| Serie: Mexiko 1968 III

Als Dick Fosbury mit einem Flop die Hochsprung-Welt revolutionierte

Seine Erfindung war ein Flop: Bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt gewann der Amerikaner Dick Fosbury Gold. Er sprang als Erster rücklings und mit dem Kopf voran über die Latte und prägte damit alle weiteren Hochsprung-Generationen.
SID/sb

Richard Douglas "Dick" Fosbury war ähnlich nervös wie vor 50 Jahren. Damals, in der Nacht vor dem 20. Oktober 1968, konnte er vor lauter Nervosität nicht einschlafen. Er war Mittelmaß, von der Konkurrenz belächelt, vom eigenen Trainer abgestempelt.

Am nächsten Tag sollte er alle mit seinem sensationellen Olympiasieg in Mexiko-Stadt nicht nur zum Staunen bringen, sondern gleich die gesamte Hochsprung-Welt auf den Kopf stellen. Am Freitag enthüllte der 71 Jahre alte Dick Fosbury ähnlich aufgeregt wie damals eine Bronzestatue von sich selbst in Lebensgröße.

Die Revolution des Hochsprungs

Sie zeigt den Moment, der das Leben des damals 21-Jährigen für immer veränderte und den Hochsprung revolutionierte. Fosbury fliegt in 2,24 Metern Höhe rücklings und mit dem Kopf voran über die Latte zum olympischen Rekord. Die Statue steht auf dem Campus der Oregon State University in Corvallis. Dem Ort, an dem der seinerzeit selbsterklärte "hoffnungslose Fall" während seines Ingenieurstudiums verzweifelt an seiner Sprungtechnik feilte. Das Ergebnis kennt heute jedes Schulkind – den Fosbury-Flop.

"Ich wurde von Gott berührt. Es ist unfassbar, was mein Sprungstil und der Olympiasieg so nach sich zogen", sagte Fosbury der Welt am Sonntag: "Mich traf das alles wie ein Blitz." Ein Sportjournalist aus seiner Heimat Oregon schrieb: "Fosbury Flops Over Bar". Er verglich den Sprungstil mit einem Fisch, der nach dem Fang floppt – sich also an Land auf den Rücken dreht und seinen Körper krümmt. Der passende Name zum Sprung war geboren.

Trainer: "So wird aus dir nichts"

Wäre es nach seinem damaligen Trainer Bernie Wagner gegangen, hätte die größte technische Revolution der Leichtathletik-Geschichte aber gar nicht stattgefunden. Wagner wähnte Fosbury vollends auf dem Holzweg, als dieser sich anschickte, die Latte auf seine ihm eigene Weise zu überqueren. "So wird nichts aus dir. Besser wäre es, wenn du zum Zirkus gehen würdest", riet Wagner seinem schnellen, aber ungelenken Athleten.

Doch der Flop war nichts für die Manege. Er wurde zum Hit, zur Standardtechnik im Hochsprung. "Wenn ich die Athleten jetzt springen sehe, geht mir das Herz auf", sagt Fosbury, der vor zehn Jahren Lymphdrüsenkrebs im Wirbelsäulenbereich überstand. Seine Erfindung ließ er sich nie patentieren: "Es kann auch kein Geld der Welt aufwiegen, was ich durch diese Weltneuheit alles erleben durfte."

Es bleibt beim "One-Hit-Wonder"

Im Sport gibt es lediglich eine annähernd vergleichbare Revolution. Der schwedische Skispringer Jan Boklöv erfand, wohl versehentlich, den V-Stil als neue Sprungtechnik und gewann damit in der Saison 1988/89 den Gesamtweltcup, obwohl es bis 1992 für diesen Sprungstil schlechtere Haltungsnoten gab. Fosbury und Boklöv, zwei Eigenbrötler und Pioniere unter sich.

Damals war Fosbury "mit dem Olympiasiegersein völlig überfordert" und verließ zwei Tage nach seinem Triumph das Olympische Dorf. Nur ein Jahr später beendete er seine Karriere und konzentrierte sich auf sein Studium. "Ich wollte nicht länger aus dem Koffer leben", erklärte er und verzichtete kurzerhand auf Werbeverträge und Profikarriere. So blieb Fosbury ähnlich wie Weitspringer Bob Beamon ein One-Hit-Wonder.

Quelle: Sport-Informations-Dienst (SID)

Mexiko 1968

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