortritt lassen musste. "Das ist einer der Momente, an den ich mich sehr gerne zurück erinnere", sagt Charlotte Teske.
Abseits der Straße stellte Charlotte Teske auch auf der Bahn eine nationale Bestmarke nach der anderen auf. 15:19,54 Minuten über 5.000 Meter und 32:33,1 Minuten über 10.000 Meter. So lauteten die deutschen Bestmarken am Ende des Jahres 1982.
Internationale Medaille fehlt
In den Folgejahren gewann sie zweimal den Frankfurt-Marathon (1983 und 1984), je einmal den Berlin-Marathon (1986) und den München-Marathon (1990) und zweimal den Hamburg-Marathon (1987 und 1988). Bei ihrem ersten Sieg in Frankfurt stellte sie in 2:28:32 Stunden ihre Bestleistung auf. Damit rangiert sie in der ewigen deutschen Bestenliste auch heute noch auf Rang 13. "Ich denke, dass ich auch in der heutigen Zeit gut hätte mithalten können. Klar, eine 2:15 kann ich nicht laufen, aber wenn man sich die Siegerzeiten bei den großen Städte-Marathons und bei den Meisterschaften anschaut, so sind die nicht viel schneller als in den Achtziger Jahren", sagt Charlotte Teske, die jedoch hinzufügt: "Wir hatten es allerdings auch leichter, da die ganzen Afrikanerinnen, die heute fast alles abräumen damals noch nicht so stark vertreten waren."
Trotz der zahlreichen deutschen Rekorde und Siege bei Städte-Marathons reichte es für Charlotte Teske nie zu einer Medaille bei einer internationalen Meisterschaft. Bei allen drei internationalen Premieren des Frauen-Marathons stand sie an der Startlinie, zu Edelmetall reichte es jedoch aus verschiedenen Gründen nie. 1982 wurde sie bei der EM in Athen (Griechenland) Zwölfte (2:45:17 h). 1983 musste sie bei der WM im finnischen Helsinki aufgeben und 1984 kam sie bei den Olympischen Spielen in Los Angeles (USA) auf einen 16. Platz (2:35:36 h). Wehmut oder gar Ärger verspürt die 60-Jährige deshalb jedoch nicht. "Ich wäre in Los Angeles gerne unter die ersten Zehn gekommen, aber das sollte nicht sein. Ich hatte eine tolle Karriere und bereue keinen einzigen Meter, den ich gelaufen bin."
Keine ganz großen Umfänge
Im Vergleich zu vieler ihrer Konkurrentinnen absolvierte Charlotte Teske relativ moderate Umfänge. 160 bis 180 Kilometer lief sie im Durchschnitt in der Woche. Hin und wieder auch mal 200 bis 220 Kilometer, jedoch nie länger als zwei Wochen. "Ich konnte einfach keine so hohen Umfänge leisten. Wenn ich mal eine Woche mehr als 200 Kilometer gelaufen bin, dann musste ich sofort eine Regenerationswoche einbauen, sonst hätte ich mich verletzt", sagt Charlotte Teske.
Statt auf hohe Kilometerumfänge setzte sie lieber auf ein vielfältiges Training, wobei ihr auch ihre Mittelstreckenerfahrung zu Gute kam.
Heute eigene Naturheilpraxis in Darmstadt
Nach dem Ende ihrer Läuferkarriere arbeitete Charlotte Teske zunächst in einem Fitnessstudio und machte nebenbei eine Ausbildung zur Naturheilpraktikerin. Heute hat die 60-Jährige in Darmstadt ihre eigene Praxis und ist eine vielbeschäftigte Frau. Die Zeit zum Laufen nimmt sie sich jedoch immer noch täglich. "Ich laufe jeden Morgen um 6 Uhr zwischen 45 und 60 Minuten bevor ich in die Praxis gehe. Manchmal laufe ich alleine, manchmal mit einer Gruppe. Spaß habe ich aber immer dabei", sagt Charlotte Teske.
Auch sonst verfolgt die 60-Jährige noch interessiert das aktuelle Leichtathletik-Geschehen. "Wann immer ich Zeit habe, schaue ich mir Wettkämpfe im Fernsehen an", sagt Charlotte Teske, die bis vor kurzem auch noch Referentin beim Hessischen Leichtathletik-Verband war. Diese Funktion hat sie jedoch aufgegeben, "um Jüngeren Platz zu machen", wie sie bescheiden sagt. Auch ihren 60. Geburtstag feiert Charlotte Teske in aller Ruhe. "Mit ein paar guten Freunden, nichts Großes."
Bestzeiten
Strecke | Bestzeit | Jahr |
1.500 m | 4:14,38 min | 1981 |
3.000 m | 8:58,05 min | 1983 |
5.000 m | 15:19,54 min | 1982 |
10.000 m | 32:00,26 min | 1983 |
25 km | 1:25:44 h | 1981 |
Marathon | 2:28:32 h | 1983 |