| Nach Doping-Geständnis

Yuliya Stepanova versucht Neustart in Deutschland

Doping-Kronzeugin Yuliya Stepanova sorgte am Samstag bei den norddeutschen Meisterschaften in Berlin für eine Überraschung. Vier Tage nach dem Ablauf ihrer Dopingsperre ging die Russin erstmals an den Start. Stepanova hofft beim LAC Olympia 88 Berlin auf einen Neuanfang.
dpa/sim

Für Yuliya Stepanova war es ein besonderer Tag. Erstmals nach ihren Enthüllungen über ein angeblich flächendeckendes Dopingsystem in Russland ging die Mittelstrecklerin bei den norddeutschen Meisterschaften in Berlin an den Start. "Ich bin so glücklich, wieder zu laufen", sagte die 28-Jährige nach dem 1.500-Meter-Lauf, den sie in 4:26,30 Minuten als Zweite außer Konkurrenz absolvierte. Es soll ein sportlicher Neuanfang für die Doping-Kronzeugin und ihren Mann Vitaliy in ihrem neuen Leben in Deutschland sein.

Möglich war der überraschende Auftritt, weil ihre zweijährige Dopingsperre vier Tage zuvor abgelaufen war und sie wenige Stunden vor dem Lauf vom Leichtathletik-Weltverband IAAF die Starterlaubnis für den LAC Olympia 88 Berlin erhalten hatte.

In der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht" hatte die ehemalige Weltklasseläuferin über ein organisiertes Dopingsystem in Russland berichtet und Beweise dafür vorgelegt. Da Stepanova sich in der Heimat nicht mehr sicher fühlte, verließ sie mit ihrer Familie das Land und lebt an einem geheim gehaltenen Wohnort in Deutschland. Die Familie hat inzwischen politisches Asyl beantragt. Yuliya Stepanova strebt auch die deutsche Staatsbürgerschaft an und träumt von einem Start bei Olympia.

Training bei André Höhne

Mit den Formalitäten wird es ebenso schwer werden wie mit einer Rückkehr in die Weltklasse. Mit den 4:26,30 Minuten im Berliner Rennen blieb sie gut 20 Sekunden über ihrer 1.500-Meter-Bestzeit. Doch Stepanova und ihre Familie erfahren nach der Übersiedlung nach Deutschland viel Unterstützung. "Uns wurde von vielen Seiten Hilfe angeboten, nachdem die Dokumentation ausgestrahlt wurde", sagte Vitaliy Stepanov, der einst bei der Anti-Doping-Agentur Russlands angestellt war.

Eine neue sportliche Heimat ist beim LAC Olympia 88 Berlin gefunden. Der ehemalige Weltklasse-Geher André Höhne wurde angesprochen, ob er nicht die russische Mittelstrecklerin trainieren wolle. "Ich war als Athlet selbst ein Opfer des Dopingsystems", sagte Höhne. Er hatte jedoch um etwas Bedenkzeit gebeten, bevor er den Job übernahm. "Yuliya möchte einen kompletten Neustart und mit dem System in Russland aufräumen."

Offenbar hat Yuliya Stepanova mit ihren Enthüllungen in ihrer Heimat schon etwas bewirkt. In den vergangenen Wochen sind mehrere russische Topathleten gesperrt worden. Dass sich wirklich etwas ändert, bezweifelt sie allerdings. "Das ist alles nur Show. Die russischen Trainer kennen nur dieses System", erklärte Stepanova. "Viele Athleten glauben, sie können ohne Doping nicht laufen. Ich möchte das Gegenteil beweisen."

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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