| Interview der Woche

Miriam Dattke: „Das Marathon-Debüt im Frühjahr wäre ein Testlauf für mich“

Langstrecklerin Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg) hatte 2020 mit einigen Verletzungen zu kämpfen. Trotzdem konnte sich die 22-Jährige im Halbmarathon auf starke 69:42 Minuten verbessern. Im Interview spricht die Läuferin über das schwierige Jahr, Weihnachten mit der Familie und wie sie ein mögliches Marathon-Debüt im Frühjahr in Angriff nimmt.
Martin Neumann

Miriam Dattke, es sind nur noch wenige Tage bis Heiligabend. Sind Sie schon in Weihnachtsstimmung?

Miriam Dattke:

Ja, auf jeden Fall. Ich muss noch Geschenke verpacken und Plätzchen backen, da kommt schon Weihnachtsstimmung auf. Komplett in Weihnachtsstimmung bin ich dann aber erst, wenn ich bei meiner Familie in Berlin bin.

Auf welche Plätzchen darf sich denn Ihre Familie freuen?

Miriam Dattke:

Als Nächstes stehen Vanillekipferl und Nutellaplätzchen auf dem Programm.

Dürfen Sie als Langstrecklerin überhaupt naschen?

Miriam Dattke:

Na klar, schließlich verbrenne ich beim Training ja jede Menge Kalorien. Da ist Naschen schon erlaubt (lacht). Generell backe ich gern und nasche dabei natürlich auch.

Haben Sie bestimmte Wünsche für Weihnachten?

Miriam Dattke:

Ich freue mich einfach unheimlich darauf, meine Familie zu sehen. Ich feiere in Berlin mit meinen Eltern und meinen drei jüngeren Brüdern. Dieses Jahr habe ich sie nur zweimal gesehen. Wenn es um Wünsche geht, dann würde ich mich über Küchenutensilien zum Kochen und Backen freuen.

Sie haben sich ja schon im November selbst beschenkt. Beim Halbmarathon in Dresden haben Sie sich um fast zwei Minuten auf 69:42 Minuten gesteigert und den deutschen U23-Rekord von Alina Reh nur um elf Sekunden verpasst. Haben Sie im Vorfeld mit einer solchen Zeit gerechnet?

Miriam Dattke:

Ich wollte eine Zeit Richtung 70 Minuten laufen. Aber dass es dann deutlich unter 70 Minuten wird, konnte man nicht erwarten. Das Tempo war zu Beginn auch nicht richtig schnell. Erst zum Schluss ging die Post ab.

Können Sie den Rennverlauf in Dresden für uns noch etwas genauer analysieren?

Miriam Dattke:

In der ersten Hälfte habe ich versucht, das Tempo Richtung 70 Minuten zu halten. Das war nicht einfach, da es kalt und windig war. In der zweiten Rennhälfte habe ich irgendwann die Schwedin Sarah Lahti in der Ferne gesehen, die deutlich schneller als ich angelaufen ist. An ihr habe ich mich orientiert und konnte mich immer mehr an sie heranarbeiten. Da war mir klar, dass ich nicht schlecht unterwegs war. Als ich sie dann eingeholt hatte, ging es darum, das Rennen zu gewinnen. Das direkte Duell liegt mir, ich finde es viel spannender als ein Rennen gegen die Uhr. Auf den letzten Kilometern bin ich richtig ins Fliegen gekommen, das war ein tolles Gefühl.

Der Halbmarathon war der Höhepunkt Ihrer kurzen Straßenlaufsaison. Zwischen März und September haben Sie keine Rennen bestritten. Lag es nur an Corona oder gab es andere Gründe, dass Sie nicht auf der Bahn angetreten sind?

Miriam Dattke:

Nein, Corona hat da nur eine kleinere Rolle gespielt. Ich wurde 2020 von einigen Verletzungen ausgebremst. Schon vor dem Halbmarathon Mitte Februar in Barcelona hatte ich mit Oberschenkelproblemen zu kämpfen und habe mich mehr schlecht als recht durchs Rennen gequält. Nach dem Lauf habe ich pausiert, trotzdem ging es gleich mit der nächsten Verletzung weiter. Diesmal zwickte die Achillessehne, damit war die kurze Bahnsaison für mich vorbei. Erst seit der Vorbereitung auf den Halbmarathon Mitte September in Frankfurt lief das Training wieder problemlos. Diese Kontinuität hat sich in Dresden ausgezahlt. Ich habe mich sehr gefreut, dieses harte Jahr mit einer solchen Zeit abschließen zu können.

Haben Sie im Training für Dresden etwas verändert oder steckt ein anderes Geheimnis hinter der Steigerung?

Miriam Dattke:

Wie gesagt, das Geheimnis war die gute und verletzungsfreie Vorbereitung über drei Monate. Schon im Februar in Barcelona wäre ohne die Probleme eine deutlich bessere Zeit für mich möglich gewesen.

Mit der starken Halbmarathonzeit haben Sie die Grundlage für den Marathon gelegt. Liebäugeln Sie mit dem Debüt Anfang 2021?

Miriam Dattke:

Es ist auf jeden Fall ein Thema, den Marathon im Frühjahr anzugehen. Ich werde aber keine klassische Marathonvorbereitung bestreiten, sondern weiter ein auf die 10.000 Meter ausgerichtetes Langstreckentraining absolvieren. Mein Trainer Kurt Ring und ich wollen eine Vorbereitung absolvieren, die zu einer 22-Jährigen passt, in der ich nicht verheizt werde und auch noch weiter studieren kann.

Aufgrund der Corona-Krise dürfte der Marathon-Terminkalender sehr übersichtlich ausfallen. Wissen Sie denn schon, wo Sie starten könnten?

Miriam Dattke:

Es soll im März ein Einladungsrennen in Dresden geben. Das wäre für mich momentan die erste Wahl. Aber natürlich hängt alles davon ab, wie sich Corona in den kommenden Monaten entwickelt. Generell sehe ich den ersten Marathon als Testlauf für mich. Ich gehe das Projekt ohne Stress, ohne Druck an.

Die Marathon-Norm von 2:29:30 Stunden für die Olympischen Spiele ist im Vergleich zu den Bahn-Langstrecken für Tokio auf dem Papier die einfachste. Ist die Aussicht auf einen Olympia-Start in Tokio ein Faktor in Ihren Überlegungen für ein mögliches Marathon-Debüt?

Miriam Dattke:

Es die einfachste Norm, aber die Konkurrenz ist auch die größte über diese Stecke. Wir haben momentan in Deutschland sehr viele starke Mädels im Marathon. Außerdem genügt es ja nicht, die Norm zu laufen, da die drittschnellste Deutsche im Qualifikationszeitraum ja schon 2:27:26 Stunden gelaufen ist.

In welchen Bereichen müssen Sie noch am meisten arbeiten, um ein gutes Marathon-Debüt abzuliefern?

Miriam Dattke:

Die größte Veränderung werden irgendwann die größeren Umfänge über einen längeren Zeitraum sein, zumal meine Umfänge ohnehin nicht die größten sind. Allerdings will ich nicht den ganzen Tag ans Laufen denken, sondern schrittweise das Training forcieren und anpassen. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis ich eine echte Marathonvorbereitung vertrage. Wie gesagt: Der Marathon im Frühjahr soll ein Probelauf werden. Und auch danach werde ich nicht zur reinen Straßenläuferin.

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