| Interview der Woche

Merlin Hummel: „Ich gebe mich niemals mit einer Weite zufrieden“

Meister mit dem 6-Kilo-Hammer: Im Winterwurf von Neubrandenburg triumphierte Merlin Hummel (UAC Kulmbach) mit einer Bestweite von 76,95 Meter und näherte sich bis auf drei Meter dem deutschen U20-Rekord von dem inzwischen nicht mehr aktiven Hannoveraner Alexej Mikhailov. Im Interview spricht der EYOF-Zweite unter anderem über den deutschen Jugendrekord, Reserven – und Simon Lang als Wegbereiter in den Hammerwurf.
Sandra Arm

Merlin Hummel, herzlichen Glückwunsch zu dieser Topweite und zum Titelgewinn. Hat Sie ihre Leistung selbst überrascht?

Merlin Hummel:

Ich wusste, dass ich mich in einer guten Form befinde. Von der Leistung wäre für mich alles im Bereich meiner bisherigen Weiten im Winter schon gut gewesen. Gerechnet hätte ich nicht damit, dass gleich der erste Wurf der beste sein sollte. In den Wettkampf gehe ich allgemein mit der Einstellung: Ich lasse mich überraschen. Aber ich weiß, was ich bringen kann. In diesem Wettkampf habe ich dann alles bestätigt.

Ihnen gelang die Bestweite gleich zum Auftakt. Wie haben Sie darauf reagiert?

Merlin Hummel:

Was dachte ich mir? Im Wettkampf bekomme ich gar nicht so viel mit. Ich befinde mich im Tunnel, bin extrem fokussiert auf den nächsten Wurf sowie die Technikanalyse vom Trainer. Ich gebe mich niemals mit einer Weite zufrieden. Das sollte ich auch nicht, sonst ruhe ich mich zu sehr darauf aus und es würde mir gerade bei größeren Wettkämpfen schwerfallen, mich weiter zu steigern.

Sind Sie jemand für den ersten oder doch eher für den letzten Versuch?

Merlin Hummel:

Meine besten Weiten habe ich zuletzt immer in den ersten drei Würfen erzielt. Wie zum Beispiel beim EYOF in Baku, als der zweite Wurf saß. Wenn ich weiß, ich habe den ersten Wurf schon ordentlich gemeistert, dann ist es auch gleichzeitig eine gute Platzierung. Aus dieser Position ist es für mich einfacher, mich im Wettkampf weiter zu steigern.

Wie können Sie sich für die weiteren Würfe motivieren, um noch Meter draufzupacken?

Merlin Hummel:

In diesen Momenten spielt der psychische Faktor eine wichtige Rolle sowie die Erfahrung von anderen Wettkämpfen. Beim EYOF in Baku wollte ich dann auch mehr. Es war einfach der Reiz noch größer, weil ein anderer Athlet dabei war, der noch mal weiter geworfen hat. Ich setze mir dann automatisch höhere Ziele. In Neubrandenburg habe ich jeden Versuch genutzt, um mich zu verbessern. Das hat zwar nicht geklappt, aber es ist zumindest psychisch ganz gut gelaufen.

Hat sich solch eine Weite womöglich schon im Training oder in einem der letzten Wettkämpfe angedeutet?

Merlin Hummel:

Bei den Bayerischen Meisterschaften im Winterwurf in Wiesau kam ich zuletzt auf 75,63 Meter. Bei diesem Wettkampf hat sich schon herausgestellt, dass das Aufbautraining gut fruchtet. Dass ich meine Trainingsleistung jetzt so gut im Wettkampf abrufen konnte, freut mich natürlich.

Haben Sie im Training etwas verändert?

Merlin Hummel:

Wir haben durch das Aufbautraining eine sehr gute Basis gelegt. Jetzt ist es mit dem Explosivkrafttraining mehr dem Wettkampf angepasst. Mein Trainer und ich haben so gut wie immer gearbeitet. Vielleicht noch ein bisschen besser – und können damit sehr zufrieden sein.

Sie befinden sich im ersten U20-Jahr. Was können wir im Sommer von Ihnen erwarten?

Merlin Hummel:

Wie gesagt, ich lasse mich immer überraschen (lacht). Wenn das Training weiterhin so gut und verletzungsfrei verläuft, dann kann ich im Sommer noch ein paar Meter draufpacken.

Gutes Stichwort: Der deutsche U20-Rekord liegt aktuell bei 79,96 Meter. Denken Sie darüber nach?

Merlin Hummel:

Es wäre auf jeden Fall ein Ziel. Aber die Hauptziele sind, dass ich gesund durch den Sommer komme und mich für die U20-WM in Nairobi qualifiziere. Wenn man beides miteinander verbinden könnte, wäre das sicherlich top.

Ist der Rekord bei Ihnen überhaupt präsent?

Merlin Hummel:

Was kommt, kommt – das ist meine Einstellung. Ich fokussiere mich immer auf die Weiten der Gegner, um mich konstant zu steigern. Wenn ich ihn werfe, ist es super. Wenn nicht, versuche ich es nächstes Jahr wieder.

Der perfekte Wurf wird es sicherlich noch nicht gewesen sein. Im welchen Bereichen sehen Sie für sich noch Optimierungsbedarf?

Merlin Hummel:

Nein, das war er tatsächlich noch nicht. Insbesondere im Sommer kann ich noch mehr Schnelligkeit, Muskelmasse und Kraft zulegen. Ich arbeite konstant an der Technik, wo ich mich stetig verbessern kann. Darüber hinaus gibt es weitere Reserven, die ich nicht beeinflussen kann. Wie das Wetter. In Neubrandenburg hatte ich im vierten Durchgang einen Wurf, bei dem dachte ich, dass er noch mal weiter war. Das täuschte, weil es an der Anlage recht windig war.

Wie mögen Sie die Bedingungen am liebsten?

Merlin Hummel:

Am besten gefallen mit 20 Grad, ein schönes Stadion, ein perfekter Ring und die dazu passenden Schuhe. Das hat man in den wenigsten Fällen. Daher versuche ich das Beste aus der gegebenen Situation herauszuholen.

Was reizt Sie am Hammerwurf?

Merlin Hummel:

Das entscheidet jeder individuell, dem einen gefällt Fußball, dem anderen Tennis. Ich habe den Hammerwurf vor sieben, acht Jahre für mich entdeckt. Ich habe Simon Lang gesehen und wollte es ihm nachmachen. Bis jetzt und auch in der Zukunft wird es mir hoffentlich weiterhin viel Spaß machen.

Mehr:

Jugend-Winterwurf-DM am Sonntag: Merlin Hummel nähert sich dem U20-Rekord

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