Was macht eigentlich…? Dietmar Haaf
Vor rund zehn Jahren hat mit Dietmar Haaf einer der letzten international erfolgreichen deutschen Weitspringer seine sportliche Karriere beendet. Der gebürtige Bad Cannstatter erzielte seine größten Erfolge 1990, als er sowohl in der Halle als auch im Freien Europameister wurde. Heute lebt der Vater von drei Kindern in Eltingen, einem Stadtteil von Leonberg.
Dietmar Haaf hält immer noch den deutschen Weitsprung-Rekord (Foto: Schröder)
Der Diplom-Maschinenbauer arbeitet als Projektleiter einer Forschungsgruppe bei DaimlerChrysler in Böblingen. Leichtathletik betreibt er nicht mehr, dafür ist er gerne mit dem Mountainbike unterwegs, spielt Squash oder geht im Winter zum Skifahren. Seine zwei ältesten Kinder Ariane und Pascal haben vom Vater einiges an Talent mitbekommen und sind beide in der Leichtathletik-Abteilung des TSV Eltingen aktiv. Zusammen mit seiner Frau, die ursprünglich aus Bremen kommt, hat er in den letzten Jahren "viel Energie ins Häusle gesteckt." Die beiden haben ein siebzig Jahre altes Haus von Grund auf renoviert. "Über das Kinderturnen kam ich zur Leichtathletik", erzählt der jetzt 39-Jährige über seine ersten Berührungspunkte mit dem Sport. Eine seiner ersten dokumentierten Weiten ist von 1974 datiert, als er 3,14 Meter gesprungen ist. Schnell merkte Dietmar Haaf, dass er mit seinen 1,73 Metern Körpergröße am besten für den Weitsprung geeignet ist. Auch wenn er bis zu seinem 17. Lebensjahr noch bei Zehnkämpfen an den Start ging, bei denen aber "immer nur der erste Tag gut war". In dieser Zeit startete er für den TSF Ditzingen. 1984 konnte er dann den ersten größeren Erfolg verbuchen: Als 17-Jähriger gewinnt er seinen ersten nationalen Titel und wird Deutscher Jugendmeister (7,53 m).
Junioren-Weltmeister in Athen
Zwei Jahre später machte sich der damals 19-Jährige dann auch auf der internationalen Bühne einen Namen. Bei der erstmals ausgetragenen Junioren-WM in Athen (Griechenland) holte er sich Gold mit 7,93 Metern. Am Ende der Saison erfolgte dann der Wechsel von Ditzingen zum LAZ Salamander Kornwestheim-Ludwigsburg. In dieser Zeit begann er auch sein Studium des Maschinenbaus an der Universität Stuttgart. Im Rahmen des Studiums ging er 1989 für zwei Semester in die USA. "Dort fand ich optimale Vorraussetzungen, mein Studium mit dem Sport zu verbinden. Die guten Trainingsmöglichkeiten haben sicherlich ihren Teil für die guten Ergebnisse 1989 und 1990 beigetragen."
Und tatsächlich sollte sich der Amerika-Aufenthalt für Dietmar Haaf schnell auszahlen. Im Februar 1989 stellte er bei einem Hallen-Meeting in Sindelfingen einen deutschen Rekord auf (8,25 m), der noch bis heute Bestand hat. Einen Monat später sicherte er sich in Budapest (Ungarn) bei der Hallen-Weltmeisterschaft die Silbermedaille. Im Jahr der deutschen Einheit 1990 setzte der Schwabe seine Erfolgsserie fort. Gold bei den Hallen-Europameisterschaften in Glasgow (Großbritannien) ließ er im inzwischen kroatischen Split (damals noch Jugoslawien) bei den Europameisterschaften den nächsten Titel folgen.
Zitterspiel in der Qualifikation
"In Split war vor allem in der Qualifikation viel Spannung drin. Meine ersten zwei Versuche waren beide ungültig und im dritten und letzten wusste ich, dass nur ein Sprung über die acht Meter für das Finale reichen würde. Nachdem ich das geschafft hatte, war ich im Endkampf relativ entspannt", erinnert sich Dietmar Haaf an seinen größten Erfolg. Mit persönlicher Bestweite von 8,25 Metern konnte er die Konkurrenz schließlich für sich entscheiden.
1991 war der Cannstatter aktiver Teilnehmer im wohl spannendsten Weitsprung-Wettbewerb aller Zeiten. Carl Lewis und Mike Powell (beide USA) hießen die Protagonisten bei den Weltmeisterschaften in Tokio (Japan). Der neunmalige Olympiasieger Carl Lewis sprang im Finale unglaubliche vier Mal über 8,80 Meter. Sein Landsmann Mike Powell setzte jedoch bei seinem vierten Versuch 8,95 Meter in die Grube und überbot damit den Weltrekord (8,90 m) von Bob Beamon (USA), der davor 23 Jahre Bestand hatte. Dietmar Haaf wurde bei diesem Jahrhundert-Wettkampf respektabler Vierter mit 8,22 Metern. "Mike Powell ist echt ein netter Typ. Mit dem konnte man immer ein nettes Gespräch führen", erzählt er über den Sieger von Tokio.
Kein Glück mit Olympischen Spielen
Die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona (Spanien) verliefen für den Europameister von Split enttäuschend. Nach 7,85 Metern und Platz 14 in der Endabrechnung musste er nach der Qualifikation seine Sachen packen. "Olympische Spiele sind Wettkämpfe mit einem ganz anderen psychischen Druck. Man bekommt nur alle vier Jahre die Chance, und stärker als bei Europameisterschaften und Weltmeisterschaften steht man im Fokus der Öffentlichkeit. Dem war ich vielleicht nicht ganz gewachsen", räumt er rückblickend auf Barcelona ein.
Nach der Enttäuschung von Barcelona wollte Dietmar Haaf 1996 unbedingt noch einmal an Olympischen Spielen teilnehmen. Die vorgegebene Norm waren zwei Sprünge über die acht Meter. "Dies ist mir auch gelungen, aber bei einem war zu viel Rückenwind im Spiel gewesen und am Ende entschied das NOK, mich nicht zu nominieren." Die Karriere beendete er dann 1997. "Ich hatte mein Studium abgeschlossen und zu dem Zeitpunkt war mir das Berufliche wichtiger, als mich noch einmal vier weitere Jahre bis zu den nächsten Olympischen Spielen zu quälen."
"Wenn ich zurückschaue, muss ich sagen, dass ich in meiner sportlichen Karriere alles richtig gemacht habe. Als Weitspringer hatte ich das Glück, mich nicht zwischen Studium und Sport entscheiden zu müssen, wie es vielleicht bei Langstreckenläufern der Fall ist." Die Leichtathletik-Szene verfolgt Dietmar Haaf heute nicht mehr so intensiv. Aber wenn sich die Möglichkeit ergibt, wie zuletzt beim Weltfinale in Stuttgart, nutzt er diese natürlich.