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Tokio 2021 | Die große Olympia-Vorschau auf die Wettbewerbe der Frauen (I)

Es ist so weit! Der erste Startschuss der Leichtathletik-Wettbewerbe im Olympiastadion von Tokio steht kurz bevor. Wer hat Chancen auf die Medaillen? Was ist drin für die deutschen Starterinnen? Wer ist gut drauf, wer wackelt und wer kann für eine Überraschung sorgen? Wir blicken voraus auf die Entscheidungen der Frauen. Heute: Sprint, Lauf, Hürden/Hindernis und Gehen.
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Olympische Spiele 2021 kompakt

100 Meter

Shelly-Ann Fraser-Pryce vor dem Triple?

Drei Olympische Spiele währt die Vormachtstellung der jamaikanischen Sprinterinnen bisher auf der Königsdistanz – in diesem Jahr hatte sich eine US-Sprinterin angeschickt, diese zu durchbrechen. Doch es kam anders: Shooting-Star Sha'Carri Richardson (USA), 2021 auf 10,72 Sekunden verbessert, verlor nach dem Konsum von Cannabis ihren US-Titel und damit auch das Olympia-Startrecht. Und so ist der Blick wieder einmal auf die Athletinnen der Karibik-Insel gerichtet, allen voran: "Pocket Rocket" beziehungsweise nun "Mommy Rocket" Shelly-Ann Fraser-Pryce.

Die 1,52 Meter kleine Jamaikanerin hatte schon 2008 und 2012 Olympia-Gold geholt und ist im Alter von 34 Jahren vier Jahre nach der Geburt von Sohn Zyon schnell wie nie: Mit 10,63 Sekunden sprintete sie im Juni in Kingston auf Platz zwei der ewigen Weltbestenliste hinter Weltrekordlerin Florence Griffith-Joyner (USA; 10,49 sec). Auch ihre stärksten Konkurrentinnen kommen aus Jamaika: Rio-Olympiasiegerin Elaine Thompson-Herah (10,71 sec) ist ebenfalls pünktlich für Tokio wieder in Top-Form, auch Shericka Jackson (10,77 sec) sprintet um die Medaillen mit.

Diese Zeiten sind für die DLV-Sprinterinnen nicht in Reichweite – und dennoch können Alexandra Burghardt und Tatjana Pinto selbstbewusst an den Start gehen. Für Burghardt (11,01 sec) ist zuletzt die 11-Sekunden-Grenze in Reichweite gerückt, an der Pinto (11,10 sec) schon 2016 mit 11,00 Sekunden gekratzt hatte. Sie war bei den vergangenen zwei Spielen die Grenze zwischen Halbfinal-Aus und Finaleinzug. Die letzte Deutsche, die in einem 100-Meter-Olympiafinale stand, war 1988 Heike Drechsler. Ob auch Gina Lückenkemper, als Alternate Athlete für die verletzte Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) nachgerückt, nach überstandener muskulärer Verletzung schon mitsprinten kann, werden die nächsten Trainingseinheiten zeigen. sb

DLV-Teilnehmerinnen: Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen), Gina Lückenkemper (SCC Berlin), Tatjana Pinto (LC Paderborn)
Olympiasiegerin 2016: Elaine Thompson (Jamaika; 10,71 sec)
Weltmeisterin 2019: Shelly-Ann Fraser-Pryce (Jamaika; 10,71 sec)
Weltjahresbeste 2021: Shelly-Ann Fraser-Pryce (Jamaika; 10,63 sec)
 

200 Meter

Duell der Sprintnationen mit starken Herausforderinnen

Gibt es auf der halben Stadionrunde eine Fortsetzung des Duells der Sprintnationen USA und Jamaika? Sieben der neun zurückliegenden Olympiasiegerinnen starteten für eine dieser beiden Nationen. In die Rolle der Gejagten hat sich Gabrielle Thomas geschoben, die bei den US-Trials in 21,61 Sekunden auf Platz drei der ewigen Weltbestenliste gesprintet war. In Tokio könnte ihr Shelly-Ann Fraser-Pryce auf den Fersen sein, sie bringt in 21,79 Sekunden die zweitschnellste Zeit des Jahres mit – wird aber schon die 100 Meter-Starts in den Beinen haben.

Die weiteren Starterinnen für die USA und Jamaika, unter ihnen Rio-Olympiasiegerin Elaine Thompson-Herah, komplettieren die Top Sechs der Weltjahresbestenliste. Und doch wäre es keine Sensation, wenn Gold nach Europa ginge – wie schon zuletzt bei der WM in Doha. Dort war Dina Asher-Smith (Großbritannien) in 21,88 Sekunden allen davongerannt. Sogar bei 21,74 Sekunden steht die Bestzeit von 400 Meter-Olympiasiegerin Shaunae Miller-Uibo (Bahamas), die auch über 200 Meter um den Titel mitsprinten kann. Und dann sind da noch die großen Unbekannten: Beatrice Masilingi und Christine Mboma aus Namibia, Nummer eins und drei der Welt über 400 Meter, müssen aufgrund erhöhter Testosteronwerte auf die halbe Distanz wechseln. Die große Frage: Wie schnell sind sie hier?

Für die deutschen Starterinnen Rebekka Haase, Lisa Marie Kwayie und Jessica-Bianca Wessolly ist bereits die Qualifikation für den Einzelstart bei den Olympischen Spielen jeweils mit Zeiten knapp unter 23 Sekunden ein großer Erfolg. Das perfekte Rennen hat in diesem Jahr aber sicher noch keine von ihnen erwischt. So gilt es zunächst, im Vorlauf am 2. August in Topform anzutreten und dort vielleicht mit einer neuen Bestzeit den Einzug ins Halbfinale zu feiern. js/sb

DLV-Teilnehmerinnen: Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar), Lisa Marie Kwayie (Neuköllner SF), Jessica-Bianca Wessolly (MTG Mannheim)
Olympiasiegerin 2016: Elaine Thompson (Jamaika; 21,78 sec)
Weltmeisterin 2019: Dina Asher-Smith (Großbritannien; 21,88 sec)
Weltjahresbeste 2021: Gabrielle Thomas (USA; 21,61 sec)
 

400 Meter

Shaunae Miller-Uibo – wer sonst?

Gemeldet ist sie über 200 Meter und über 400 Meter. Als große Favoritin geht Shaunae Miller-Uibo über die Stadionrunde ins Rennen. Denn auch fünf Jahre nach ihrem ersten Olympiagold über diese Strecke ist die 27-Jährige topfit – und das muss sie auch sein, wenn sie das Double angeht: Am 3. August ist sowohl der 400 Meter-Vorlauf als auch das 200 Meter-Finale. Dass sie bei großen Events abliefern kann, hat Miller-Uibo zuletzt bei der WM 2019 in Doha (Katar) bewiesen, als sie in 48,37 Sekunden nicht nur zu Silber lief, sondern auch eine neue Bestzeit aufstellte.

Die Weltmeisterin von Doha Salwa Eid Naser (Bahrain) wird aufgrund mehrerer verpasster Dopingtests in Tokio ebenso fehlen wie die schnellste Athletin des Olympiajahrs: Die 18-jährige Christine Mboma aus Namibia (48,54 sec) musste ebenso wie ihre gleichaltrige Landsfrau Beatrice Masilingi (49,53 sec) aufgrund erhöhter Testosteron-Werte auf die 200 Meter umsatteln. Und die Nummer vier der Welt Athing Mu (USA) setzt auf die 800 Meter. So rückt unter anderem für Allyson Felix (USA) bei ihren fünften Olympischen Spielen die zehnte Olympia-Medaille in Reichweite – wenngleich die 35-Jährige nicht zum Kreise der fünf Teilnehmerinnen zählt, die 2021 schon unter 50 Sekunden gelaufen ist.

Das sind Sphären, von denen die Deutsche Meisterin Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz) mit in diesem Jahr gelaufenen 51,65 Sekunden noch deutlich entfernt ist. Dennoch geht für die 22-Jährige mit ihrer Teilnahme bei Olympischen Spielen ein Kindheitstraum in Erfüllung, der bei der ebenso talentierten wie vielseitigen Sprinterin noch einmal neue Energie freisetzen könnte. Deshalb heißt es: Volle Konzentration auf Runde eins und eine Zeit näher heran an die 51-Sekunden-Marke – man wird sehen, wohin sie die dann bringen kann. js/sb

DLV-Teilnehmerin: Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz)
Olympiasiegerin 2016: Shaunae Miller (Bahamas; 49,44 sec)
Weltmeisterin 2019: Salwa Eid Naser (Bahrain; 48,14 sec)
Weltjahresbeste 2021: Christine Mboma (Namibia; 48,54 sec)
 

800 Meter

19-Jährige greifen nach der Goldmedaille

Athing Mu ist 19 Jahre jung, hat in diesem Jahr ihre Bestzeiten über 400 und 800 Meter pulverisiert und sich bei den US-Trials mit 1:56,07 Minuten in die Favoritenrolle für Tokio katapultiert. Die Frage ist: Wie frisch sind ihre Beine noch? In ihnen stecken in dieser Sommer-Saison bereits 14 Rennen über 400 Meter, darunter jede Menge Staffel-Auftritte, sowie fünf Rennen über 800 und 1.500 Meter. In Tokio konzentriert sich die US-Amerikanerin ganz auf die zwei Stadionrunden.

Auch Rose Mary Almanza (Kuba; 1:56,28 min) und Natoya Goule (Jamaika; 1:56,44 min), beide bisher auf Weltebene noch ohne Medaille, haben jüngst in Stockholm ihre Medaillen-Ambitionen untermauert, ähnliches gilt für Workua Getachew (Äthiopien; 1:56,67 min). In Abwesenheit ihrer Landsfrau Laura Muir, die auf die 1.500 Meter setzt, sind auch die Britinnen Jemma Reekie und die ebenfalls erst 19 Jahre junge Hallen-Europameisterin Keely Hodgkinson zu beachten. Nur zusehen darf trotz langwierigem Rechtsstreit Caster Semenya: Die zweimalige Olympiasiegerin aus Südafrika ist aufgrund ihrer erhöhten Testosteron-Werte international nicht mehr auf ihrer Paradestrecke startberechtigt.

Der DLV kann mit den Münchnerinnen Katharina Trost und Christina Hering ein Duo an den Start schicken, das sich in diesem Sommer schon in Bestform präsentiert hat. Katharina Trost zählt mit ihrer ersten Zeit unter 1:59 Minuten zu den Top 20 der Meldeliste. Das Halbfinale ist für die Trainingspartnerinnen das große Ziel, in einem Olympia-Finale über 800 Meter stand seit 1988 und dem Olympiasieg von Sigrun Wodars keine Deutsche mehr. Für diesen Schritt müssten wohl auch Trost und Hering über sich hinauswachsen. sb

DLV-Teilnehmerinnen: Christina Hering (LG Stadtwerke München), Katharina Trost (LG Stadtwerke München)
Olympiasiegerin 2016: Caster Semenya (Südafrika; 1:55,28 min)
Weltmeisterin 2019: Halimah Nakaayi (Uganda; 1:58,04 min)
Weltjahresbeste 2021: Athing Mu (USA; 1:56,07 min)
 

1.500 Meter

Spitzen-Duell zwischen Kipyegon und Hassan?

Faith Kipyegon gegen Sifan Hassan. Olympiasiegerin gegen Weltmeisterin – so könnte das Duell über 1.500 Meter lauten. Vorausgesetzt, Sifan Hassan steht über diese Distanz überhaupt an der Startlinie. Denn gemeldet ist die Europarekordlerin über gleich drei Strecken – 1.500, 5.000 und 10.000 Meter, was sechs Starts in acht Tagen bedeuten würde. Sollte es tatsächlich zu einem Aufeinandertreffen der Topfavoritinnen kommen, ist Spannung garantiert: Kipyegon hat sich im Juli mit 3:51,07 Minuten auf Rang vier der ewigen Weltbestenliste geschoben. Hassan belegt in dieser Liste Rang sieben und hat auch 2021 mit 3:53,60 Minuten bereits ein Ausrufezeichen gesetzt.

Dritte in der Meldeliste ist Großbritanniens Lauf-Star Laura Muir (3:55,59 min), die sich in Tokio ganz auf die 1.500 Meter konzentriert. Ob sie den beiden Favoritinnen die Stirn bieten kann, bleibt abzuwarten. Bislang konnte die 28-jährige Schottin bei globalen Freiluftmeisterschaften noch keine Medaille erringen. Ihren siebten Platz in Rio wird sie sicher verbessern wollen.

Acht der gemeldeten Teilnehmerinnen haben in diesem Jahr die vier Minuten unterboten. Den deutschen Teilnehmerinnen Hanna Klein und Caterina Granz ist das in ihrer Karriere noch nicht gelungen. Für die Olympia-Debütantinnen dürfte das Ziel das Halbfinale sein – dafür bräuchte Granz (SB: 4:08,90 min) vermutlich Losglück und ein taktisch exzellentes Rennen. Hanna Klein hat bereits bewiesen, dass sie mehr kann: Bei der WM 2017 überraschte sie mit dem Finaleinzug, dieses Jahr hat sie mehrere Bestzeiten, auch eine über 1.500 Meter (4:02,58 min), auf die Bahn gebracht. Trainerin Isabelle Baumann meint: „Wachsam sein, dann ist im Zwischenlauf alles drin.“ svs

DLV-Teilnehmerinnen: Caterina Granz (LG Nord Berlin), Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen)
Olympiasiegerin 2016: Faith Kipyegon (Kenia; 4:08,92 min)
Weltmeisterin 2019: Sifan Hassan (Niederlande; 3:51,95 min)
Weltjahresbeste 2021: Faith Kipyegon (Kenia; 3:51,07 min)
 

5.000 Meter

Weltmeisterin gegen äthiopisches Trio

Im niederländischen Hengelo wurden Anfang Juni die Weichen für Tokio gestellt: Gudaf Tsegay (14:13,32 min), Ejgayehu Tahe (14:14,09 min) und Senbere Teferi (14:15,24 min) schoben sich auf Rang fünf, sechs und sieben der ewigen Bestenliste. Dieses äthiopische Trio gilt es in Tokio zu schlagen. Die stärkste Herausforderin kommt wie so oft aus Kenia: Weltmeisterin Hellen Obiri (SB: 14:26,38 min) hat den Ansporn, ihre Silbermedaille von 2016 zu vergolden. In Rio kam sie hinter ihrer Landsfrau Vivian Cheruiyot ein, die in Tokio nicht am Start sein wird. Der Doppelsieg 2016 war der erste kenianische Frauen-Triumph über 5.000 Meter bei Olympischen Spielen überhaupt – sicherlich möchte die zweimalige Weltmeisterin Obiri im Dauer-Duell mit ihren äthiopischen Rivalinnen für einen weiteren Erfolg sorgen.

Schnellste Europäerin ist derzeit Eilish McColgan (Großbritannien). Die 30-Jährige träumt sicher davon, mit einem Erfolgserlebnis in die Fußstapfen ihrer Mutter, der britischen Langstrecken-Legende Liz McColgan, zu treten. Ob sie jedoch in den Kampf um die vorderen Plätze mit eingreifen kann, bleibt abzuwarten. Bei der WM in Doha (Katar) kam sie nicht über den zehnten, in Rio 2016 nicht über den 13. Platz hinaus. Sifan Hassan, Europarekordlerin auch über diese Strecke, ist ebenfalls über 5.000 Meter gemeldet – mit 14:35,34 Minuten hat sie in 2021 noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt.

DLV-Starterinnen sind in Tokio indes nicht vertreten: Die Deutsche Rekordlerin Konstanze Klosterhalfen wird über 10.000 Meter an den Start gehen, Hanna Klein setzt nach erfüllter Norm über beide Strecken auf die 1.500 Meter. svs

DLV-Teilnehmerin: keine
Olympiasiegerin 2016: Vivian Cheruiyot (Kenia; 14:26,17 min)
Weltmeisterin 2019: Hellen Obiri (Kenia; 14:26,72 min)
Weltjahresbeste 2021: Gudaf Tsegay (Äthiopien; 14:13,32 min)
 

10.000 Meter

Konstanze Klosterhalfen trifft auf zwei Weltrekordlerinnen

Hengelo Anfang Juni. Binnen drei Tagen erlebte die Leichtathletik-Welt zwei 10.000-Meter-Rennen schneller als je zuvor. Zunächst zerlegte Sifan Hassan den Weltrekord in seine Einzelteile und steigerte die Bestmarke von Almaz Ayana (Äthiopien) um eine halbe Minute auf 29:06,82 Minuten. Keine 72 Stunden später war die Bestmarke schon wieder Geschichte. Letesenbet Gidey (Äthiopien) verbesserte den Weltrekord noch einmal deutlich auf 29:06,82 Minuten.

Am 7. August treffen beide in Tokio aufeinander. Das garantiert ein schnelles Rennen. Nicht auszuschließen, dass eine Läuferin unter dem alten Weltrekord bleibt und trotzdem nur Zweite wird. Wobei Sifan Hassan in Tokio auch für 1.500 und 5.000 Meter gemeldet ist. Und die kräftezehrenden 25 Runden stehen erst ganz am Ende am 7. August auf dem Programm.

Für Konstanze Klosterhalfen wird das olympische Finale erst das dritte Rennen des Jahres. Nach ihrem deutschen Rekord 31:01,71 Minuten Ende Februar in Texas wurde die Leverkusenerin von hartnäckigen Rückenproblemen ausgebremst. „Da die 10.000 Meter erst spät anstehen, habe ich noch zwei Wochen länger Zeit für die Vorbereitung“, sagte die 24-Jährige im „Sportschau Olympia-Podcast“. Ihr Ziel sei es, in Tokio „befreit zu laufen und alles herauszuholen“. „Denn es ist schon krass, was an der Spitze abgeht.“ Als finalen Tokio-Test lief die Leverkusenerin am Samstag in Kalifornien über 5.000 Meter als Zweite 14:51,97 Minuten. Die letzten zwei Kilometer absolvierte sie dabei in unter 5:50 Minuten.

Mit ihrem deutschen Rekord rangiert Konstanze Klosterhalfen „nur“ auf Platz 22 der Weltjahresbestenliste. Allerdings sind mindestens zehn vor ihr platzierte Läuferinnen nicht in Tokio dabei. Erwischt die WM-Dritte über 5.000 Meter eine gute Gruppe und konnte sie in den Wochen des Höhentrainings eine ordentliche Form aufbauen, könnte es deutlich weiter nach vorn gehen, als es der Platz in der Startliste vermuten lässt. mbn

DLV-Teilnehmerin: Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Olympiasiegerin 2016: Almaz Ayana (Äthiopien; 29:17,45 min)
Weltmeisterin 2019: Sifan Hassan (Niederlande; 30:17,62 min)
Weltjahresbeste 2021: Letesenbet Gidey (Äthiopien; 29:01,03 min)
 

Marathon

Kenia-Trio in der Favoritenrolle, DLV-Trio bereit

Keine Frage: Die olympische Goldmedaille geht nur über Kenia. Mit Weltrekordlerin Brigid Kosgei, Halbmarathon-Weltmeisterin Peres Jepchirchir und Marathon-Weltmeisterin und Halbmarathon-Weltrekordlerin Ruth Chepngetich schickt das Läuferland in Sapporo die 1A-Formation ins Rennen. Da ist selbst der natürliche „Lauf-Widersacher“ Äthiopien mit den 2:18- bzw. 2:19-Stunden-Läuferinnen Roza Dereje, Birhane Diaba und Tigist Girma nur durchschnittlich aufgestellt.

Allerdings darf man nicht vergessen: Im laufverrückten Japan können drei Starterinnen am 7. August zu Heldinnen für die Ewigkeit werden. Mao Ichiyama, Honami Maeda und Ayuko Suzuki heißen die Auserwählten, die für das „Land des Lächelns“ an den Start gehen. Die ihnen bekannte feuchte Wärme könnte ein Vorteil für die Japanerinnen sein. Allen voran Mao Ichiyama überzeugte in den vergangenen 18 Monaten mit zwei Marathonsiegen in 2:20:29 und 2:21:11 Stunden.

Das DLV-Trio in Sapporo wird angeführt von Melat Kejeta. Spätestens mit Silber bei der Halbmarathon-WM 2020 hat sich die Kasselerin einen Namen gemacht. Die in einem reinen Frauenrennen erzielten 65:18 Minuten deuten das Potenzial der 28-Jährigen auf der kompletten Marathondistanz an. Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt) hat sich in den vergangenen Jahren stetig verbessert und das Olympia-Ticket mit 2:25:59 Stunden ergattert. Im Frühjahr lief sie in der „Olympia-Stadt“ Sapporo schon Halbmarathon-Bestzeit (70:43 min). Deborah Schöneborn (LG Nord Berlin) war im Qualifikationszeitraum mit 2:26:55 Stunden nur acht Sekunden schneller als Zwillingsschwester Rabea, die damit „nur“ als Ersatzläuferin nominiert werden konnte. Das Ziel der beiden: In drei Jahren gemeinsam zu den Olympischen Spielen nach Paris zu fahren. mbn

DLV-Teilnehmerinnen: Melat Kejeta (Laufteam Kassel), Deborah Schöneborn (LG Nord Berlin), Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt)
Olympiasiegerin 2016: Jemima Sumgong (Kenia; 2:24:04 h)
Weltmeisterin 2019: Ruth Chepngetich (Kenia; 2:32:43 h)
Weltjahresbeste 2021: Hiwot Gebrekidan (Äthiopien; 2:19:35 h)
 

100 Meter Hürden

Camacho-Quinn erstmals die Gejagte

Die Weltjahresbestenliste über 100 Meter Hürden zeichnet derzeit ein ungewohntes Bild: Anders als häufig zuvor ist keine US-Amerikanerin an Position eins zu finden. Sondern Jasmine Camacho-Quinn aus Puerto Rico, die 2021 bereits pfeilschnelle 12,32 Sekunden hinlegte. Fünfmal gelangen ihr in dieser Saison schon Zeiten, die 2021 keine andere Teilnehmerin erreichen konnte. Die 24-Jährige wäre erst die zweite Olympia-Medaillengewinnerin Puerto Ricos in der Leichtathletik und sportartenübergreifend die zweite Olympiasiegerin. Das US-Team, das in Rio 2016 noch einen Dreifacherfolg gefeiert hatte, muss auf zwei Spitzenathletinnen verzichten: Titelverteidigerin Brianna McNeal (geb. Rollins) ist wegen eines Verstoßes gegen den Welt-Anti-Doping-Code gesperrt, Weltmeisterin Nia Ali erst im Mai Mutter geworden.

Stark besetzt ist das US-Team dennoch: Vor allem Weltrekordlerin Kendra Harrison, mit 12,47 Sekunden zweitschnellste Athletin im Feld, aber auch Christina Clemons (SB: 12,51 sec) werden im Kampf um Gold mitmischen. Eine starke Herausforderin ist Tobi Amusan (Nigeria; 12,48 sec). Die schnellsten Europäerinnen im Feld, die britischen Schwestern Cindy Sember (12,51 sec) und Tiffany Porter (12,62 sec), vor fünf Jahren Vierte und Siebte, werden ihr Bestes geben, um diesmal das Podest anzugreifen.

Von derartigen Erfolgen kann die Deutsche Meisterin Ricarda Lobe bisher nur träumen. Oft wurde sie in den vergangenen Jahren auf der Road to Tokyo zurückgeworfen, hat seit 2018 die 13 Sekunden nicht mehr unterboten. Kommt die Mannheimerin an ihre Saisonbestleistung (13,03 sec) heran, ist eine Halbfinalteilnahme in Reichweite. svs

DLV-Teilnehmerin: Ricarda Lobe (MTG Mannheim)
Olympiasiegerin 2016: Brianna Rollins (USA; 12,48 sec)
Weltmeisterin 2019: Nia Ali (USA; 12,34 sec)
Weltjahresbeste 2021: Jasmine Camacho-Quinn (Puerto Rico; 12,32 sec)
 

400 Meter Hürden

Showdown um Gold und Weltrekord

Bei den Olympischen Spielen 2016 und den Weltmeisterschaften 2019 hatte Dalilah Muhammad jeweils triumphiert. In diesem Jahr muss die US-Amerikanerin sich des Angriffes zweier Konkurrentinnen erwehren. Da ist zum einen ihre junge Landsfrau Sydney McLaughlin, die bei den US-Trials Muhammads Weltrekord (52,16 sec) auf 51,90 Sekunden verbessert und somit als Erste überhaupt die 400 Meter Hürden in weniger als 52 Sekunden absolviert hat. McLaughlin könnte sich im Finale in Tokio drei Tage vor ihrem 22. Geburtstag mit einem Olympiasieg beschenken.

Ebenfalls zu beachten ist die noch ein halbes Jahr jüngere Niederländerin Femke Bol, die sich Anfang Juli in Stockholm (Schweden) mit 52,37 Sekunden auf Rang vier der Allzeit-Bestenliste katapultiert hat. Die Hallen-Europameisterin über 400 Meter hat in dieser Saison auch in der Diamond League einen sehr starken Eindruck hinterlassen. Beim Aufeinandertreffen dieser drei Athletinnen in Bestform könnte – gute Bedingungen vorausgesetzt – der kaum einen Monat alte Weltrekord erneut wackeln.

Um den Halbfinaleinzug geht es für die Deutsche Meisterin Carolina Krafzik – und das durchaus aussichtsreich: Die 26-Jährige ist mit ihrer bei den Deutschen Meisterschaften gelaufenen Bestzeit (54,89 sec) die Nummer 13 der Meldeliste. In ihren letzten fünf Rennen blieb die WM-Halbfinalistin von 2019 stets deutlich unter 56 Sekunden – eine Zeit, die seit 2008 bei allen Olympischen Spielen für den Einzug in die nächste Runde ausreichte. Sollte das Unterfangen gelingen, wäre die Sindelfingerin die erste deutsche Olympia-Halbfinalistin über 400 Meter Hürden seit Ulrike Urbansky 2004. svs

DLV-Teilnehmerin: Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen)
Olympiasiegerin 2016: Dalilah Muhammad (USA; 53,13 sec)
Weltmeisterin 2019: Dalilah Muhammad (USA; 52,16 sec)
Weltjahresbeste 2021: Sydney McLaughlin (USA; 51,90 sec)
 

3.000 Meter Hindernis

Gesa Felicitas Krause will um die Medaillen mitlaufen

Erst zum vierten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele wird das Rennen über 3.000 Meter Hindernis der Frauen ausgetragen – und zum dritten Mal ist die Deutsche Rekordhalterin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) dabei.Trotz der starken Konkurrenz und Dichte an guten Läuferinnen in der Weltspitze darf die 28-Jährige mit einer Medaille liebäugeln.

Bereits 2012 in London (Großbritannien) als Achte und 2016 in Rio de Janeiro (Brasilien) als Sechste lief die DLV-Athletin im Finale jeweils Bestzeit. Und gemessen an ihrem aktuellen Hausrekord von 9:03,30 Minuten, der ihr 2019 WM-Bronze bescherte, stehen die Chancen auf Edelmetall gut: Vor fünf Jahren ging Silber mit 9:07,12 Minuten weg. Um den Einzug ins Finale möchte auch Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald) kämpfen, die sich wie Lea Meyer (VfL Löningen) für ihre ersten Olympischen Spiele qualifizieren konnte.

In Abwesenheit der Weltjahresschnellsten Norah Jeruto (Kenia) zählen zu den Favoritinnen auf die Podestplätze unter anderem die äthiopische Meisterin von 2021 Mekides Abebe, die Weltrekordhalterin Beatrice Chepkoech (Kenia) sowie die Dritte der Rio-Spiele Emma Coburn aus den USA und die Dritte der Weltjahresbestenliste Winfred Mutile Yavi aus Bahrain. Die Vorläufe über 3.000 Meter Hindernis sind am 1. August angesetzt, am 4. August steigt das Finale – das aus deutscher Sicht ganz sicher Hochspannung verspricht! js

DLV-Teilnehmerinnen: Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald), Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier), Lea Meyer (VfL Löningen)
Olympiasiegerin 2016: Ruth Jebet (Bahrain; 8:59,75 min)
Weltmeisterin 2019: Beatrice Chepkoech (Kenia; 8:57,84 min)
Weltjahresbeste 2021: Norah Jeruto (Kenia; 9:00,67 min)
 

20 Kilometer Gehen

China will Siegesserie fortsetzen

Allein die Chinesin Liu Hong mischt mittlerweile seit 2009 in der Weltspitze mit und hat seitdem sieben internationale Medaillen gewonnen, darunter Olympia-Gold 2016 und drei WM-Titel. Internationales Edelmetall daheim haben auch schon die beiden weiteren Athletinnen des chinesischen Olympia-Teams, Jiayu Yang und Qieyang Shijie. Außerdem steht das Trio auf den Plätzen zwei bis vier der ewigen Weltbestenliste. Schneller war 2018 nur die Russin Yelena Lashmanova, deren Bestzeit aber nicht als Weltrekord anerkannt wurde.

Einen chinesischen Dreifacherfolg wollen allen voran Athletinnen aus Südamerika verhindern, wo das Gehen eine große Tradition hat. Die WM-Vierte Erica de Sena (Brasilien) und die WM-Fünfte Sandra Arenas (Kolumbien) bringen große Erfahrung mit nach Sapporo. Die 21-Jährige Glenda Estefanía Morejón ist Hoffnungsträgerin Ecuadors. Der Italienerin Antonella Palmisano ist schon 2017 mit WM-Bronze ein Medaillen-Coup gelungen. Die Gastgeber setzen auf Kumiko Okada und Nanako Fujii (beide Japan).

DLV-Starterin Saskia Feige (SC Potsdam) hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Platz elf bei der WM 2019 sind ein Fingerzeig, welches Potenzial in der 23-Jährigen steckt. jhr

DLV-Teilnehmerin: Saskia Feige (SC Potsdam)
Olympiasiegerin 2016: Liu Hong (China; 1:28:35 h)
Weltmeisterin 2019: Liu Hong (China; 1:32:53 h)
Weltjahresbeste 2021: Jiayu Yang (China; 1:23:49 h)

 

Olympische Spiele 2021 kompakt

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