| JuLe's LA-Tipps

Wie soll man mit einer Niederlage umgehen?

Ab sofort schreibt JuLe, das Maskottchen der Deutschen Leichtathletik-Jugend, immer Sonntags zu interessanten Themen rund um die Leichtathletik. Insgesamt zehn verschiedene Tipps hat JuLe für euch recherchiert. Heute schreibt JuLe über ihr Gespräch mit Markus Schröder, der seine Erfahrungen gerne weitergeben möchte.
JuLe

Ich habe mich gefragt, was mache ich eigentlich, wenn es bei einem Wettkampf mal nicht so gut gelaufen ist. Wie gehe ich mit meiner Niederlage um? Gibt es Strategien, wie ich aus einer Niederlage gestärkt wieder herauskomme? Diese Frage hab habe ich an Markus Schröder weitergegeben. Er beschreibt eine Situation, welche er selbst erlebt und wie er diese gemeistert hat:

„Es braucht keine 2 Wochen, um von Himmel in die gefühlte Hölle zu kommen. Die folgenden Zeilen beschreiben das, was man niemandem wünscht. Es war keine 2 Wochen her, da wurde ich bei meiner ersten Teilnahme mit der 4x400m-Staffel Deutscher Ju-gendvizemeister. Völlig überraschend schafften wir es erst ins Finale und steigerten uns im Vorlauf um über 7 Sekunden zur Qualifikation. Voll Freude über das erreichte liefen wir völlig befreit im Finale. Wir steigerten uns erneut um 3 Sekunden. Das klingt unglaublich, aber bei einer DM kann man wirklich über sich hinaus wachsen. Vor allem in der Staffel. Da die Jugendstaffeln immer im Rahmen der Männer / Frauen DM stattfinden, war der Moment des Gewinnens von Silber und die anschließende Siegerehrung unbeschreiblich. Die folgenden Tage brachten Anerkennung, Lob und vielleicht auch eine kleine Überheblichkeit. Dies sollte sich keine 12 Tage später rächen. Aber diese Tage habe ich voll genossen. Man fängt an von mehr zu Träumen…

12 Tage später

Deutsche Jugendmeisterschaft in meiner Heimatstadt. Im Berliner Olympiastadion! Es war immer mein Traum, über meine Strecke, die 400m Hürden, im Olympiastadion um eine Medaille zu kämpfen. Beflügelt von dem Erlebten mit der Staffel machte ich mich für meinen Vorlauf warm. „Hm, du hast Bahn 1 zugelost bekommen! Hey das ist gut, du hast alle vor Dir“, sagte mein Trainer. Problem war nur, ich hasse die Bahn 1! Der erste Dämpfer machte sich innerlich breit. Nach kurzer Zeit legte sich der Gedanke und ich motivierte mich neu. Der Grund? Meine komplette Familie war endlich mal bei einem Wettkampf mit dabei. Sonst waren immer nur Einzelne auf der Tribüne, aber NIE alle. Ich wollte ihnen zeigen, dass ich es drauf habe. Das ihr Kleiner ein ganz Großer sein kann.

An den Callroom erinnere ich mich gar nicht mehr. Also klar, ich kann sagen wie er aussah und was dort gemacht wurde, aber das geschah alles neben mir. Ich war voll im „Tunnel“. Es ging raus, auf die blaue Bahn, in mein Stadion. Es sollte mein Lauf werden, das Ticket ins Finale. Am Block angekommen, Startrituale abgespielt. Athletenvorstellung „Auf Bahn 1 aus Berlin…“ boom, da war es wieder… ich habe Bahn 1?! „Auf die Plätze – Fertig – Schuss“, erste Hürde passte, zweite Hürde schon nicht mehr. Der Lauf, mein Lauf passte nicht mehr… Ich lief den Lauf zu Ende, mehr war es auch nicht. Es war meine größte Niederlage. Es fühlte sich an wie ein Weltuntergang. In der Mixed Zone dachte ich sogar „Lohnt sich das? Was lief falsch? Wieso, weshalb, warum ausgerechnet heute?!“ Meine Familie wollte mich aufbauen, es half nicht. Ich habe mich geschämt.

Die Tage danach waren nicht schön. Das Training eine Qual. Ich dachte ans Aufhören. Ich traf mich mit meinen Freunden, viele von ihnen waren damals auch Leichtathleten, zum Teil im Bundeskader. Sie bauten mich auf. Zeigten mir Bilder von ihren internationalen Einsätzen, erzählten Geschichte von Trainingslagern und Lehrgän-gen. Sie nahmen mich mit zu ihrem Training. Zusammen haben wir die Olympischen Spiele in Peking geschaut. Ich bekam wieder Lust. Lust auf die Schmerzen beim Training, auf die Momente vor dem Start, das Gefühl nach Läufen völliger Erschöpfung. Ich war wieder bereit.

Warum?

Ich wollte zum Teil zeigen, dass die Silbermedaille keine Eintagsfliege war. Ich wollte Teil der Bilder meiner Freunde aus der Nationalmannschaft werden. Ich wollte wieder Teil der Leichtathletik sein! Von Woche zu Woche steigerte sich meine Motivation. Der große Erfolg blieb aus, aber ich blieb dabei! Heute bin ich rückblickend stolz darauf. Es reichte noch einmal mit der Staffel für Platz 12 und 8 bei der U23 DM, sowie einem B-Finale über die 400m Hürden.

Doch, wie habe ich das gemacht?
1.    Nach solch einer Niederlage hilft Abstand. Abstand von der Leichtathletik, anderen Sport machen, kei-nen Sport machen, sich Zeit für sich nehmen.
2.    Freunde treffen die nicht überheblich sprechen, sondern für einen Verständnis zeigen sind GOLDwert!
3.    Analysieren wieso es nicht lief. Alles hat seine Gründe!
Meine Gründe waren, wie ich im Nachhinein feststellen musste, dass die Silbermedaille meinen Eifer und Fleiß sinken ließ. Man muss erfolgshungrig bleiben! Dazu kommt, dass man sich mit Bahn 1 nicht unterkriegen lassen darf! Bahn 1 ist, wenn man recht überlegt, echt gut. Man hat alle vor sich, wenn man es geschickt verarbeitet, läuft es sich sogar lockerer. Vom Regelwerk her läuft man sogar auf Bahn 1 weniger in den Kurven, da die 400m 30cm von der Bahnkante weg gemessen werden. Auf den anderen Bahnen sind es nur 15cm! Das macht ein paar Meter in der Gesamtheit aus!
4.    Man darf nicht sofort aufgeben. Dran bleiben zahlt sich aus! Man erfährt außerdem nie, was hätte sein können, wen…!
5.    Auch bei Niederlagen hilft Routine. Die folgenden Tage genauso gestalten, nur ohne Training, ist ein ganz einfacher Schritt.
6.    Sich mit Freunden, Verwandten oder Vertrauten über das Erlebte austauschen! Ganz wichtig, nicht in sich hinein fressen.
7.    Neue Ziele setzen. Ob alleine oder mit der Trainingsgruppe oder dem Trainer.
8.    Als letzter Rat: Von Niederlagen geht die Welt nicht unter! Das Leben geht weiter und die Leichtathletik ist die schönste Sportart auf der Welt, aber sie ist nicht alles! Außerdem, wenn du gewinnst, dann verlieren Andere. So warst du eben mal der, der das Nachsehen hatte. Na und? Dann gib alles, damit du das nächste Mal wieder lachen kannst.

In diesem Sinne, viel Spaß beim Training."

Vielen Dank, lieber Markus, dass du uns an dieser sehr persönlichen Phase deines Lebens hast teilhaben lassen. Sicherlich können viele Leser daraus Mut schöpfen, auch nach einer Niederlage weiterzumachen.

Eure JuLe

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