Wolfram Müller - "Ein bitterer Schlag"
1998 wurde die LG asics Pirna gegründet und hatte in Wolfram Müller einen Erfolsgaranten. Fünfmal wurde er in deren Trikot Deutscher Meister, je einmal gewann er bei U23- und U20-Europameisterschaften und wurde Junioren-Europameister im Crosslauf. Seit dem 31. Oktober existiert das Laufteam der LG asics Prina jedoch nicht mehr und Wolfram Müller ist auf der Suche nach einem neuen Verein. Im Interview mit leichtathletik.de spricht der 28-Jährige über die schwierige Vereins- und Sponsorensuche.
Wolfram Müller, Sie sind verheißungsvoll in das Jahr 2009 gestartet, sind Deutscher Meister in der Halle und im Cross geworden und haben den vierten Rang bei der Hallen-EM belegt. Warum lief es im Anschluss daran nicht mehr so gut?Wolfram Müller:
Ich habe mir einen Muskelfaserriss im Oberschenkellängsmuskel zugezogen. Eigentlich kein großes Problem, aber es gab eine falsche Diagnose und Behandlung. Da ist so einiges schief gelaufen, was die ganze Sache natürlich verlängert hat. Am 11. Mai waren die Schmerzen so groß, dass ich nicht mehr laufen konnte, und dann hat es eigentlich fast zwei Monate gedauert, bis ich wieder trainieren konnte. Ich habe es zwar bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm versucht, aber es war eigentlich klar, dass es nicht funktionieren kann.
Wie schwer war es für Sie, die Heim-WM in Berlin als Zuschauer zu verfolgen?
Wolfram Müller:
Das war natürlich sehr bitter. Vor allem, weil ich ja im Winter gesehen habe, dass ich mit Stefan Eberhardt und Carsten Schlangen gut mithalten kann. Ich hätte mir auf jeden Fall zugetraut, im Bereich von 3:35 Minuten zu laufen.
Sie haben sich im Sommer von Ihrem Trainer Klaus Müller getrennt. Was waren die Gründe dafür?
Wolfram Müller:
Da gab es mehrere Gründe. Dazu möchte ich mich öffentlich aber nicht äußern.
Nachdem der Sommer alles andere als gut für Sie verlaufen ist, folgte mit der Auflösung des Laufteams "LG asics Pirna" zum 31. Oktober der nächste Tiefschlag. Wie überraschend kam diese Nachricht für Sie?
Wolfram Müller:
Erstmal möchte ich richtig stellen, dass ich von der LG asics Pirna bis auf Trainingslagerzahlungen nie finanzielle Unterstützung bekommen habe. Das wurde in der Presse immer wieder falsch geschrieben. Die Auflösung selber hat mich nicht sonderlich überrascht. Wenn man sich ein bisschen mit der Branche beschäftigt hat, dann war abzusehen, dass sich der Ausrüster zurückziehen wird.
Ihre Erfolge in der Jugend waren mit ein entscheidender Grund dafür, dass der Verein gegründet wurde. Wie groß ist jetzt die Enttäuschung bei Ihnen, nachdem es den Verein nicht mehr gibt?
Wolfram Müller:
Es ist natürlich schade, aber da ist in letzter Zeit einiges schief gelaufen. Als Grund für die Auflösung des Vereins wurde sportliche Erfolgslosigkeit angegeben. Wenn zwei Deutsche Meistertitel und ein vierter Platz bei einer Hallen-EM nicht mehr zählen, dann sollten sich gewisse Personen selbst mal hinterfragen. Ich kann das jedenfalls nicht nachvollziehen.
Ihr Ausrüster hat sein Sportsponsoring in der Leichtathletik stark zurückgeschraubt und sich von zahlreichen DLV-Athleten getrennt. Sind Sie auch davon betroffen?
Wolfram Müller:
Ja, auch ich bin davon betroffen. Das ist für uns Athleten natürlich der bitterste Schlag, der uns treffen kann. Gleichzeitig zeigt es eben aber auch die Entwicklung und den Stellenwert der Leichtathletik in den letzten Jahren. Ich muss mich jetzt nach einem neuen Verein und einem neuen Sponsor umschauen.
Mit welchen Vereinen stehen Sie derzeit in Kontakt?Von 2003 bis 2005 sind Sie schon einmal für die LAV asics Tübingen gestartet, ist die Rückkehr in die schwäbische Universitätsstadt eine Option?
Wolfram Müller:
Ich bin mit mehreren Vereinen in Kontakt. Allerdings möchte ich keine Namen nennen, bevor es endgültig ist.
Was wäre Ihre Wunschlösung?
Wolfram Müller:
Ich habe natürlich eine Wunschlösung, doch die bleibt erstmal geheim. Ich hoffe, dass sich in den nächsten Tagen alles klärt und ich meinen neuen Verein bekannt geben kann.
Sie sind jetzt 28 Jahre alt, sind oft von Verletzungen zurückgeworfen worden. Haben Sie auch schon einmal an ein Karriereende gedacht?
Wolfram Müller:
Ja, im Januar 2007 als meine Bundeswehrzeit zu Ende war, hatte ich über ein Karriereende nachgedacht. Aber dann haben sich wieder neue Türen geöffnet und ich habe weitergemacht.
Sie waren bislang Vollprofi. Jetzt war zu lesen, dass Sie ein Studium begonnen haben. Stimmt das?
Wolfram Müller:
Ja, ich mache seit zwei Monaten ein Fernstudium an der IST Düsseldorf. Ich absolviere dort den Diplomstudiengang Sport- und Fitnesstrainer.
Bei all den Verhandlungen, wie sieht Ihre derzeitige Form denn aus?
Wolfram Müller:
Eigentlich richtig gut. Das habe ich ja auch schon im Oktober beim Grand 10-Lauf in Berlin gezeigt, als ich 30:26 Minuten gelaufen bin. Leider bin ich beim Crosslauf in Pforzheim vergangene Woche umgeknickt und habe mir dabei eine Bänderdehnung zugezogen. Daraufhin musste ich fünf Tage pausieren. Jetzt kann ich zwar wieder laufen, habe auch schon wieder einen schnellen Dauerlauf gemacht, aber das Risiko, nochmal im Gelände zu laufen, ist zu groß.
Das klingt, als wäre eine Crosssaison geplant gewesen?
Wolfram Müller:
Ja, das war es auch. Ich wollte in Darmstadt laufen und mich dort für die Cross-EM qualifizieren. Aber der Fuß ist einfach noch zu instabil und das Risiko, nochmals umzuknicken und dann länger pausieren zu müssen, ist einfach zu groß. Das heißt, die Crosssaison ist für mich gelaufen.
Wie sieht es mit der Hallensaison aus?
Wolfram Müller:
Es ist eine komplette Hallensaison geplant.
2010 steht die Europameisterschaft in Barcelona (Spanien; 26. Juli bis 1. August) an. Wie sehen Ihre Ziele aus?
Wolfram Müller:
Natürlich ist das große Ziel die EM in Barcelona. Ich bin bei der Hallen-EM Vierter geworden. Bis auf Mehdi Baala (der Franzose gewann zweimal EM-Gold über 1.500 Meter im Freien - d. Red.) waren eigentlich alle dabei, die Spanier, Portugiesen und so weiter. Ich denke eine Platzierung unter den besten Sechs sollte in Barcelona möglich und auch für uns deutsche Läufer das Ziel sein.