Wechselkarussell - Dem Trainer hinterher
Die Zeiten, in denen um die besten deutschen Leichtathleten heftig gebuhlt und geschachert wurde, sind endgültig vorbei. In diesem Herbst waren es vor allem persönliche Gründe, die Aushängeschilder den Verein wechseln ließen. Gerade die Trainer oder die Liebe gaben bei den wenigen Assen, die sich in den vergangenen Wochen verändert haben, die Richtung für den Umzug der Schützlinge vor.
Verena Sailer ist ein Paradebeispiel. Erst, auch hier schon gemeinsam mit ihrem Coach Valerij Bauer, mit der LG Weserbergland in Verbindung gebracht, zog es die Deutsche 100-Meter-Meisterin am Ende gemeinsam mit ihrem Erfolgstrainer zur MTG Mannheim, wo die Sprinthochburg ausgebaut wird.Die 23-Jährige lieferte gegenüber der „Süddeutschen“ eine unmissverständliche Aussage, warum sie dem LAC Quelle Fürth/München und ihren bayerischen Wurzeln nun den Rücken kehrte: „Ich muss sehen, dass ich den Weg gehe, der für meine Entwicklung am besten ist. Und ohne meinen Trainer gehe ich nirgendwo hin.“
Enttäuschung in Ulm
Den Umzugskisten des eigenen Trainers folgt auch Weitspringerin Claudia Tonn. Die große Blonde wechselt vom LC Paderborn zur LAV Hamburg Nord. Ihr Coach Uwe Florczak, auch DLV-Disziplintrainer für den Männer-Weitsprung, verlegt den Dienstort von Paderborn nach Hamburg. „Die Tatsache, dass mein Trainer bereits im Januar nach Hamburg ziehen wird, hat den Anstoß für die Gespräche mit dem Hamburger Leichtathletikverband gegeben“, erklärt Claudia Tonn.
Große Enttäuschung hinterließ der Abgang von Arthur Abele beim SSV Ulm 1846 und dessen Leichtathletik-Coach Wolfgang Beck. Der Trainer hatte den Zehnkämpfer nach dem Auftritt bei den Olympischen Spielen in Peking (China) öffentlich kritisiert, jetzt zog der 22-Jährige Konsequenzen und schloss sich dem VfL Sindelfingen an, wo er nun mit Martin Seeger als Trainer zusammenarbeitet.
Der Liebe wegen
Die Trainer auf der einen, die Liebe auf der anderen Seite. Die Motive für Veränderungen sind denkbar einfach.
Weitspringer Sebastian Bayer zieht es von Leverkusen nach Bremen, um dort seiner Freundin, der Bremer Hürdensprinterin Carolin Nytra, ganz nahe sein zu können. Und Sprinterin Cathleen Tschirch (LG Weserbergland) ist es, die den TSV Bayer 04 Leverkusen verstärkt und das nicht zuletzt, um mit ihrem Freund, dem Stabhochspringer Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen), mehr Zeit als bisher verbringen zu können.
Insgesamt waren in diesem Herbst Veränderungen bei den deutschen Top-Athleten die Ausnahme. Mit Arthur Abele, Sebastian Bayer, Claudia Tonn, Verena Sailer und Cathleen Tschirch suchten sich nur fünf Mitglieder des aktuellen „Top Team Berlin 2009“ neue Betätigungsfelder.
Große Vereine halten sich zurück
So verlor das Wechselkarussell 2008 weiter an Tempo. Die größten Leichtathletik-Vereine wie der TSV Bayer 04 Leverkusen oder der TV Wattenscheid 01 hielten sich bei ihrer Personalpolitik vornehm zurück und traten nur mit leichten Korrekturen in ihren Elitekadern in Erscheinung. Im Vordergrund steht immer mehr, die eigenen Top-Athleten weiter an sich zu binden.
Außerdem hat sich der Trend, dass am ehesten junge Perspektivathleten nach Verbesserungen Ausschau halten und entsprechend den Verein wechseln, in diesem Jahr weiter verfestigt.
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