Würfe der Frauen: Osteuropäerinnen das Maß der Dinge
Ost oder West? Woher kommen die neuen Europameisterinnen in den Wurfdisziplinen der Frauen? Richtungsweisende Entscheidungen bahnen sich an. Vor Beginn der EM werden die Europäischen Bestenlisten von Osteuropäerinnen dominiert. Im Speerwurf ist mit Kelly Morgan aus Großbritannien eine Westeuropäerin an zweiter Stelle (64,87 m). Es führt Tatjana Schikolenko aus Russland (65,08 m). Die beiden Deutschen Steffi Nerius (TSV Bayer 04 Leverkusen/64,55 m) und Dörthe Friedrich (LG Karlsruhe/64,46 m) liegen auf den Rängen drei und vier.
Steffi Nerius will endlich eine Medaille (Foto: Kiefner)
Fünf Mal war die von der Insel Rügen stammende Steffi Nerius bis zum Jahr 2001 schon Deutsche Vize-Meisterin geworden. Dann klappte es erstmals mit dem Titel. 2002 in Wattenscheid sollte es jedoch wieder „nur“ zu Silber reichen. „Nun schlage ich halt in München richtig zu“, kommentierte die Leverkusenerin ihre im letzten Versuch erlittene Niederlage gegen Dörthe Friedrich. Beide deutschen EM-Starterinnen sind bislang noch ohne internationale Medaille. Für Nerius war sowohl bei den Olympischen Spielen in Sydney (Platz vier) als auch bei der WM in Edmonton (Platz fünf) Edelmetall in greifbarer Nähe. Beide Male stand sie am Ende jedoch mit leeren Händen da. In München soll das anders werden. Eine Plakette muss her, möglichst aus Gold. Die Chancen stehen gut, denn die europäische Spitze liegt dicht beisammen. Auf dem Treppchen könnten am Ende gar zwei deutsche Werferinnen stehen und vielleicht sorgt eine der beiden dafür, dass der Titel im Lande bleibt. 1998 in Budapest war er von der Berlinerin Tanja Damaske gewonnen worden. Sie kann ihn wegen einer Verletzung jedoch nicht verteidigen.
20 Meter – Astrid Kumbernuss hat ein klares Ziel
Vier Europäerinnen haben in diesem Jahr schon die 20-Meter-Marke übertroffen. Astrid Kumbernuss, Olympiasiegerin des Jahres 1996, Olympia-Dritte 2000 und dreimalige Weltmeisterin gehört nicht dazu. Das wurmt die Neubrandenburgerin. Nachdem die EM-Generalprobe in Leverkusen schief gelaufen war (19,75 m), saß der Frust bei Kumbernuss tief. Ihre eigenen Ansprüche liegen jenseits der 20 Meter. Doch wie weit muss man stoßen, um in München eine Medaille zu holen? Ein Blick in die Europäische Bestenliste verrät: Um um die Treppchenplätze mitkämpfen zu können, sind wohl 20 Meter nötig.
Die kontinentale Jahresbestweite hält derzeit die Russin Swetlana Kriweljowa (20,53 m). Nur drei Zentimeter weniger hat ihre Landsfrau Irina Korschanenko vorzuweisen. Die beiden werden sicherlich auch bei der EM das Maß der Dinge sein. Auf Platz drei der Saisonbestenliste folgt mit 20,07 Metern Titelverteidigerin Wita Pawlysch (Ukraine). Dann Astrid Kumbernuss. Auf Platz sechs liegt mit der Vize-Weltmeisterin Nadine Kleinert (SC Magdeburg) eine weitere Deutsche. Sie hat jedoch Verletzungssorgen. Die Hüfte macht Probleme. Deshalb kam sie in diesem Jahr (19,24 m) auch noch nicht an ihre Bestleistung von 19,86 Metern heran, mit der sie sich im vergangenen Jahr die Silbermedaille bei der WM geholt hatte. Kommt Kleinert jedoch noch rechtzeitig in Schwung, könnte sie ebenfalls um eine Medaille mitkämpfen. Dritte deutsche Starterin ist Nadine Beckel vom Schweriner SC.
Neue Diskus-Europameisterin gesucht
Ohne Titelverteidigerin Franka Dietzsch zieht die deutsche Mannschaft ins Olympiastadion ein. Achillessehnenbeschwerden verhindern ihren Start. Ohne die WM-Goldmedaillengewinnerin des Jahres 1999 gilt die amtierende Weltmeisterin Natalja Sadowa (Russland/67,73 m) als große Favoritin, zumal Elena Zwerewa (Weißrussland), die derzeitige Zweite der Europäischen Bestenliste, nicht gemeldet hat. Jana Tucholke (LAZ Leipzig) dürfte die EM vor allem zum Lernen dienen.
Packt Susanne Keil den Deutschen Rekord?
Was im Kugelstoßen die 20-Meter-Marke ist, sind im Hammerwerfen die 70 Meter. Darüber hinaus muss das 4-Kilogramm schwere Wurfgerät wohl auch in München fliegen, um am Ende mit Gold, Silber oder Bronze überzogen zu werden. So weit ist bislang noch keine Deutsche gekommen. Den nationalen Rekord hält Kirsten Münchow von der LG Eintracht Frankfurt (69,28 m). Sie befindet sich jedoch momentan in der Babypause.
Erste Anwärterin, diese Marke zu übertreffen, ist Münchows Vereinskollegin Susanne Keil, deren Saisonbestleistung bei 67,78 Metern steht. Gelingt ihr das in München, wäre eine Platzierung unter den besten Sechs möglich. Den Sieg werden aber wohl die Weltjahresbeste Olga Kusenkowa (Russland/73,07 m) und die polnische Olympiasiegerin Kamila Skolimowska (72,60 m) unter sich ausmachen.
Auch die Französin Manuela Montebrun kann womöglich in diesen Zweikampf eingreifen. Sie hat in diesem Jahr schon ähnlich weit geworfen (72,54 m). Alle anderen sind weit davon entfernt. Das gilt auch für Andrea Bunjes (SV Holtland/67,57 m) und Manuela Priemer (LG Domspitzmilch Regensburg/64,81 m).