Yamilé Aldama nimmt den langen Weg zu Gold
Yamilé Aldama (Großbritannien) hat einen Weg voller Hindernisse, Umwege und Baustellen hinter sich. Aber jetzt ist sie dort angekommen, wo sie immer hin wollte: ganz oben auf dem Treppchen. Im Alter von 39 Jahren holte sie bei der Hallen-WM in Istanbul (Türkei) mit 14,82 Metern Gold im Dreisprung – und trug sich damit schon für die dritte Nation in die Medaillenlisten ein.
Die Dreispringerin wurde 1972 auf Kuba geboren. Für Kuba feierte sie ihre ersten internationalen Erfolge, wurde 1997 in Paris (Frankreich) Sechste der Hallen-WM und 1999 in Sevilla (Spanien) Vize-Weltmeisterin. Anschließend begannen die Dinge kompliziert zu werden.Yamilé Aldama lernte in ihrer Heimat den Schotten Andrew Dodds kennen, mit dem sie 2001 nach London zog. Die beiden heirateten, Tochter Amil wurde geboren. Die Kubanerin wollte für Großbritannien starten, doch der kubanische Verband weigerte sich zunächst, die Medaillenhoffnung ziehen zu lassen.
Dann sperrten sich die britischen Behörden: Ihr Mann Andrew Dodds wurde des Handels mit Drogen im Wert von 11 Millionen Pfund überführt und im Jahr 2002 zu 15 Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Yamilé Aldama sagte, sie habe nichts von seinem Doppelleben gewusst. Dennoch musste sie befürchten, des Landes verwiesen zu werden - doch sie durfte bleiben.
Erster 15-Meter-Sprung
Die damals 30-Jährige lebte nun als Alleinerziehende in der Fremde. Ihrem Sport blieb sie weiterhin treu. 2003 überbot sie als erste Nicht-Europäerin die 15-Meter-Marke. Im Juli erzielte sie in Rom (Italien) ihre bis heute gültige Bestmarke von 15,29 Metern - nur vier Athletinnen sprangen jemals weiter. Ihr Problem: Sie hatte keinen Verband, für den sie bei internationalen Meisterschaften starten durfte.
So wandte sich Yamilé Aldama an den Sudan, bekannt dafür, erfolgreiche Athleten im Schnellverfahren ins Team zu holen. 2004 startete sie für das afrikanische Land bei den Olympischen Spielen in Athen (Griechenland) und wurde dort Fünfte. 2006 gewann sie für den Sudan Bronze bei der Hallen-WM in Moskau (Russland).
Privates Happy End
2009 wurde ihr Mann aus dem Gefängnis entlassen, das Paar kam wieder zusammen, 2010 wurde Sohn Diego geboren. Auf das private Happy End folgte wenig später auch das sportliche.
Nachdem sie neun Jahre lang in Großbritannien gelebt hatte, beantragte Yamilé Aldama zum zweiten Mal einen britischen Pass und erhielt 2010 die britische Staatsbürgerschaft. „Natürlich fühle ich mich als Britin“, sagte sie einer britischen Tageszeitung. „Meine Kinder sind Briten, meine Freunde sind Briten, Großbritannien ist meine Heimat.“
Im britischen Nationaltrikot startete sie 2011 bei den Weltmeisterschaften in Daegu (Südkorea) und wurde dort Fünfte.
Heimspiel bei Olympia
Bei der Hallen-WM in Istanbul landete sie nun im Alter von 39 Jahren zum ersten Mal ganz oben auf dem Treppchen. Mit ihrer Siegesweite von 14,82 Metern verfehlte sie ihre Hallen-Bestleistung aus dem Jahr 2004 nur um acht Zentimeter. „Besser spät als nie“, kommentierte sie ihren Erfolg anschließend. „Dieses Gold ist für meine Mutter und für meine Kinder.“
Die nächste gute Nachricht kam in dieser Woche vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Es verkürzte die offizielle Wartezeit von drei Jahren, die Athleten normalerweise bei einem Verbandswechsel einhalten müssen: Yamilé Aldama erhielt grünes Licht für die Teilnahme an den Olympischen Spiele in London.
Das Dreisprung-Finale findet am 5. August statt, neun Tage vor ihrem 40. Geburtstag. Dass man sie auf der Rechnung haben muss, hat sie bei der Hallen-WM bereits unter Beweis gestellt. In London kommt noch ein wichtiger Faktor hinzu: Für Yamilé Aldama ist der Wettbewerb im Olympiastadion ein Heimspiel.