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Weltrekorde, Olympiasiege, „Mond-Landung“: Eliud Kipchoge im Ziel seiner Karriere

© Michael Gruber/Vienna City Marathon
Eliud Kipchoge hat seine einmalige leistungssportliche Karriere beim New York-Marathon am vergangenen Sonntag beendet. Der inzwischen 41-jährige Kenianer war bei dem Rennen nach 2:14:36 Stunden im Ziel und hatte damit Rang 17 belegt. Sein letztes Weltklasserennen war Eliud Kipchoge vor gut zwei Jahren in Berlin gelaufen, wo er bei seinem fünften Sieg in der deutschen Hauptstadt 2:02:42 Stunden erreichte. Seine internationale Karriere begann bereits vor mehr als 20 Jahren 2003 bei der WM in Paris .Dem Laufen wird Eliud Kipchoge weiter verbunden bleiben.
Jörg Wenig

Eliud Kipchoge ist sicherlich der größte Marathonläufer aller Zeiten. Zweimal stellte er über die klassische Distanz einen Weltrekord auf, in einem nicht Rekord-konformen Rennen durchbrach er in Wien zudem als Erster die Zwei-Stunden-Barriere und zweimal wurde er Olympiasieger. Nur zwei andere Läufer hatten vor ihm in der mehr als 125-jährigen olympischen Marathon-Geschichte zweimal Gold gewonnen: Der Äthiopier Abebe Bikila (1960, 1964) und Waldemar Cierpinski, der im Trikot der DDR 1976 und 1980 triumphierte.

Von Anfang 2014 bis Herbst 2020 blieb Eliud Kipchoge im Marathon ungeschlagen. In dieser Zeit gewann er ein Dutzend Rennen in Folge. Seine läuferisch beste Leistung dürfte das Rennen unter zwei Stunden in Wien 2019 gewesen sein. Fünfmal lief Eliud Kipchoge regulär unter 2:03:00 Stunden – das hat bis heute kein anderer Läufer geschafft. Der spätere Ausnahmeläufer wurde in Kapsisiywa im Nandi District geboren, wo seine Eltern als Farmer arbeiteten. Wie viele andere kenianische Weltklasseläufer schuf Eliud Kipchoge die Grundlage für seine Karriere unbewusst, indem er täglich zur Schule und zurück rannte.

Mit dem WM-Triumph 2003 fing alles an

Eliud Kipchoge produzierte erstmals bereits im Alter von nur 18 Jahren internationale Schlagzeilen: Bei den Weltmeisterschaften 2003 in Paris sorgte er über 5.000 Meter für eine Sensation. Nicht nur gewann er mit 12:52,79 Minuten die Goldmedaille, sondern er besiegte dabei auch ganz knapp die beiden ganz großen Favoriten über diese Distanz: Hicham El Guerrouj (Marokko; 12:52,83 min) und Kenenisa Bekele (Äthiopien; 12:53,12 min). Zuvor hatte Kipchoge bereits eine Goldmedaille bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften in der U20-Klasse gewonnen. Während seiner Karriere als Bahn-Langstreckler erzielte er sehr schnelle persönliche Bestzeiten über 5.000 Meter (12:46,53 min) und 10.000 Meter (26:49,02 min). Im Halbmarathon, den er nur selten lief, erreichte er 59:25 Minuten.

Doch der Marathon wurde zu seiner mit Abstand stärksten Disziplin. Hier setzte Eliud Kipchoge Maßstäbe. Der Kenianer konzentrierte sich lange Zeit mit enormen Erfolg ausschließlich auf die klassische Distanz. Sein letztes Rennen über eine kürzere Strecke lief er 2016. Bei seinem Marathon-Debüt gewann er 2013 in Hamburg mit einem Streckenrekord von 2:05:30 Stunden, der erst neun Jahre später, im Zeitalter der Carbon-Laufschuhe, gebrochen wurde. Nach seinem ersten von vier Siegen beim hochkarätigen London-Marathon 2015 wollte Eliud Kipchoge im gleichen Jahr in Berlin den Weltrekord brechen. Doch Schuhprobleme – seine Innensohlen hatten sich gelöst und hingen halb aus den Schuhen heraus – machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Die Bilder von seinem Malheur gingen um die Welt.

Nach Olympiasieg in Rio folgt erster „Sub2-Anlauf“

Nach einem souveränen Olympia-Sieg in Rio 2016 startete Eliud Kipchoge 2017 einen für damalige Verhältnisse unglaublichen Versuch, die Zwei-Stunden-Marke im Marathon zu unterbieten. Damals stand der Weltrekord noch bei 2:02:57 Stunden. In einem nicht Rekord-konformen Rennen auf dem Formel-1-Kurs in Monza fehlten ihm nur 26 Sekunden. Bei der nächsten offiziellen Weltrekordjagd in Berlin hatte er 2017 erneut Pech: Starke Regenfälle ließen den Rekordversuch buchstäblich ins Wasser fallen. Kipchoge verpasste die Marke seines Landsmannes Dennis Kimetto mit 2:03:32 Stunden um 35 Sekunden.

Nie zuvor war ein Athlet bei so schlechten Bedingungen derart schnell gelaufen. 2018 schließlich brach Eliud Kipchoge den Weltrekord im dritten Versuch in Berlin. Mit einer Fabelzeit von 2:01:39 Stunden hatte er die Bestzeit von Kimetto gleich um 1:18 Minuten verbessert. Es war die größte Steigerung des Männer-Weltrekordes im Marathon seit mehr als 50 Jahren.

Unter zwei Stunden in Wien, zweiter Olympiasieg in Tokio

Als Olympiasieger und Weltrekordler suchte Eliud Kipchoge eine andere Herausforderung: Das Unterbieten der Zwei-Stunden-Barriere rückte ein zweites Mal in den Fokus. Und dieses Mal gelang das Vorhaben. Im Wiener Prater lief Eliud Kipchoge im Oktober 2019 exakt 1:59:40,2 Stunden – eine Leistung, die als „Kipchoges Mond-Landung“ bezeichnet wurde und weltweit für Schlagzeilen sorgte. Diese Zeit gilt für ihn selbst als seine persönliche Bestzeit, auch wenn sie nicht unter Rekord-konformen Bedingungen erzielt wurde und dadurch nicht offiziell anerkannt werden konnte. 

Während der Corona-Pandemie gewann Eliud Kipchoge 2021 im japanischen Sapporo überlegen seine zweite olympische Marathon-Goldmedaille. Ein Jahr später startete er in Berlin überraschend einen Angriff auf die Zwei-Stunden-Barriere unter rekord-konformen Bedingungen. Nach einer Halbmarathon-Durchgangszeit von 59:51 Minuten lag er noch bis ungefähr 25 Kilometer auf Kurs für diese Traum-Zeit. Doch ohne Tempomacher konnte er im letzten Drittel des Rennens das Tempo nicht mehr halten. Dennoch brach er mit 2:01:09 Stunden seinen eigenen Weltrekord und verbesserte die Bestzeit um genau 30 Sekunden. Es ist bis heute die zweitbeste Marathonzeit, nur der im Februar 2024 bei einem Autounfall verstorbene Kelvin Kiptum war 2023 in Chicago mit 2:00:35 Stunden schneller.

18 Siege in 26 Marathons

Ein Jahr später qualifizierte sich Eliud Kipchoge in Berlin mit 2:02:42 Stunden mit einem weiteren Sieg für die Olympischen Spiele 2024, doch es reichte in Paris nicht zu einem historischen dritten Marathon-Gold. Es ist der einzige seiner 26 Marathons, den er nicht beendete. Im Frühjahr 2025 wurde er in London mit 2:05:25 Stunden noch einmal Sechster. Mit dem Rennen am Sonntag in New York finishte er übrigens ganz neben bei alle sieben World Marathon Majors in London, Berlin, Chicago, Boston, New York, Tokio und Sydney. Nur die Rennen in Boston, New York und Sydney, die letzten beiden zum Ende seiner Karriere, hat er nicht gewonnen.

2018 und 2019 wurde Eliud Kipchoge zum Welt-Leichtathleten des Jahres gewählt, 2019 erhielt er die Auszeichnung „Laureus Academy Exceptional Achievement“. Gegenüber der Internetseite olympics.com antwortete der Kenianer auf die Frage, ob das Rennen in New York sein letzter Elite-Marathon sei: „Ja, absolut!“ Eliud Kipchoge will aber auch in Zukunft weiter laufen und bei diversen Marathonrennen an den Start gehen. Der Ausnahmeläufer initiierte außerdem Eliud’s Running World. Mit diesem Projekt will der Kenianer die Menschen zum Laufen bewegen und auf das Bewusstsein für globale Herausforderungen schärfen.

Von 2013 bis 2025: Eliud Kipchoges Marathon-Karriere

2013 | 1. Hamburg-Marathon 2:05:30
2013 | 2. Berlin-Marathon 2:04:05
2014 | 1. Rotterdam-Marathon 2:05:00
2014 | 1. Chicago-Marathon 2:04:11
2015 | 1. London-Marathon 2:04:42
2015 | 1. Berlin-Marathon 2:04:00
2016 | 1. London-Marathon 2:03:05
2016 | 1. Olympische Spiele, Rio 2:08:44
2017 | 1. Monza „Breaking 2“ 2:00:25 * 
2017 | 1. Berlin-Marathon 2:03:32
2018 | 1. London-Marathon 2:04:17
2018 | 1. Berlin-Marathon 2:01:39 (WR)
2019 | 1. London-Marathon 2:02:37
2019 | 1. Wien „Ineos 1:59 Challenge“ 1:59:40,2 *
2020 | 8. London-Marathon 2:06:49
2021 | 1. Enschede-Marathon 2:04:30
2021 | 1. Olympische Spiele, Sapporo 2:08:38
2022 | 1. Tokio-Marathon 2:02:40
2022 | 1. Berlin-Marathon 2:01:09 (WR)
2023 | 6. Boston-Marathon 2:09:23
2023 | 1. Berlin-Marathon 2:02:42
2024 | 10. Tokio-Marathon 2:06:50
2024 | Olympische Spiele, Paris DNF
2025 | 6. London-Marathon 2:05:25
2025 | 9. Sydney-Marathon 2:08:31
2025 | 17. New York-Marathon 2:14:36

* = nicht rekordkonform 

Foto: Das Bild zeigt Eliud Kipchoge 2019 in Wien, als er nach dem ersten Marathon unter zwei Stunden von Tempomachern und Organisatoren auf Schultern getragen wird.

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