
Yacouba Pfälzner: Von der Ersatzbank zum doppelten Sprint-Coup
Bei den U20-Weltmeisterschaften in Tampere kam Yacouba Pfälzner (SCC Berlin) als Ersatzläufer für die deutsche 4x100-Meter-Staffel nicht zum Einsatz. Doch er kehrte mit ganz neuem Selbstbewusstsein aus Tampere zurück und demonstrierte dies bei den Deutschen Jugendmeisterschaften mit dem überraschenden Gold-Double über 100 und 200 Meter.
"Ich bin jetzt vielleicht auch am meisten überrascht", staunte Yacouba Pfälzner am Freitagabend, als er als Fünfter der Meldeliste in Rostock die Favoriten im 100-Meter-Finale hinter sich gelassen hatte. Einen Tag später holte der Berliner auf den 200 Metern zum zweiten großen Coup aus und stürmte zu einer starken neuen Bestzeit von 20,86 Sekunden – knapp fünf Zehntel schneller als zuvor. "Damit hatte ich jetzt noch viel weniger gerechnet als mit dem 100-Meter-Sieg." Rückblickend betrachtet hatte er an beiden Läufen rein gar nichts auszusetzen. "Die Läufe waren einfach perfekt. Bei beiden habe ich den Start gut erwischt und bin hinten raus locker geblieben. Das war sonst immer meine große Schwäche, dass ich dann zu verkrampft war."
Woher diese Leistungssteigerung zum Saisonhöhepunkt kommt, kann der Berliner nur vermuten: "Vielleicht ist das eine Kopfsache. Ich glaube, ich bin durch die U20-Weltmeisterschaften einfach viel selbstbewusster geworden." Nach Tampere war Yacouba Pfälzner als Ersatzläufer für die Staffel mitgereist – und hat viel davon mitgenommen, auch wenn er nicht zum Einsatz kam. "Bei so einem großen Ereignis dabei gewesen zu sein, war eine tolle Erfahrung. Ich konnte miterleben, wie bei internationalen Events alles abläuft. Auch wenn ich natürlich schon etwas enttäuscht war, nicht starten zu können." 2016 war der großgewachsene Sprinter schon einmal knapp mit einer Hundertstel an der Einzelnorm für die U18-Europameisterschaften in Tiflis (Georgien) vorbeigelaufen. "Vielleicht hat sich das auch alles angestaut und ich konnte jetzt alles bei den Sprints rauslassen."
Verletzung verhinderte eineinhalb Jahre schnelle Sprints
2016 hätte Yacouba Pfälzner bis vor diesem Wochenende als sein bisher erfoglreichstes Jahr beschrieben. Damals konnte er sich mit Bronze seine erste – und bis vor diesem Wochenende in Rostock einzige – Einzelmedaille bei Deutschen Jugendmeisterschaften gewinnen. 2017 lief dagegen gar nicht nach Plan. Eine Verletzung am Sehnenansatz am Oberschenkel hinderte ihn fast eineinhalb Jahre, seine Leistung zu zeigen. Erst seit einigen Monaten sind die Probleme dank viel Physiotherapie und Ostheopathie beseitigt. "Ich war schon kurz davor, die Motivation für die Leichtathletik komplett zu verlieren", erzählt Yacouba Pfälzner, der in der Zeit auch auf die Unterstützung seiner Familie zählen konnte. "Ich komme zwar aus keiner Sportlerfamilie, aber meine Eltern unterstützen mich immer. Meine Mutter ist auch hier in Rostock dabei."
In diesem Jahr hat Yacouba Pfälzner sein Abitur bestanden und strebt nun an, sich bei der Polizei zu bewerben und dort in die Sportfördergruppe aufgenommen zu werden. Ziele für die nächsten Jahre, wenn er in der U23 startet, hat er keine konkreten. "Ich lasse mich gerne von Jahr zu Jahr überraschen." Seine Trainingsgruppe in Berlin besteht aus Kurz- und Langsprintern. Bekannte Namen sind Svea Köhrbrück, Alena Gerken, Hendrikje Richter oder Emil Agyekum. "Das ist eine tolle Gruppe, die gut zusammen passt. Die Langsprinter beschweren sich aber immer, dass sie mehr machen müssen." Auf die Frage, ob man ihn in Zukunft auch mal auf den 400 Metern sehen wird, antwortet Yacouba Pfälzner eindeutig: "400? Oh Gott nein, nie im Leben! Eher mache ich Ballett!"
Lieblingsstrecke sind die 200 Meter
Seine Lieblingsstrecke bleiben wohl die 200 Meter. "Hier habe ich mir immer mehr Chancen ausgerechnet. Die 100 Meter wollte ich an diesem Wochenende auch nur nutzen, um reinzukommen. Dass ich auch im Finale starte, war gar nicht geplant. Das habe ich dann nur gemacht, weil es überraschend gut lief", erklärt er die Taktik, die er sich mit seinem Coach Sven Buggel (Bundesnachwuchstrainer der 400-Meter-Läufer) überlegt hatte.
Ganz vorbei ist die Saison für den Überraschungssieger von Rostock, der neben seinen beiden Goldmedaillen auch Silber mit der Staffel gewinnen konnte, noch nicht. Ein U20-Länderkampf im Berliner Olympiastadion wartet am Sonntag noch – unmittelbar im Vorfeld der EM (6. bis 12. August). Schon einmal ist der gebürtige Berliner im Olympiastadion gestartet. Als zwölfjähriger im 50-Meter-Kinderlauf beim ISTAF 2011. Damals wurde er in 7,06 Sekunden Zweiter.
Beim Blick in die Ergebnislisten finden sich mit Vereinskamerad Emil Agyekum und Justus Ringel (SC Potsdam; beide 400 Meter Hürden) übrigens zwei weitere Medaillengewinner von Rostock und U20-WM-Teilnehmer im Finale des Kinderlaufes wieder. Das EM-Finale über 100 Meter wird sich Yacouba Pfälzner auf jeden Fall live anschauen. Vielleicht sieht er dann auch einen Überraschungssieger zum Titel sprinten.
Videos von der Jugend-DM:
100 Meter: Yacouba Pfälzner überrascht die Favoriten
200 Meter: Yacouba Pfälzner holt sich das Sprint-Double
Interview: "Vorne den Start hinbekommen und hinten rennen"
Interview: "Ich bin selbstbewusster geworden"