Zielvereinbarungen: Lob und Verbesserungsbedarf
Die Zielvereinbarungen zwischen Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) und den Dachverbänden der olympischen Sportarten war besonders während der Olympischen Spiele in London (Großbritannien) verstärkt in die Kritik geraten. Die in den zurückliegenden Monaten erfolgten Zielvereinbarungsgespräche und die jetzt diskutierte Kategorisierung der Verbände wird von vielen Seiten befürwortet. Auch Thomas Kurschilgen, Sportdirektor im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), begrüßt die neuen Entwicklungen, sieht jedoch weiteren Handlungs- und Verbesserungsbedarf.

"Die Vereinbarungen für den Zyklus bis zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro haben eine ganz andere Qualität, sie sind deutlich differenzierter und in den Zielkategorien optimiert worden", sagte Thomas Kurschilgen gegenüber dem Sport-Informations-Dienst (sid).
Korridore für Medaillenpotenziale
Thomas Kurschilgen begrüßt, dass die Erfolgsziele auf der Grundlage von gemeinsam entwickelten Personal-, Organisations- und Leistungszielen unter Berücksichtigung der Athletenpotenziale vereinbart worden seien. Dabei sei der DOSB „vielen Expertisen aus den Spitzensportverbänden gefolgt.“
Der DLV-Sportdirektor nimmt eine verstärkte Akzeptanz darin wahr, dass Medaillenpotenziale in Korridoren dargestellt werden und dass das Risiko der Prognose-Unsicherheit berücksichtigt wurde.. „Leistungsverläufe von Spitzenathleten verlaufen innerhalb eines Zyklus nicht linear“, erklärt er.
Grundförderung reicht nicht aus
Kritisch sieht Thomas Kurschilgen jedoch die Mittel der Grundförderung für die Leichtathletik. Sie seien nicht ausreichend, um den Anforderungen des Spitzensports in der Leichtathletik gerecht zu werden, zumal das angewendete Berechnungsmodell für den DLV finanziell nicht vollumfänglich zum Tragen komme.
So sieht er bei allem Fortschritt noch immer Verbesserungsbedarf. "Der DOSB muss sich vor den Gesprächen über die Zielvereinbarungen und die Vergabe von Projektmitteln deutlich intensiver mit den Gesamtanforderungen für den Spitzensport in den Verbänden beschäftigen“ sagte Kurschilgen dem sid.
„Mir fehlt die hinreichende Analyse und Berücksichtigung der gesamten spitzensportlichen Anforderungen und ökonomischen Bedingungen für die Entwicklung einer Sportart im Mehrjahresverlauf im Kontext der spezifischen Wettbewerbs- und Leistungsdichte.“ Mit der bereits eingeleiteten Bedarfsabfrage sei der DOSB auf einem richtigen Weg.
Umfassende Analyse steht aus
Eine umfassende Analyse der gesamten Strukturelemente des Spitzensports und die Bewertung der Allokation der Mittelzuwendungen steht noch aus. “Das jährliche Verhandeln der Projektmittel muss kritisch hinterfragt werden, wenn der Spitzensport eine Verzahnung vielschichtiger Prozessverläufe hin zu den Olympischen in Rio 2016 erfordert“, erklärt Thomas Kurschilgen.
Er hoffe sehr, dass die Ergebnisse der Bedarfsabfrage zu einem weiteren konstruktiven Dialog zwischen den Spitzenfachverbänden, dem DOSB und dem Bundesinnenministerium führen werde.
Vier bis sechs Medaillen
Für die Sportart Leichtathletik hat sich der DLV gemeinsam mit dem DOSB für die Olympischen Spiele 2016 auf einen Medaillenkorridor von vier bis sechs Medaillen geeinigt. Diese Prognose berücksichtige das grundsätzliche Medaillenpotenzial der Sportart Leichtathletik im Weltmaßstab, erklärt Kurschilgen. Er weist aber auch darauf hin, dass sich Medaillenprognosen für jeden Spitzen-Fachverband als volatil erwiesen haben.
Die Veröffentlichung der Medaillenziele des gesamten deutschen Teams für Rio steht noch aus, ist aber angekündigt. Der DLV-Sportdirektor vertritt in dieser Frage eine eindeutige Position: „Wer öffentliche Gelder erhält ist zur Transparenz verpflichtet und muss ihr uneingeschränkt nachkommen.“
Thomas Kurschilgen würde sich wünschen, dass es zu einer dezidierteren Veröffentlichung der Zielvereinbarungen kommt, da nur so für Dritte zu erkennen sei, dass sich die Zielvereinbarungen nicht nur auf die benannten Erfolgskorridore zu den internationalen Meisterschaften beschränken. Er wisse aber auch, dass dies bei 27 Sommersportverbänden „ein kaum abbildbares Unterfangen“ sei.