Was macht eigentlich...? Karin Ertl
Vor exakt zwei Jahren, am 12. August 2007, absolvierte Karin Ertl ihren letzten Siebenkampf. Die 35-Jährige war 2000 als Hallen-Europameisterin die letzte deutsche Mehrkampf-Siegerin bei einem internationalen Großereignis. Einer ihrer Nachfolgerinnen traut sie bei der WM eine Platzierung auf dem Treppchen zu.
Hätten Sie es gewusst? Die letzte deutsche Siebenkämpferin, die bei einem internationalen Großereignis die Goldmedaille gewann, war - Karin Ertl! Im Jahr 2000 siegte die heute 35-Jährige, die früher für LAC Quelle Fürth/München und die LG Domspitzmilch Regensburg an den Start ging, bei den Hallen-Europameisterschaften im belgischen Gent. „Es stört mich nicht, dass es ´bloß` ein Hallentitel war“, sagt sie rückblickend, „für mich war es das Größte.“Aber auch andere Erlebnisse ihrer elf Jahre langen Karriere möchte die Allgäuerin nicht missen, so zum Beispiel die Bronzemedaille bei der Hallen-WM 2001 in Lissabon (Portugal). Auch im Freien gelang es Karin Ertl trotz einer Schwäche im Speerwurf wiederholt sich im Vorderfeld zu platzieren: 1998 wurde sie EM-Siebte, 1999 WM-Sechste und im Jahr 2000 gab es Platz sieben bei den Olympischen Spielen. Im selben Jahr gelang ihr in Götzis (Österreich) auch ihre Bestleistung von 6.396 Punkten.
Mutter von zwei Söhnen
Ihren letzten Siebenkampf absolvierte die Mutter von zwei Söhnen (6 Jahre und 1 Jahr alt) vor exakt zwei Jahren am 11. und 12. August 2007. Bei den Bayerischen Meisterschaften in Garmisch-Partenkirchen gewann sie standesgemäß mit 5.590 Punkten. „Eigentlich wollte ich noch an den Deutschen Meisterschaften in Vaterstetten wenige Wochen später teilnehmen, aber diese Pläne haben sich dann wegen Grippe und Fieber kurzfristig zerschlagen“, sagt sie.
Ihren absolut letzten Wettkampf auf großer Bühne machte Karin Ertl dann bei den Militär-Weltmeisterschaften im indischen Hyderabad im Oktober 2007, dort allerdings in Einzeldisziplinen. „Die Jahre davor war das immer eine recht gemütliche Veranstaltung gewesen, aber dann war dort plötzlich die ganze Garde von der WM in Osaka am Start“, erinnert sie sich. „Ich habe meine Teilnahme nicht mehr so ernst genommen, aber trotzdem haben wir mit der 4x100 Meter-Staffel die Bronzemedaille gewonnen.“ Im November 2007 zog sie endgültig den Schlussstrich unter ihre sportliche Laufbahn.
Keine Verpflichtungen mehr
Das Schönste daran, nicht mehr Leistungssportlerin zu sein, so Karin Ertl, sei die Unverbindlichkeit. „Man hat keine Verpflichtung mehr jeden Tag hundert Prozent Leistung zu bringen und kann das Leben lockerer nehmen. Wenn ich etwas heute nicht schaffe, dann halt morgen“, sagt sie. Etwas Leichtathletik treibt die Wahl-Münchenerin allerdings auch jetzt noch: Für den Kirchheimer SC startete sie im Mai mit der Staffel und im Kugelstoßen - „nur zum Spaß“, wie sie betont, „und ohne jede Vorbereitung. Ich habe erleben müssen, dass man beim Kugelstoßen auch schon nach dem dritten Versuch völlig fertig sein kann“, ergänzt sie lachend.
Seit 2009 besitzt Karin Ertl zudem den C-Trainerschein und betreut in Kirchheim, wo schon ihre vor zweieinhalb Jahren verstorbene Tante Ursel Rechenbacher lange Zeit wirkte, die Schüler/innen A. „Ich wollte dem Sport verbunden bleiben“, sagt sie, „so kann ich das zurückgeben, was meine Trainer damals für mich getan haben.“ Als ehemalige Mehrkämpferin legt die 35-Jährige Wert auf eine breite Ausbildung ihrer Schützlinge, betont zugleich aber, dass es nicht ihr Ziel sei, aus jedem einen Weltmeister zu machen: „Mir macht es einfach Spaß und Freude, wenn sich meine Athleten weiterentwickeln.“
WM-Medaille für Jennifer Oeser?
Eine rasante Entwicklung genommen haben auch die drei jungen deutschen Siebenkämpferinnen, die den DLV bei den Weltmeisterschaften in Berlin (15. bis 23. August) vertreten werden. Auch wenn Karin Ertl nicht selbst im Olympiastadion vor Ort ist, wird sie Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen), Lilli Schwarzkopf (LC Paderborn) und Julia Mächtig (SC Neubrandenburg) selbstverständlich vor dem Fernseher die Daumen drücken.
Über die WM-Chancen des Trios sagt sie: „Jenny ist in den letzten Jahren im Sprint förmlich aufgedreht, das merkt man auch beim Weitsprung. Ihr traue ich das Treppchen zu. Bei Lilli weiß ich nicht, ob sie locker genug ist, um mit dem Druck einer Heim-WM zurecht zu kommen. Und Julia Mächtig kann vielleicht eine Überraschung gelingen, wenn sie sich vom Publikum tragen lässt.“