Wie bekommt der olympische Sport seine Heroes? (1)
Das diesjährige Sponsorentreffen des Deutschen-Leichtathletik-Verbandes (DLV) in Mainz-Finthen stand unter dem Motto "Wie bekommt der olympische Sport seine Heroes? – Leistungssportkonzepte im Vergleich." Dabei ging es darum, neben der Leichtathletik auch einmal die Erfolgsrezepte anderer Sportarten wie Biathlon und Basketball zu präsentieren.
Prof. Dr. Helmut Digel referierte beim DLV-Sponsorentreffen (Foto: Baum)
DLM-Geschäftsführer Frank Kowalski dankte den 25 Vertretern der 15 DLV-Sponsoren nochmals für die enorme Unterstützung. "Ohne Sponsoren", sagte er, "ist eine kontinuierliche Entwicklung in der Leichtathletik nicht denkbar". Gleichzeitig verwies er noch einmal auf den neuen Generalausrüster Nike, der adidas nach 32 Jahren Partnerschaft seit Januar 2005 abgelöst hat und begrüßte die neuen Hauptsponsoren DAK und Mobilat in der DLV-Sponsorenfamilie. Als Referenten waren im Atrium-Hotel Professor Dr. Helmut Digel, IAAF-Vizepräsident und DLV-Ehrenpräsident, Frank Hensel, DLV-Generalsekretär/Leistungssportdirektor, Uwe Müßiggang, Biathlon-Bundestrainer Frauen, und Dr. Jürgen Wick, Fachgruppenleiter Ausdauer am IAT Leipzig, sowie Holger Geschwindner, Mentor von Basketball-As Dirk Nowitzki, zu Gast.
In einer zweiteiligen Serie (heute Teil 1: Vorträge Prof. Dr. Helmut Digel sowie Basketball-Mentor Holger Geschwindner) werden die einzelnen Referate, über die die Teilnehmer lebhaft diskutierten, in Ausschnitten auf leichtathletik.de näher gebracht
Professor Dr. Helmut Digel stellte eine Studie vor, in der an der Universität Tübingen nationale Spitzensportstrukturen in acht Ländern untersucht worden sind. Einmal mehr wurde dabei deutlich, dass die wichtigsten Verknüpfungen die Beziehungen vom Sport zur Wirtschaft sind und somit die wirtschaftliche Situation von enormer Bedeutung für die Entwicklung des Hochleistungssport-Systems ist.
"Der entscheidende Mediator für die Sportarten sind die Massenmedien", sagte Professor Dr. Helmut Digel. Ein Großteil der Berichterstattung konzentriert sich in fast allen untersuchten Ländern, darunter USA, Russland, Australien, Deutschland, Italien, China, Japan, England, auf wenige Sportarten. "Alles, was nicht im Medium erscheint, ist nicht existent. Besonders ausgeprägt", erklärte er, "ist die Sportberichterstattung in Italien." Dort gibt es allein drei Sport-Tageszeitungen ähnlich wie in Russland und China.
Staatliche Unterstützung unerlässlich
Ein weiterer wichtiger Aspekt beim internationalen Vergleich nationaler Spitzensportstrukturen sei die staatliche Unterstützung. Lediglich in den USA konzentriere sich alles auf den freien Markt. In Fernost gebe es sogar ein eigenes wissenschaftliches Institut mit rund 1.100 Mitarbeitern, die ausschließlich empirische Untersuchungen für den Hochleistungssport durchführten.
Eine herausragende Rolle spiele Australien mit dem Talent Search Programm. "Die Australier gehen direkt in die Schulen auf Talentsuche und ermöglichen gleichzeitig den Umstieg in andere Sportarten, wenn sich herausstellt, dass das ausgewählte Talent doch für eine andere Sportart besser geeignet ist."
Was die berufliche Karriere betrifft, gibt es ein eigenes Job-Career-Programm, das ausschließlich von Banken getragen wird. Wenn Deutschland konkurrenzfähig sein wolle, dann brauche man ein Parallel-System zur Schule, denn bis auf Deutschland gibt es in allen anderen Nationen reine Sportlehrer, die wesentlich professioneller auf die Schüler zu gehen können.
Auf drei Säulen kommt es an
Vor allem auf drei Säulen komme es an, wenn sich der Hochleistungssport in unserer Gesellschaft optimal entwickeln soll. Militär – Wirtschaft, die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt – Bildungssystem.
"Große Probleme haben wir in Deutschland vor allem im Bildungssystem. Ein Athlet muss während seiner Studienzeit die Möglichkeit zum erfolgsorientiertem Training haben." Derzeit seien viele Sportler auf private Abmachungen angewiesen. Insgesamt gehe es um ein hochkomplexes System. "Es gibt keine Patentrezepte, einfach kopieren kann man nichts. Wir müssen immer wieder unterschiedliche Lösungen suchen, dann stellen sich auch die Erfolge wieder ein", sagte Profesor Dr. Helmut Digel.
Dirk Nowitzkis unkonventioneller Weg
Holger Geschwindner, der Basketball-Superstar Dirk Nowitzki nicht nur entdeckt hat, sondern ihn auch bis heute als Mentor begleitet, zeigte am Fall des Korbjägers auf, dass es auch unkonventionelle Wege nach oben geben kann. "Wenn Du nicht willst und innerlich für den Sport brennst, dann wird es nichts", sagte Holger Geschwindner überzeugt.
Oft erkenne man sofort, ob ein Jugendlicher Talent habe oder nicht. "Viele Jugendliche kommen in unsere Halle, aber viele sind auch talentfrei. Da macht es keinen Sinn, sie lange zu vertrösten, sondern man muss es ihnen relativ schnell sagen. Es gibt Talente, aber oft ist keiner da, der sie erkennt."
Dirk Nowitzki habe schon als 15-jähriger Junge sein Leben dem Basketball verschrieben und sei nicht immer konform mit dem Verband seinen Weg gegangen. Training ohne Ende und immer einen starken Konkurrenten als Gegenspieler suchen, sei eines der Geheimrezepte gewesen. "Wir sind immer problemorientiert vorgegangen und ganz wichtig waren die Schulbildung und das Abitur."
Selbst bei Treffen mit der Nationalmannschaft habe man den Nachhilfelehrer dabei gehabt. Als Dirk Nowitzki erstmals zur Nationalmannschaft eingeladen wurde, und nicht spielen durfte, sei er heimgefahren und sechs Wochen später hatte er einen Vertrag in der NBA. 82 Spiele, oft vier bis fünf mal in der Woche – da gibt es nur ein Leben rund um die Uhr für den Basketball. Von Leichtathleten habe man viel gelernt, vor allem was die Kampfkraft betrifft.
Konkurrenzkampf annehmen
Im Basketball werde bei jedem Schritt eine Entscheidung gefällt. Hinzu komme, dass es beim College-, Highschool-, NBA- und Fiba-Basketball jeweils verschiedene Regeln und Spielfelder gebe, was die Sache noch kompliziere.
"Das Wichtigste ist es aus meiner Sicht, die wenigen Talente, die wir haben, mit den Besten der Welt zusammenzubringen. Und der Leichtathletik kann ich nur empfehlen, sich nicht nur international, sondern auch national der Konkurrenz so oft wie möglich zu stellen", sagte Holger Geschwindner.
Und wie hat Dirk Nowitzki seine Millionen-Verträge abgeschlossen? "Ich habe zu ihm gesagt: Dirk, Du und ich, wir haben beide eine gute Schulbildung und können lesen und schreiben, da brauchen wir nicht noch eigene Berater, die uns dabei helfen."