Wenn der Russe mit dem Diskus dreimal dreht
Die Szene horchte auf und schaute hin! Der junge Russe Nikolay Sedyuk verblüffte Mitte März beim Winterwurf-Europacup im kroatischen Split die Fachwelt mit einer bis dahin bei internationalen Wettkämpfen noch nicht gesehenen Technik. Mit drei statt der üblichen eineinhalb Drehungen beförderte der 19 Jahre alte Diskuswerfer sein Arbeitsgerät in seinem besten Versuch auf 63,20 Meter.
Das war gleichbedeutend mit einer Verbesserung seiner persönlichen Bestleistung um beachtliche 5,15 Meter. Die Konkurrenz verdrehte sich angesichts dessen etwas verdutzt die Hälse nach dem U20-Europameister.
„Interessant“ und auf jeden Fall „kreativ“ findet der amtierende Diskus-Weltrekordler und DLV-Disziplintrainer Jürgen Schult die neuartige Technik des Osteuropäers.
Kein Vorteil
Dass sie besser als die bewährte Ablaufform ist, daran glaubt er nicht: „Ich sehe keinen Vorteil aus jetziger Sicht.“ Noch fehlen ihm aber notwendige biomechanische Daten, um eine genauere Analyse der Dreifachdrehung vorzunehmen.
Jürgen Schult dent aber schon jetzt, einen Nachteil erkannt zu haben: Nach der ersten 360 Grad-Drehung wechselt Nikolay Sedyuk das Standbein, ein "Knackpunkt" im Bewegungsablauf, der mit einem Schwungverlust verbunden sein könnte.
Kombination aus Hammer- und Diskuswurf
Im Gesamten erinnert Jürgen Schult die Technik an eine „Kombination aus Hammer- und Diskuswurf.“ „Ob sie reicht, um 70 Meter zu erreichen, muss man abwarten“, fügt er hinzu.
Doch selbst Weltmeister Gerd Kanter (Estland) hat schon mit den drei Drehungen experimentiert und seinerseits interessanterweise nicht ausgeschlossen, bei den Olympischen Spielen in Peking (China) damit auf Goldjagd zu gehen. Daran glaubt Jürgen Schult allerdings nicht, auch wenn er „gespannt ist, was wird.“
Der weitere Saisonverlauf von Nikolay Sedyuk, der mit dieser Technik laut eigenem Bekunden schon seit zwei Jahren trainiert, könnte aber einen ersten Aufschluss liefern, ob die drei Drehungen nicht nur zahlenmäßig vielleicht mehr bringen als eineinhalb.
Video:
Nikolay Sedyuk wirft 63,20 Meter (wmv)
(team75plus.struktuur.ee)