Weltrekord-Party in Ostrava mit deutschem Sieg
Es war ein Leichtathletik-Fest, das am Donnerstagabend 20.000 begeisterte Zuschauer beim Grand-Prix-Meeting in Ostrava (Tschechische Republik) geboten bekamen. Weltrekorde durch Hürdensprinter Dayron Robles (Kuba; 12,87 sec) und Stundenläuferin Dire Tune (Äthiopien; 18.517 m) krönten eine Sport-Party vor einem prall gefüllten Stadion, bei der auch die Offenburgerin Christina Obergföll eine Hauptrolle übernahm.
Ausgerechnet die Deutsche war es, die das i-Tüpfelchen aus heimischer Sicht verhinderte. Die Europarekordhalterin übertrumpfte im fünften Speerwurf-Durchgang mit einer Weite von 67,72 Metern, mit der sie ihre ansteigende Form unterstrich und einen Meetingrekord erzielte, die bis dahin führende Weltmeisterin Barbora Spotakova. Die Tschechin konnte auch mit dem letzten Wurf auf ihre 66,91 Meter aus dem ersten Versuch nichts mehr draufpacken und musste so etwas enttäuscht die Arena verlassen. „Das war vor allem für den Kopf wichtig, ich hatte auch eine gute Serie“, stellte eine strahlende Christina Obergföll fest, als sie die „Höhle der Löwin“ verließ.Mittendrin in dieser mit Spannung erwarteten Konkurrenz war die Europameisterin Steffi Nerius. 65,71 Meter, die sie gleich im ersten Durchgang erzielte und mit denen sie am Ende Dritte wurde, bestätigten die Leverkusenerin darin, in diesem Olympiasommer auf dem richtigen Weg zu sein. „Ich hatte mich gut eingeworfen und konnte endlich das zeigen, was ich im Training auch kann. Das war gut für das Selbstbewusstsein.“
Deutsche Stabis sauer auf sich selbst
Ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten dagegen die deutschen Stabhochspringer, die von der guten Stimmung im Rund angesteckt wurden. Vielleicht sogar zu sehr, denn am Ende verfehlten Tim Lobinger (LG Stadtwerke München; 5,61 m) und Fabian Schulze (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg; 5,51 m) auf den Rängen vier und fünf das Treppchen und mussten sich der geballten osteuropäischen Konkurrenz um den Hallen-Weltmeister Yevgeniy Lukyanenko (Russland; 5,77 m) beugen.
Deshalb überwog ein wenig der Frust. „Ich bin total enttäuscht, dass die tolle Stimmung nicht auf mich übergegriffen hat. Ich ärgere mich, dass ich die 5,72 Meter nicht geschafft habe, obwohl ich super drauf war“, meinte Fabian Schulze.
„Ich kann jetzt zumindest sagen, ich bin auf einem guten Weg“, sagte Tim Lobinger, „ich könnte mich aber in den Arsch beißen dafür, dass ich mit diesen guten Bedingungen bei diesem super Publikum nicht besser umgehen konnte.“
Jonna Tilgner mit Bestzeit
Über eine neue persönliche Bestzeit durfte sich zumindest die Bremerin Jonna Tilgner freuen. Sie fand sich bei diesem für sie noch ungewohnten internationalen Gastspiel, das sie ohne Trainer meistern musste, gut zurecht und wurde über 400 Meter Hürden, die Melaine Walker (Jamaika; 54,42 sec) gewann, in 55,92 Sekunden Fünfte. „Die Reise hat sich gelohnt. Ich kann wirklich zufrieden sein, auch wenn es im Lauf zu und über den Hürden noch nicht rund läuft“, sagte das Nordlicht bei sichtlich guter Laune.
Etwas getrübt schien diese bei Hürdensprinter Thomas Blaschek. Der Leipziger war Teil des für ihn angesichts des Weltrekords von Dayron Robles „denkwürdigen Rennens“, verfehlte allerdings die von ihm geforderte erste Olympianorm (13,45 sec). In der Saisonbestzeit von 13,49 Sekunden hakte er zumindest die niedrigere, ebenfalls gefragte Norm ab und zeigte eine ansteigende Form.
Stefan Wenk sucht das Wurfgefühl
Der Sindelfinger Stefan Wenk kam im Speerwurf der Männer über 74,84 Meter nicht hinaus und belegte damit hinter dem Tschechen Vitezslav Vesely (78,00 m) und dem Südafrikaner Robert Oosthuizen (74,84 m) Platz drei. „Ich will momentan über die Wettkämpfe meinen Rhythmus und mein Wurfgefühl finden, körperlich bin ich topfit“, erklärte der EM-Zwölfte. „Meine bisherigen Ergebnisse sind indiskutabel. Aber ich hoffe, dass ich bis zu den Deutschen Meisterschaften einen Großteil meiner Baustellen im Griff habe. Dort würde ich gerne meinen Vize-Titel verteidigen oder sogar verbessern.“
In die Ostrauer Weltrekord-Party, die bei guten äußeren Bedingungen über die Bühne ging, fügten sich eine Reihe weiterer Weltklasseleistungen ein.
Der 100 Meter-Weltrekordhalter Usain Bolt (Jamaika) setzte sich auf seiner Paradestrecke, den 200 Metern, in 19,83 Sekunden klar durch. „Ich bin zufrieden mit der Zeit. Es war mein erstes Rennen über diese Strecke in diesem Sommer, deshalb war es wichtig.“
Abubaker Kaki war es zu frisch
Auch Hallen-Weltmeister Abubaker Kaki (Sudan) erfüllte mit seinem 800 Meter-Sieg in 1:43,80 Minuten die Erwartungen. Dafür, dass es nicht so schnell war wie noch vor einer Woche in Oslo (Norwegen; 1:42,69 min), hatte er eine einfache Erklärung: „Ich mag warmes Wetter und hier war es viel kälter als in Oslo. Für mich waren es keine idealen Bedingungen.“
Eliud Kipchoge (Kenia) präsentierte sich auf den 5.000 Metern in 13:02,06 Minuten stark, wäre aber gerne unter 13 Minuten geblieben. Er verwies den Äthiopier Tariku Bekele (13:03,52 min) auf die Zwei.
Blanka Vlasic glaubt an Weltrekord
Im Frauenrennen über 10.000 Meter feierten die Äthiopierinnen dagegen einen Fünffacherfolg, angeführt von den Schwestern Tirunesh Dibaba (31:03,37 min) und Ejegayehu Dibaba (31:04,05 min). Eine schnellere Zeit, die angestrebt war, fiel vor allem einem unstetigen Tempo des Rennverlaufs zum Opfer.
In glänzender Verfassung stellte sich Blanka Vlasic vor. Die Hochsprung-Weltmeisterin übersprang alle Höhen einschließlich der 2,05 Meter im ersten Versuch und kratzte letztlich am möglichen dritten Weltrekord der Veranstaltung, als sie 2,10 Meter auflegen ließ. Auch wenn es damit nicht klappte, untermauerte die Kroatin ihre Favoritenstellung für die Olympischen Spiele. „Ich habe mich gut gefühlt und ich denke, der Weltrekord ist auf dem Weg. Ich weiß aber nicht, wann er fallen wird.“
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