Zai Lu Shang Beijing - Cathleen Tschirch
Cathleen Tschirchs Geduld wurde in den vergangenen Wochen auf eine harte Probe gestellt. Aufgrund einer Fußverletzung musste sie auf die Teilnahme am Europacup verzichten. Statt der Reise nach Annecy (Frankreich) stand Physiotherapie auf dem Programm. leichtathletik.de begleitet sie bei der Fortsetzung ihres Kampfes um einen Staffelplatz bei den Olympischen Spielen in Peking (China).
Die Schmerzen im linken Fuß hatten sich schon nach den ersten Saisonrennen bemerkbar gemacht. Beim Meeting in Regensburg Anfang Juni war dann schließlich auf der 200 Meter-Ergebnisliste neben dem Namen Cathleen Tschirch nur die Abkürzung „aufg.“ zu finden - aufgegeben.„Ich habe dort selbst entschieden, die 200 Meter nicht mehr zu laufen, weil ich Angst hatte, dass die Schmerzen im Fuß schlimmer werden. Schon beim ISTAF hatte ich damit Probleme. Es war eher ein schleichender Prozess. Eine Woche nach Regensburg war ich noch mal bei Dr. Uwe Wegner, dem DLV-Verbandsarzt. In Absprache mit Disziplintrainer Thomas Kremer hat er mir dazu geraten, auch beim Europacup auszusetzen und mich ganz auf die Deutschen Meisterschaften zu konzentrieren.“
Europacup von zu Hause aus mitverfolgt
Anstelle der 28-Jährigen, die für die LG Weserbergland startet, nominierte der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) Katja Wakan (TV Wattenscheid 01) für die 4x100 Meter Europacup-Staffel nach. Cathleen Tschirch musste von zu Hause aus beobachten, wie die deutschen Sprinterinnen in 43,52 Sekunden hinter Russland, Großbritannien, Italien und der Ukraine den fünften Platz belegten.
„Ich habe schon mitverfolgt, was 'meine' Mädels beim Europacup gemacht haben. Man will natürlich gerne wissen, was da los ist, wenn man nicht dabei ist. Vor ein paar Tagen habe ich auch mit Thomas Kremer telefoniert, der mir berichtet hat, wie es gelaufen ist. Insgesamt habe ich mich aber vor allem auf mich selbst konzentriert. Für mich ist es jetzt wichtig, bei den Deutschen Meisterschaften eine gute Leistung zu bringen.“
Formtief im deutschen Frauensprint
Im Kampf um die Staffelplätze bei Olympia ist für die gebürtige Dresdnerin vermutlich von Vorteil, dass sich während ihrer kurzen Wettkampfpause auch die anderen Sprinterinnen des DLV schwer taten, überzeugende Leistungen anzubieten. „Sich darüber gar keine Gedanken zu machen, ist schwierig. Man fragt sich natürlich, woran das liegt. Ich denke schon, dass wir wirklich gut trainiert haben, und stelle jetzt nicht plötzlich alles, was wir gemacht haben, in Frage.“
Cathleen Tschirch selbst hat bisher aus dieser Saison eine 100 Meter-Zeit von 11,49 Sekunden zu Buche stehen, die nur sieben Hundertstelsekunden über ihrer persönlichen Bestleistung liegt. Auf ihrer Paradestrecke, den 200 Metern, führt sie zwar mit 23,53 Sekunden, gelaufen Ende Mai in Dessau, die deutsche Bestenliste an, ist aber fast sechs Zehntel von ihrer Leistung aus dem Vorjahr entfernt.
„Letztendlich kann ich nur für mich selbst sprechen. Mein erstes Rennen war gut, ich bin besser in die Saison eingestiegen als in den Jahren zuvor. In jedem Wettkampf gibt es Dinge, die positiv sind und Dinge, die nicht so gut laufen. Aber man weiß ja auch, dass es um Olympia geht, und ist deswegen umso motivierter. Es ist schade, dass man gerade in so einem Moment nicht das abrufen kann, was man eigentlich drauf hat.“
Dreifach-Start bei der DM?
In Nürnberg will die amtierende Deutsche 200 Meter-Meisterin über die 100 Meter und mit der 4x100 Meter-Staffel der LG Weserbergland an den Start gehen. Wenn alles gut läuft, soll auch eine Titelverteidigung über die doppelt so lange Sprintstrecke angepeilt werden. Der linke Fuß, in dessen Knochen sich ein Ödem eingelagert hatte, dürfte sie am kommenden Wochenende nicht mehr behindern.
„Genauso schnell, wie die Verletzung gekommen ist, ist sie eigentlich auch schon wieder auskuriert. Nach dem Verzicht in Regensburg habe ich ein wenig ruhiger trainiert und war auch in Hannover und Leverkusen in physiotherapeutischer Behandlung. Danach ging es dann eigentlich ganz normal weiter. Ich habe keine Schmerzen mehr im Fuß und konnte in letzter Zeit auch ganz gut trainieren.“
Vorfreude auf Nürnberg
Nun geht es darum, sich im easyCredit-Stadion für die Olympiastaffel zu empfehlen.
„Ich freue mich schon auf den Wettkampf. Im Moment sitze ich wie auf heißen Kohlen, um endlich wieder laufen zu können. In den letzten Jahren bin ich immer sehr, sehr gerne in Nürnberg an den Start gegangen. Das Publikum war immer toll. Der Niedersächsische Leichtathletik-Verband hat sich netterweise um unsere Unterkunft gekümmert, sodass die niedersächsischen Starter fast alle zusammen in einem Hotel sein werden. Das ist schön, da wir uns alle gut verstehen. Außerdem werden meine Eltern nach Nürnberg kommen, um mich zu unterstützen.“
Erst nach der Veranstaltung wird sich herausstellen, welche Sprinterinnen sich berechtigte Hoffnungen auf eine Nominierung für die 4x100 Meter-Staffel machen dürfen.
„Noch hat niemand einen Staffelplatz sicher. Wenn die Staffel zu den Olympischen Spielen mitgenommen wird, ist es gar keine Frage, dass dort die Besten laufen sollen. Und ich werde auf jeden Fall mein Bestes geben, um in der Staffel dabei zu sein. Man geht ja nie an den Start, um zu verlieren.“
leichtathletik.de begleitet im Olympiasommer mehrere deutsche Top-Athleten in der Serie "Zai Lu Shang Beijing" auf ihrem Weg nach China. Dort bekommen Sie Einblicke und erfahren, wie die Hoffnungsträger für die Spiele in Peking ihre Zeit verbringen, sich auf das Großereignis vorbereiten, was sie beschäftigt und bewegt.