WM-Hintertürchen bei den großen Marathons
Die Qualifikationsanforderungen, die der Weltverband IAAF im Marathon für die Weltmeisterschaft 2007 in Osaka (Japan) festgelegt hat, sorgen bereits jetzt für Diskussionsstoff und Überraschung. Neben den üblichen Normen wurde nämlich eine weitere Tür zur WM-Teilnahme geöffnet.

Auf dem Weg zum WM-Marathon in Osaka gelten neue Kriterien der IAAF (Foto: Kiefner)
Alle Athleten, die sich bei den "großen Fünf" in Berlin, Boston, Chicago, London und New York City unter den ersten 20 platzieren, werden mit einer erfüllten Norm gleichgesetzt. Für den ein oder anderen Läufer könnte sich so eine neue, interessante Qualifikationsmöglichkeit auftun. Jedoch kann diese Sonderregelung für die internationalen Spitzenveranstaltungen im Marathon mitunter zu durchaus skurril anmutenden Ergebnissen führen, was in der Konsequenz aber nur wenig Impulse mit sich bringen sollte.So sind die internationalen Normen, die der Weltverband IAAF bei 2:18 (Männer) bzw. 2:42 Stunden (Frauen) für den Erfüllungszeitraum 1. September 2005 bis 13. August 2007 festgelegt hat, derart moderat, dass bei den meisten der fünf großen Marathonläufe die Spitzenläufer ohnehin in einem Großteil unter diesen Vorgaben bleiben. Beispielsweise beim letztjährigen London-Marathon hätten nur zwei Starter von dieser neuen Regelung profitiert.
Bianca Meyer mit IAAF-Quali-Status
Anders sieht es beim weniger leistungsdichten Lauf in Berlin aus. Neben vier Männern haben sich dort 2005 über dieses "Hintertürchen" immerhin elf Frauen, darunter gleich sieben Britinnen auf einen Schlag und auch Bianca Meyer (SCC Berlin; 2:48,20 min), einen IAAF-Qualifikationsstatus für die WM erlaufen. In der letztjährigen DLV-Bestenliste ist die Hauptstädterin allerdings nur auf Rang neun und damit deutlich von einer echten WM-Chance entfernt.
"Ich bin von dieser Regelung überrascht", sagte Detlef Uhlemann, Disziplintrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband. Er erwartet, dass die deutschen Nominierungskriterien, die üblicherweise Ende des Jahres veröffentlicht werden, ähnlich wie für die letzte WM in Helsinki und damit deutlich anders als nach IAAF-Maßstäben aussehen werden.
"Diese Regel wird auf unsere Nominierung sicherlich keine Auswirkungen haben. Der Marathon ist auch im Verhältnis mit anderen Disziplinen zu sehen." Zieht man hier den Vergleich zwischen IAAF-Normen wie etwa im Weitsprung (8,20/6,70m) und dem Marathon, so ist durchaus ein gewisses Ungleichgewicht zu bemerken.
IAAF-Liste noch erweiterungsbedürftig
Veröffentlicht wurde in der vergangenen Woche vom Weltverband IAAF auch eine erste Liste mit Marathon-Veranstaltungen, bei denen die Normen für die WM in Osaka anerkannt werden. Auf deutschem Boden befinden sich bislang nur Berlin und der Euromarathon in Görlitz in der Aufstellung.
Allerdings beunruhigt das die anderen Ausrichter nicht. "Der Marathon Hamburg 2007 ist noch nicht bei der IAAF angemeldet. Die Anmeldung erfolgt meist erst im Herbst des laufenden Jahres", erklärt Wolfram Götz, Renndirektor in der Hansestadt. Jan Winschermann, der in Düsseldorf diese Funktion ausübt, stellt fest: "Unser Lauf erfüllt die Voraussetzungen der IAAF." Auch im letzten Jahr hatte der Weltverband die Liste der anerkannten Rennen erst nach und nach erweitert, was durchaus zu Irritationen bei den Veranstaltern und Läufern führte.
Vom Deutschen Leichtathletik-Verband wurden inzwischen die betroffenen Veranstalter auf die Kriterien des Weltverbandes, die für die Aufnahme in diese Liste zu beachten sind, aufmerksam gemacht.