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Hallen-DM 2018 Dortmund: Die große Vorschau der Männer

Alle Wettbewerbe, mit den Titelverteidigern, Jahresbesten und Favoriten auf einen Blick: Wir präsentieren die große DM-Vorschau auf Dortmund. Heute: die Entscheidungen der Männer.
Alexandra Dersch / Silke Bernhart

Ausverkauftes Haus: Die Deutschen Hallenmeisterschaften am kommenden Wochenende (17./18. Februar) in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle schicken sich an, der würdige Höhepunkt des nationalen Leichtathletik-Winters zu werden. Neben Gold, Silber und Bronze geht es zudem um die letzten Tickets für die Hallen-Weltmeisterschaften in Birmingham (Großbritannien; 1. bis 4. März) und auch schon um eine erste Standortbestimmung mit Blick Richtung Sommer, wenn die heißersehnten Europameisterschaften im eigenen Land, in Berlin, stattfinden. Wer sind in Dortmund die klaren Favoriten? Die Newcomer? Die Geheimtipps? In unserer großen Vorschau der Männer werfen wir einen Blick darauf.

60 Meter

Peter Emelieze rüttelt am Thron von Julian Reus

Julian Reus ist der schnellste Mann Deutschlands. Doch in diesem Winter droht sein Thron zu wackeln. Der Kölner Peter Emelieze, der wie Reus bereits die Norm für die Hallen-WM in der Tasche hat, präsentiert sich derzeit mindestens als ebenbürtig und konnte Julian Reus im direkten Duell in diesem Winter auch schon schlagen. Kein Wunder also, dass Reus mit seinen bisherigen Auftritten in der Halle meist nicht zufrieden war und nur darauf wartet, dass der Knoten endlich platzt. Denn die Zubringerwerte stimmen, die Form ist da. Wenn er sie auf die Bahn bringt, kann es wieder Richtung Deutscher Rekord von 6,52 Sekunden gehen. Um die Medaillen kämpft auch Deutschlands selbsternannter schnellster Hobbysprinter. Michael Pohl (Sprintteam Wetzlar) ist bei der Hochschul-DM mit 6,70 Sekunden nur um eine Hundertstel an seiner Bestzeit aus dem vergangenen Jahr vorbeigeschrappt. Dass er ein Meisterschaftstyp ist, hat er im vergangenen Sommer mit seiner Silbermedaille bereits unter Beweis gestellt.

Hallen-WM-Norm: 6,63 sec
Titelverteidiger: Michael Bryan (LC Rehlingen)
Jahresbester: Julian Reus (LAC Erfurt; 6,60 sec)

200 Meter

Maurice Huke mit guten Karten

Seit 2013 hat der Deutsche Meister über die Hallenrunde immer ein blauweißes Trikot getragen. Und auch in Dortmund stehen die Chancen gut für die Wattenscheider, die keine weite Anreise habe. Beste Karten scheint, der letzten Wettkämpfe nach zu urteilen, Maurice Huke zu haben. Für den 24-Jährigen, der in der Vergangenheit immer wieder vom Verletzungspech heimgesucht wurde, wäre es der erste DM-Titel überhaupt, nachdem er im vergangenen Jahr bereits Silber über 60 Meter und Bronze über 200 Meter geholt hatte. Titelverteidiger Robin Erewa (TV Wattenscheid 01) hat in diesem Jahr nur über die kürzeren 60 Meter gemeldet.

Hallen-WM-Norm: kein Hallen-WM-Wettbewerb
Titelverteidiger: Robin Erewa (TV Wattenscheid 01)
Jahresbester: Maurice Huke (TV Wattenscheid 01; 21,06 sec)

400 Meter

Absagenflut spielt Marvin Schlegel in die Karten

Er ist erst 20 Jahre jung und trotzdem ein heißer Tipp auf den DM-Titel: Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz) schickt sich an, nach Silber im Vorjahr, den Sprung ganz nach oben aufs das Treppchen zu schaffen. Der Teilnehmer der Hallen-EM profitiert dabei aber auch von einigen Absagen, denn viele bekannte Namen fehlen. So wie etwa der Deutsche Freiluftmeister Johannes Trefz (LG Stadtwerke München), der aufgrund seiner Größe auf die Hallensaison verzichtet. Titelverteidiger Marc Koch (LG Nord Berlin) startet in der Halle nur über 60 Meter und konzentriert sich ansonsten schon ganz auf den Formaufbau mit Blick auf den EM-Sommer und Alexander Gladitz (Hannover 96), der Hallenmeister des Jahres 2015, will nach Verletzungsproblemen nichts überstürzen.

Hallen-WM-Norm: 46,70 sec
Titelverteidiger: Marc Koch (LG Nord Berlin)
Jahresbester: Marvin Schlegel (LAV Erdgas Chemnitz; 47,40 sec)

800 Meter

Marc Reuther und die fehlende Hundertstel

Wagt Marc Reuther noch einen letzten Angriff auf die Norm für die Hallen-WM? Um die Winzigkeit von einer Hundertstel hat der 21-jährige Wiesbadener die Zeit von 1:46,50 Minuten bislang verpasst. Es könnte sein erster Titel bei den Aktiven werden. Allerdings ist gerade die vierfache Hallenrunde gerade bei taktisch geprägten Meisterschaften eine Wundertüte. So siegte etwa im vergangenen Jahr völlig überraschend der Leipziger Robert Farken. Nach einem Muskelfaserriss kann er am Wochenende allerdings nicht ins Geschehen eingreifen. Reuthers ärgster Konkurrent im Kampf um den Titel dürfte Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe) werden, er konnte bereits im vergangenen Silber mit nach Hause nehmen.

Hallen-WM-Norm: 1:46,50 min
Titelverteidiger: Robert Farken (SC DHfK Leipzig)
Jahresbester: Marc Reuther (Wiesbadener LV; 1:46,51 min)

1.500 Meter

Offenes Rennen um die Medaillen

Ein Rennen, in dem die Tagesform entscheiden dürfte, denn einen klaren Favoriten, den gibt es nicht. Titelverteidiger Marius Probst ist in diesem Winter zumindest über die 1.500 Meter noch nicht richtig ins Rollen gekommen, kann in einem langsamen und von Taktik geprägten Meisterschaftsrennen mit seiner starken Spurtqualität auf den letzten Metern enorm gefährlich werden. Zuletzt meldete auch Martin Sperlich (VfB LC Friedrichshafen), der nach einer Verletzung im vergangenen Sommer sein Comeback gibt, mit Bestzeit in Düsseldorf Ansprüche auf die Medaillenplätze an. Der bis dato jahresschnellste Deutsche Clemens Bleistein (LG Stadtwerke München) will sich in Dortmund voll auf die 3.000 Meter konzentrieren.

Hallen-WM-Norm: 3:39,50 min
Titelverteidiger: Marius Probst (TV Wattenscheid 01)
Jahresbester: Clemens Bleistein (LG Stadtwerke München; 3:41,53 min)

3.000 Meter

Richard Ringer gefordert wie selten

Der Dritte der Hallen-EM Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen) musste seinen Start in die Hallensaison aufgrund einer Erkältung verschieben. In Düsseldorf fehlten in 7:54,07 Minuten noch einige Körner zum Richtwert für Birmingham. "100 Prozent fit werden" lautete anschließend die Devise. In Liévin (Frankreich) unernimmt er am Dienstag einen weiteren Normangriff, um sich in Dortmund ganz dem Unternehmen Titelverteidigung zu widmen. Vorgelegt hat derweil Clemens Bleistein aus München, der mit 7:51,51 Minuten sowohl eine neue Bestzeit als auch die Hallen-WM-Norm nach Dortmund mitbringt. Und auch Timo Benitz (LG farbtex Nordschwarzwald) hat schon am Thron von Richard Ringer gerüttelt, er musste den zuletzt besten deutschen Langstreckler in Düsseldorf erst auf der letzten Runde ziehen lassen. Es bahnt sich eine spannende Entscheidung an!

Hallen-WM-Norm: 7:52,00 min
Titelverteidiger: Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen)
Jahresbester: Clemens Bleistein (LG Stadtwerke München; 7:51,51 min)

60 Meter Hürden

Erik Balnuweit vor seinem siebten Titel

Die Halle ist sein Terrain. Seit 2013 heißt der Deutsche Hallenmeister ununterbrochen: Erik Balnuweit. Ob der Wattenscheider in diesem Jahr Goldmedaille Nummer sechs in Folge und Nummer sieben unterm Hallendach abräumt? Die Chancen stehen gut, reist der Sechste der Hallen-WM 2013, der die Norm für die Hallen-WM bereits unterbieten konnte, doch als jahresschnellster Deutsche nach Dortmund. Doch: Der Ingolstädter Maximilian Bayer ist in Schlagdistanz. Im vergangenen  Jahr musste er sich noch mit Bronze bei der Hallen-DM zufrieden geben. Freiluft-Meister Matthias Bühler (LG Eintracht Frankfurt) lässt hingegen schon in gewohnter Manier die Hallensaison aus und bereitet sich in den USA auf den Sommer vor, und auch Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) plant seit seinem Standortwechsel nach Leipzig nur mit dem EM-Sommer.

Hallen-WM-Norm: 7,70 sec
Titelverteidiger: Erik Balnuweit (TV Wattenscheid 01)
Jahresbester: Erik Balnuweit (TV Wattenscheid 01; 7,60 sec)

4x200 Meter

Wattenscheid gegen den Rest der Nation

Wer kann den TV Wattenscheid 01 schlagen? Die Frage stellt sich bei Deutschen Hallenmeisterschaften von Jahr zu Jahr. Und in 14 von 16 Fällen lautete die Antwort zuletzt: keiner. Mit vier Sprintern in den Top Ten der aktuellen deutschen 200 Meter-Bestenliste und Maurice Huke an der Spitze scheint der Titel auch in diesem Jahr wieder für die Blau-Weißen reserviert zu sein, zumal sich bisher keine andere Staffel mit herausragenden Zeiten in den Vordergrund schieben konnte. Aber: der Stab muss erst einmal ins Ziel. Wenn das misslingt, stehen wohl besonders die Quartette aus Leverkusen und München in Lauerstellung auf den Titel. Auch die LG Rhein-Wied dürfte zu beachten sein.

Hallen-WM-Norm: kein Hallen-WM-Wettbewerb
Titelverteidiger: TV Wattenscheid 01
Jahresbester: LG Stadtwerke München (1:27,22 min)

Hochsprung

Zweikampf in Richtung 2,30 Meter?

Zwei Springer haben aus deutscher Sicht die beiden vergangenen Jahre dominiert: Eike Onnen (Hannover 96) als EM-Dritter 2016 und der WM-Fünfte von 2017 aus Leverkusen Mateusz Przybylko. Noch sind beide nicht auf dem Freiluft-Niveau angekommen. Vielleicht ist die 2,30-Meter-Marke ja in Dortmund fällig. Vorgelegt hat mit 2,28 Metern Mateusz Przybylko, er nimmt Anlauf auf seinen vierten Titel in Folge und vielleicht auch noch auf die Hallen-WM-Norm von 2,33 Meter. Dass er in den Kampf um die Medaillen eingreifen kann, hat zuletzt mit 2,22 Metern auch der Münchner Tobias Potye unter Beweis gestellt. Mehrkämpfer Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) will im Feld der Spezialisten Wettkampf-Härte für Birmingham tanken – und ist zudem im Weitsprung und für die Staffel gemeldet.

Hallen-WM-Norm: 2,33 m
Titelverteidiger: Mateusz Pzrybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Jahresbester: Mateusz Pzrybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen; 2,28 m)

Stabhochsprung

Spannung pur mit Raphael Holzdeppe an der Spitze

Der Stabhochsprung der Männer könnte zu einem der Höhepunkte der Hallen-DM werden. Denn es gilt gleich einige spannende Fragen zu beantworten: Kann Raphael Holzdeppe an den Höhenflug von Karlsruhe anknüpfen, wo er mit 5,88 Metern vorübergehend die Weltspitze erobert hatte? Oder fordert ihn wie schon im Freien der erst 18-jährige Deutsche Meister Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) heraus? Wackelt der deutsche U20-Hallenrekord von 5,68 Metern, der (noch) in den Händen von Holzdeppe ist? Kann Gordon Porsch (LG ovag Friedberg-Fauerbach) nach seiner Steigerung auf 5,61 Meter sogar nach den Medaillen greifen? Und was machen die Leverkusener Karsten Dilla und Tobias Scherbarth? Für reichlich Brisanz ist gesorgt. Die Antworten gibt's am Sonntag ab 13:45 Uhr!

Hallen-WM-Norm: 5,78 m
Titelverteidiger: Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken)
Jahresbester: Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken; 5,88 m)

Weitsprung

Julian Howard und der Kampf mit dem Brett

Der bisher beste deutsche Weitspringer des Jahres fehlt: Max Heß aus Chemnitz setzt auf seine Paradedisziplin, den Dreisprung. Er ist bisher der Einzige, der in diesem Jahr die Acht-Meter-Marke überbieten konnte. Vielversprechende Versuche hat auch Titelverteidiger Julian Howard (LG Region Karlsruhe) schon gezeigt, doch die waren übergetreten. Trifft er das Brett, dürfte er in Dortmund schwer zu schlagen sein. Zu den Herausforderern zählen Ituah Enahoro, Zehnkämpfer vom LAV Bayer Uerdingen/Dormagen, der sich im Januar auf 7,78 Meter gesteigert hat, und Stephan Hartmann (LG Nord Berlin; 7,68 m). Björn Ole Klehn (LAV Ribnitz-Damgarten/Sanitz), jüngst auf 7,71 Meter verbessert, studiert in den USA und ist nicht für die Hallen-DM gemeldet. Außer Konkurrenz nehmen auch die Paralympics-Athleten Markus Rehm und Felix Streng aus Leverkusen Anlauf.

Hallen-WM-Norm: 8,19 m
Titelverteidiger: Julian Howard (LG Region Karlsruhe)
Jahresbester: Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz; 8,00 m)

Dreisprung

Max Heß einsamer Jäger der 17 Meter

Bei seinem Heimspiel in Chemnitz konnte sich Max Heß am Wochenende schon einmal warm springen. Er landete bei 16,68 Metern. Es war die letzte Bestägigung: Der Europameister ist fit. Das Hallen-DM-Gold praktisch seins. Denn: Während der 21-Jährige als nächstes Sprünge in Richtung 17 Meter anpeilt, müht sich die Konkurrenz zurzeit noch vergeblich an der 16-Meter-Marke. Für Max Heß gilt es daher für Dortmund besonders, Routine zu sammeln und den Anlauf zu festigen, um zwei Wochen später zur Hallen-WM topfit zu sein – die Norm bringt er aus dem Vorjahr mit. Dahinter hat der Münchner Paul Walschburger (15,87 m) zuletzt den besten Eindruck hinterlassen. Vielleicht beflügelt der recht offene Kampf um Silber und Bronze ja den ein oder anderen zum ersten 16-Meter-Sprung!

Hallen-WM-Norm: 17,05 m
Titelverteidiger: Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz)
Jahresbester: Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz; 16,68 m)

Kugelstoßen

Platzt der Knoten bei David Storl?

Noch ist David Storl (SC DHfK Leipzig) nicht dort, wo er gerne sein möchte. Der Dritte der letztjährigen Hallen-EM musste eine Weile aufgrund von Rückenproblemen kürzer treten, bei seinen zwei Auftritten der Hallensaison flog die Kugel noch nicht über die 21 Meter-Marke. Stöße in diese Region wird er anbieten wollen, um sich konkurrenzfähig für die Hallen-WM zu präsentieren. Für diese hat er die Norm im Jahr 2017 erfüllt. Einziger weiterer 20-Meter-Stoßer des Jahres: Patrick Müller. Der junge Neubrandenburger hat seine neue Drehstoß-Technik aber noch nicht so gefestigt, dass er sicher mit einer Medaille liebäugeln kann. Denn auch Tobias Dahm (VfL Sindelfingen) hat nach seinem Achillessehnen-Riss zuletzt gute Fortschritte gemacht, und 19 Meter kann eine ganze Reihe weiterer Athleten stoßen.

Hallen-WM-Norm: 20,80 m
Titelverteidiger: David Storl (SC DHfK Leipzig)
Jahresbester: David Storl (SC DHfK Leipzig; 20,58 m)

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