Zukunftssorgen beim TV Wattenscheid
Es sieht nicht gut aus. „Dramatisch“ nennt Michael Huke die Situation gar. Er ist Vereinsmanager des TV Wattenscheid 01. Des Vereins, dessen Hauptsponsor, die Bochumer Stadtwerke, nach Luxus-Honorarzahlungen unter anderem an SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück heftig in der Kritik steht. Deshalb wollen sich die Stadtwerke Bochum nun im Sponsoring neu aufstellen. Und diese Pläne bedrohen die Leichtathletik in Wattenscheid.

25.000 Euro hat Peer Steinbrück für seinen Auftritt beim Atrium-Talk der Bochumer Stadtwerke bekommen. Den Talk haben die Stadtwerke inzwischen komplett eingestellt, Peer Steinbrück hat sein Honorar gespendet – aber die Diskussionen gehen weiter.
Kleiner geht kaum
4,5 Millionen Euro hat das Unternehmen zuletzt jährlich für Sponsoren-Aktivitäten ausgegeben. Zwei Millionen soll davon allein der Fußball-Zweitligist VfL Bochum bekommen haben. Doch jetzt muss gespart werden. „Das geht natürlich auch alles eine Nummer kleiner“, hatte Stadtwerke-Chef Bernd Wilmert im Dezember gesagt, als die Affäre um den Atrium-Talk ihren Höhepunkt erreicht hatte.
Nur: Kleiner geht es für den TV Wattenscheid kaum. „Dann wird es die Wattenscheider-Leichtathletik in ihrer aktuellen Form nicht mehr geben“, prophezeit Michael Huke. Das Sponsoring-Budget der Stadtwerke könnte bis 2016 um fast die Hälfte auf 2,4 Millionen Euro gekürzt werden. Über diesen Vorschlag sollen die Aufsichtsratsmitglieder Ende April abstimmen.
Taschengeld für Leichtathleten
71 Leichtathleten werden beim TV Wattenscheid finanziell unterstützt. Die meisten von ihnen nur mit geringen Beträgen. „Bei uns verdient ein Athlet im Jahr so viel wie ein VfL-Spieler in der Woche“, glaubt Huke. Die finanzielle Unterstützung sei lediglich dazu gedacht, dass die Sportler neben ihrem Studium, ihrer Ausbildung und dem Training nicht auch noch abends kellnern gehen müssten. Doch auch diese Mini-Beträge sind, wird das neue Konzept wirklich umgesetzt, nicht mehr drin.
Neben den Athleten beschäftigt der Verein 10 hauptamtliche und 15 nebenamtliche Trainer. Auch sie werden kaum zu halten sein. Und es geht nicht nur um das Leistungssport-Niveau. Rund 300 Kinder werden in Wattenscheid aktuell an die Leichtathletik herangeführt. „Wenn uns rund 45 Prozent der Fördermittel gestrichen werden, müssen wir auch Jugendbereich kürzen“, sagt Michael Huke.
Kein Ersatz in Sicht
Seit 2006 sponsert der städtische Energie-Versorger den TV Wattenscheid. In welcher Höhe? Das darf Michael Huke nicht verraten. Nur so viel: Es ist ein Betrag im sechsstelligen Bereich. „Da muss man erstmal einen Sponsor finden, der diese Lücke füllen könnte.“ So ein Sponsor ist derzeit nicht in Sicht.
„Dabei sind wir neben den Fußballern der letzte Leuchtturm, der Bochum noch nach außen hin präsentieren“, sagt Michael Huke und verweist auf die acht Olympia-Starter, die der TV Wattenscheid im letzten Jahr nach London (Großbritannien) geschickt hat.
Stillschweigend will der Manager das Schicksal seines Vereins, für den er früher selber als Sprinter gestartet ist, nicht hinnehmen. „Wir werden Gespräche mit den Aufsichtsratmitgliedern führen“, sagt er. „Der Leichtathletik-Standort Wattenscheid darf nicht sterben.“