Yuri Borzakovsky – "Motor kaputt, Trainer böse"
Keine Frage, Yuri Borzakovsky gilt als schillernde Figur in der internationalen Leichtathletikszene. Der 22-jährige Russe ist einer, der schon gerne mal ausschert und so richtig Gas gibt. Auf der Bahn und auch außerhalb. Natalia Cechirlan nutzte für leichtathletik.de die Gelegenheit, um sich nach seinem 800-Meter-Sieg in Dortmund (1:45,92 min) mit dem Vize-Weltmeister auf ein interessantes Gespräch über das Laufen, seine Taktiken, Olympia, die geheimen Leidenschaften und seine deutschen Gegner einzulassen.
Yuri Borzakovsky fühlt sich in Deutschland wohl (Foto: Chai)
leichtathletik.de:Yuri, zunächst einmal... Wie beurteilen Sie Ihren Sieg in Dortmund?
Yuri Borzakovsky:
Ich kann mit meinem Lauf ganz zufrieden sein. Es war eben ein normales Rennen. Siebzig Prozent waren okay, aber um rund dreißig Prozent kann ich mich schon noch verbessern. Technik und Taktik waren in Ordnung.
leichtathletik.de:
Laufen Sie gerne in Deutschland?
Yuri Borzakovsky:
Es gefällt mir hier wirklich sehr gut. Besonders die Halle in Dortmund hat es mir jetzt angetan. Ich habe auch den Eindruck, dass die Organisation klasse ist.
leichtathletik.de:
Sie sind aus der Vergangenheit bekannt dafür, dass Sie einen starken Endspurt haben und sich gerne ein Rennen lange Zeit von hinterer Position ansehen. Aber Sie laufen jetzt schon manchmal anders. Was hat sich an der Taktik inzwischen geändert?
Yuri Borzakovsky:
Früher war es so, dass ich immer diese Taktik eingesetzt habe. Dann habe ich aber gemerkt, dass sich meine Gegner daran anpassen. Jetzt variiere ich. Mal führe ich den Lauf von vorne, ein anderes Mal laufe ich weiter hinten. Das mache ich von meinen Gegnern in dem Rennen abhängig. Insgesamt kann man also schon sagen, dass ich meine taktische Einstellung inzwischen geändert habe.
leichtathletik.de:
Sie waren vor vier Jahren bei den Olympischen Spielen in Sydney bereits mit 19 Jahren als junger Athlet im Finale und wurden Sechster. Was verbinden Sie mit Olympia?
Yuri Borzakovsky:
Sydney war für mich eine sehr gute Lektion. Auch, was das Taktische bei so einem Rennen betrifft. Ich bin sehr froh, dass ich damals schon dabei war und das Finale erreichen konnte. Das war für mich wirklich ein sehr großer Erfolg und schon ein weiterer Schritt zu den nächsten Olympischen Spielen jetzt im Sommer in Athen. Ich glaube, das wird noch besser.
leichtathletik.de:
Sie richten Ihre Planung gerne auf die ganz großen Wettkämpfe aus und dem alles unter. Wäre deshalb im Sommer alles andere als eine Olympiamedaille eine Enttäuschung?
Yuri Borzakovsky:
Nein, eine Enttäuschung wäre das nicht. Das Schicksal wird es bestimmen. Wenn ich gesund bleibe und mich nicht verletze, kann es richtig gut werden. Aber ich habe da wirklich schon oft Pech gehabt. Ich bekomme manchmal gerade dann Probleme, wenn ich nach einem Rückschlag wieder in das Training einsteige. Letztes Jahr wurde ich zwei Wochen vor der Weltmeisterschaft krank. Das war eine schwierige Situation. Ich war schon auf einen Sieg programmiert, aber deshalb hat es dann am Ende nicht gereicht. Auch vor vier Jahren war ich vor den Olympischen Spielen krank. Deshalb sage ich häufig, dass ich besonders mit der Gesundheit immer Pech habe.
leichtathletik.de:
Zählen Sie die deutschen 800-Meter-Läufer Nils Schumann und René Herms in diesem Jahr auch zu Ihren ernsthaften Konkurrenten?
Yuri Borzakovsky:
Ich glaube, alle meine Gegner sind ernst zu nehmen und sehr stark. Nils Schumann ist ein toller Typ und es ist sehr interessant, gegen ihn zu laufen. Er kann jede Taktik anwenden – genauso wie ich. Er ist für mich schon ein starker Kontrahent. Was René Herms betrifft, ihn kenne ich noch nicht so gut. Er läuft noch nicht so lange vorne mit. Wie ich sehe, hat er aber eine interessante Taktik. In München war er bei der EM vorne mit dabei und seitdem beobachte ich ihn schon bewusst.
leichtathletik.de:
Die russischen Frauen sind in der Leichtathletik erfolgreicher als die Männer. Haben Sie eine plausible Erklärung dafür?
Yuri Borzakovsky:
Hmm. Naja, das stimmt schon. Erklären kann ich das aber auch nicht.
leichtathletik.de:
Sie gelten auch abseits des Sports als interessante Persönlichkeit. Was machen Sie zur Zeit in Ihrer Freizeit, wenn Sie nicht gerade laufen und trainieren?
Yuri Borzakovsky:
Ich beschäftige mich sehr viel mit meiner Familie. Ich habe eine Frau und ein Kind, die ich beide sehr liebe. Eine Leidenschaft von mir sind die Autos, es gefällt mir zu fahren. Leider kann ich mir momentan kein teures Auto leisten. Früher hatte ich einen BMW, die Geschwindigkeit hat mir gefallen. Aber der Motor ist dann schon nach einem Jahr kaputtgegangen. Mein Trainer ist wegen sowas immer böse. Das schnelle Fahren ist ein Laster von mir. Ich bin auch noch sehr begeistert von der Musik, besonders von der Clubmusik. Alle meine Freunde sind DJ's und meine Freizeit verbringe ich oft mit ihnen.
leichtathletik.de:
Wie geht es jetzt für Sie weiter?
Yuri Borzakovsky:
Am 12. Februar laufe ich in Stockholm noch ein weiteres Hallenrennen. Danach werde ich mich erst einmal erholen, um später wieder ins Training einzusteigen. Im Juni will ich im Sommer in die Saison starten, aber im Juli Wettkampfpause machen. Und dann sind ja sowieso schon die Olympischen Spiele.
Lesen Sie auch:
Svetlana Feofanova – "Fünf Meter schaffe ich!"