| München 2022

EM Tag 3 und 4 | Carolin Schäfer bei Thiams Titelverteidigung auf Platz sechs

Es war ein Siebenkampf, den Carolin Schäfer nicht vergessen wird. Vor heimischen Publikum holte sich die Frankfurterin im abschließenden 800-Meter-Lauf am Donnerstagabend den sechsten Platz der Endabrechnung. Nafissatou Thiam konnte ihren Titel eindrucksvoll verteidigen. Sophie Weißenberg konnte den EM-Siebenkampf leider nicht beenden.
Jane Sichting

Tag 2


Weitsprung


Bei der WM in Eugene wurde ihr der Weitsprung zum Verhängnis und sie musste mit drei ungültigen Versuchen einen herben Rückschlag verkraften. Doch in München zeigte Sophie Weißenberg, dass der Weitsprung noch immer zu ihren stärksten Disziplinen im Siebenkampf zählt. Mit 6,35 Metern erzielte sie die drittbeste Weite im Feld und liegt nach fünf Disziplinen auf Position sechs (4.665 Pkt.).

Den Rückenwind vom ersten Tag konnte Carolin Schäfer leider nicht mit in den Weitsprung nehmen. Vielmehr war es der Windzug im Stadion, der einen weiten Satz in die Grube verhinderte. Nach einem ungültigen zweiten Versuch war es im dritten Versuch zu viel Anschub von hinten und auch dieser übertreten. Somit standen für die Frankfurterin am Ende 5,82 Meter aus dem ersten Versuch. Im Gesamtklassement fehlen ihr damit wichtige Punkte für eine Topplatzierung. In der Zwischenwertung liegt Schäfer vor dem Speerwurf auf Rang zehn (4.502 Pkt.).  

Die beste Weite des Tages brachte mit neuer persönlicher Bestleistung die Schweizerin Annik Kälin in die Grube (6,73 m). Damit schob sie sich zugleich in die Medaillenränge auf Platz drei vor. Weiterhin gut in der Spur auf ihrer Mission Titelverteidigung liegt die Belgierin Nafissatou Thiam, die das Feld mit 4.937 Punkten anführt. 
 


Speerwurf


Nachdem die Vize-Weltmeisterin und Zweite der Olympischen Spiele aus den Niederlanden, Anouk Vetter, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zum Speerwerfen antreten konnte, war das Teilnehmerinnenfeld bereits auf nur noch 15 Siebenkämpferinnen reduziert. Und mit einer guten Vorstellung konnten sich beide Deutschen im Gesamtklassement weiter nach oben schieben.

Carolin Schäfer lieferte mit 50,18 Meter die zweitbeste Weite des Tages und liegt vor den abschließenden 800 Metern auf Rang sieben (5.366 Pkt). Sophie Weißenberg warf den Speer auf 46,73 Meter und verbesserte sich in der Zwischenabrechnung auf den fünften Platz (5.462 Pkt). Mit 5.776 Punkten weiterhin als Führende geht am Abend Nafissatou Thiam aus Belgien auf die zwei Stadionrunden. Nach sechs Disziplinen sind die Schweizerin Annik Kälin (5.604 Pkt) und Adrianna Sułek aus Polen (5.560 Pkt) die ersten Verfolgerinnen der Titelverteidigerin.

Stimme zum Wettbewerb

Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt):
„Schlechter Anfang, gut rumgerissen. Speer war jetzt echt noch mal ganz schön, ich habe Saisonbestleistung geworfen. Im Weitsprung kann ich nicht wirklich mehr erwarten, das war die ganze Saison schon so die Weite. Muss ich schwer schlucken, ja, aber muss ich jetzt aber auch einfach so hinnehmen und das Beste draus machen. Die 800 Meter möchte ich auf jeden Fall in Richtung Bestleistung laufen, das ist natürlich schon das Ziel. Aber ich freue mich jetzt einfach drauf, unter der Kulisse heute Abend die 800 Meter zu laufen, und dann schauen wir mal, was hinten raus noch geht.“


800 Meter


Als Fünfte verabschiedete sich Sophie Weißenberg vor den abschließenden 800 Metern in die Mittagspause – und dann die bittere Nachricht: Sie musste sich gesundheitsbedingt auch ganz aus dem Wettkampf verabschieden. Erkältungs- und Erschöpfungssymptome zwangen die 24-Jährige, frühzeitig aus ihrem ersten EM-Siebenkampf auszusteigen. Am darauffolgenden Tag sollte ein Corona-Schnelltest positiv ausfallen. Damit war Carolin Schäfer nun die einzige deutsche Athletin, die sich zum Abschluss des Siebenkampfes vom Münchner Publikum über die zwei Stadionrunden tragen ließ.

Ganz so schnell wie bei ihrer persönlichen Bestleistung in Ratingen wurde es im Olympiastadion dann zwar nicht, doch in 2:17,55 Minuten lief sie als Neunte über die Ziellinie und rangierte sich im Gesamtklassement mit Saisonbestleistung (6.223 Pkt.) auf Platz sechs ein. Ihren Titel trotz kleiner Dämpfer am zweiten Tag erfolgreich verteidigen konnte die Belgierin Nafissatou Thiam (6.628 Pkt.) Die zweifache Olympiasiegerin und Weltmeisterin von 2017 und 2022 gewann EM-Gold vor der Polin Adrianna Sułek (6.532 Pkt) und Annik Kälin, die das Podium mit Landesrekord für die Schweiz (6.515 Pkt) als Dritte komplettierte.

Stimmen zum Wettbewerb

Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt):
„Insgesamt war es echt gut. Ich wollte Top-Sechs werden und jetzt bin ich Sechste geworden. Es gab, wie bekannt im Siebenkampf, Höhen und Tiefen. Sicherlich waren die Hürden und gerade die 200 Meter und auch Speerwerfen echt gut. Bei den Sprüngen hatte ich mir trotz meiner Achillessehnenprobleme diese Saison mehr erhofft, aber zaubern kann ich auch nicht. Deswegen war ich mir dessen bewusst, dass es nicht so einfach wird. Hinten raus war es jetzt echt schwer über die 800 Meter. Es war ein langer Tag. Ich hätte mir ein bisschen mehr erhofft. Das muss man ganz klar so sagen, aber jetzt haben mir hinten raus doch noch ein paar Körner gefehlt. Die Ehrenrunde ist natürlich immer ein Highlight, die Mehrkampffamilie. Dass wir eine Ehrenrunde zusammen drehen vor heimischem Publikum, war jetzt ein absolutes Highlight und ich bin glücklich, jetzt hier mit Platz sechs den Wettkampf beendet zu haben.“

Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen):
„Ich hatte bereits gestern gesundheitliche Probleme. Dementsprechend habe ich heute Nacht nicht gut geschlafen und heute Morgen war es nicht besser. Dennoch wollte ich den Tag durchziehen. Egal wie, so eine Heim-EM kommt nicht oft, ich wollte das mitnehmen. Als ich heute Mittag ins Hotel gekommen bin, hat mir das medizinische Team wärmstens ans Herz gelegt, nicht weiter zu machen. Letztlich ist es aber die Entscheidung des Athleten und ich habe auf die Ärzte gehört. Die Entscheidung fiel mit mehr als schwer. Es sind viele Tränen geflossen und ich bin zutiefst enttäuscht und unendlich traurig. Der Weitsprung war top, beim Speer habe ich bereits gemerkt, wie die Kräfte schwinden. Angesichts meiner Verfassung waren es aber starke Ergebnisse. Ich hätte es gerne zu Ende gebracht. Nach dem unvollendeten Siebenkampf bei der WM jetzt auch die EM nicht beenden zu könne, das schmerzt sehr. In Eugene war es selbst verschuldet. Hier in München musste ich mich meiner Gesundheit geschlagen geben. Beides ist absolut tragisch aber heute hatte ich es nicht selber in der Hand. Dennoch nehme ich die Atmosphäre mit. München war einfach nur krass, die Leute, die Stimmung. Und dass ich trotz großer gesundheitlicher Probleme auf PB-Kurs lag. Jetzt muss ich erstmal wieder gesund werden. Aber ich glaube nicht, dass ich in dieser Saison noch Wettkämpfe machen werde.“

Tag 1


100 Meter Hürden


Es war ein Auftakt, wie ihn sich Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt) nicht besser hätte vorstellen können. In 13,39 Sekunden stürmte sie beim Sturz der Niederländerin Emma Oosterwegel nicht nur als Erste ihres Laufes über die Ziellinie, sondern brachte direkt zum Start in den Siebenkampf auch die erste Saisonbestleistung auf die Bahn. Am Stadionmikrofon bedankte sie sich für den Gänsehautmoment, hier bei der Heim-EM ins Stadion einzulaufen, und betonte, wie sehr sie sich über den EM-Titel ihres Trainingspartners Niklas Kaul freue – daran wolle nun auch sie anknüpfen und die Erfolgsspur der deutschen Mehrkämpfer weiterführen. Im Gesamtklassement reihte sich Schäfer nach Disziplin eins auf Rang fünf ein.

Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen), die hinter Carolin Schäfer Zweite ihres Laufes wurde, zeigte sich am Vormittag ebenfalls gut in Form und sortierte sich in der Zwischenwertung mit 13,72 Sekunden auf Platz acht ein.

Die schnellste Zeit des Tages ging auf das Konto von Annik Kälin aus der Schweiz (13,23 sec). Auch Olympiasiegerin Nafissatou Thiam (Belgien) gelang in 13,29 Sekunden ein guter Start in den ersten Tag. Vizeweltmeisterin Anouk Vetter (Niederlande) lief 13,34 Sekunden und liegt damit vor dem Hochsprung auf Rang vier.
 


Hochsprung


Endlich wieder eine Acht nach dem Komma. Nach 1,77 Meter in Ratingen, 1,79 Meter in Götzis und 1,74 Meter bei der WM in Eugene übersprang Sophie Weißenberg im zweiten Versuch endlich wieder die 1,80 Meter – Saisonbestleistung. Damit sammelte sie wichtige Zähler in Richtung 6.400 Punkte und schob sich zwischenzeitlich auf Rang vier (1.996 Pkt.) vor.
Bereits die zweite Saisonbestleistung am ersten Tag lieferte Carolin Schäfer ab. Im zweiten Versuch floppte sie über 1,74 Meter und liegt in der Zwischenwertung als Zehnte (1.969 Pkt.) noch knapp in der Top Ten. An die Spitze des Feldes setzte sich erwartungsgemäß Nafissatou Thiam (2.285 Pkt.). Die Olympiasiegerin mit einer Bestleistung von 2,02 Metern schwang sich in München über herausragende 1,98 Meter und damit drei Zentimeter höher als noch bei der WM in Eugene.

Stimme zum Wettbewerb

Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen):
„Bis jetzt bin ich zufrieden. Wie man an meiner Stimme hören kann, bin ich heute Morgen leider tatsächlich ein bisschen angeschlagen aufgewacht. Aber dafür war es ein super Start über die Hürden, auch wenn ich es gern noch ein bisschen schneller gehabt hätte und es sich auch ein bisschen schneller angefühlt hat. Mit 1,80 Meter im Hochsprung bin ich jetzt sehr happy. Ich hoffe, dass ich jetzt noch einen guten Kugelstoß machen kann und schnelle 200 Meter renne. Aber jetzt heißt es erst einmal, die Mittagspause gut zu überstehen und sich gut auszuruhen. Die Stimmung im Stadion ist richtig geil. Beim Hochsprung hat man richtig gemerkt, wie einen die Leute tragen. Da muss man gar nicht anklatschen, denn das machen die von alleine. Es ist so cool zu wissen, dass die für dich da sind. Da sitzen welche, die haben Plakate für dich und du weißt, die schauen jetzt nur auf dich. Das ist schon etwas ganz Besonderes hier vor Heim-Publikum.“

 


Kugelstoßen


Die Ostkurve war bereits gut gefüllt, als die Siebenkämpferinnen am Abend mit dem Kugelstoßen die dritte Disziplin absolvierten. Im zweiten Versuch wuchtete Carolin Schäfer ihr vier Kilogramm schweres Arbeitsgerät auf 13,68 Meter. Damit blieb sie zwar hinter ihrer Leistung aus Ratingen (13,98 m) zurück, erreichte in der Gruppe B aber die Tagesbestweite und in Addition mit der stärkeren Gruppe A die elftbeste Weite aller Teilnehmerinnen. Vor den abschließenden 200 Metern rangiert die Athletin der Eintracht Frankfurt weiterhin auf Platz zehn (2.742 Pkt.). Direkt dahinter auf Rang elf folgt ihr Teamkollegin Sophie Weißenberg (2.741 Pkt.). Mit gestoßenen 13,26 Metern musste sie im Vergleich zu ihrem Ratingen-Sieg ein paar Punkte liegen lassen.

Eine Klasse für sich war im Kugelstoßen einmal mehr die starke Werferin und Stoßerin Anouk Vetter aus den Niederlanden – wenngleich sie mit 15,68 Metern deutlich hinter ihrer Bestleistung von 16,25 Metern zurückblieb. Im Gesamtklassement schob sie sich damit auf Rang vier vor. Ihre Führung nach drei Disziplinen weiter ausbauen konnte die Belgierin Nafissatou Thiam (3.143 Pkt.). Mit 14,95 Metern stieß sie die drittbeste Weite des Feldes.  
 


200 Meter


Stark angefangen, stark aufgehört. So könnte das Fazit nach dem ersten Tag für Carolin Schäfer ausfallen. Nach jeweils Saisonbestleistung über die Hürden und im Hochsprung ließ sie sich auch über die abschießenden 200 Meter vom Heim-Publikum tragen und lief auf der Innenbahn in 24,16 Sekunden klare Saisonbestleistung. Die gleiche Zeit – zudem viertbeste Zeit im gesamten Starterinnenfeld – brachte einen Lauf später auch Sophie Weißenberg auf die Bahn. Zum Abschluss des ersten Tages übernachten die beiden deutschen Siebenkämpferinnen auf Rang sechs und sieben. Nur ein Punkt trennt Schäfer (3.707 Pkt.) und Teamkollegin Weißenberg (3.706 Pkt.) voneinander.

In Führung liegt weiterhin Nafissatou Thiam aus Belgien. Mit 4.063 Punkten ist sie die einzige Athletin, die an Tag eins die 4.000-Punkte-Marke geknackt hat. Im Zwischenklassement auf den Medaillenrängen folgen ihr Noor Vidts (3.849 Pkt.), ebenfalls aus Belgien, und die Niederländerin Anouk Vetter (3.824 Pkt.).

Stimmen zum Wettbewerb

Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt):
„Ich hatte heute einen absolut super Einstieg. Es hat mich mega happy gemacht und war ein absolutes Highlight, hier ins Stadion reinzukommen, vorgestellt zu werden und dann den Tag so stark zu beenden. Auf Bahn eins mit dieser Zeit, das hat mich doch überrascht. Ich wusste, ich bin eigentlich in einer guten Form. Aber das dann Schwarz auf Weiß zu sehen nach so einem langen Tag, das macht mich schon ein bisschen stolz. Morgen gilt dann voller Angriff nach vorne. Weitsprung war ja immer so ein bisschen meine schwächere Disziplin. Da hoffe ich, dass ich Boden gut machen kann. Und mit Speer und 800 Meter – ich hätte nie gedacht, dass ich das mal so sagen kann – kommen eigentlich gute Disziplinen auf mich zu. Von daher freue ich mich auf alles, was morgen kommt und dann schauen wir, was am Ende dabei rauskommt. Das Publikum hat einen unglaublich großen Faktor gespielt, dass es heute so gut lief. Das hat man so extrem wahrgenommen, hier auf die Zielgerade zu kommen und dann diese Atmosphäre aufzusaugen. Ich habe wirklich schon viel in meiner Karriere erlebt, aber hier zweimal als Erste über die Ziellinie zu kommen, das hat unglaublich bewegt.“

Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen):
„Im Großen und Ganzen bin ich ganz zufrieden. Klar, hier und da habe ich ein paar Punkte liegen gelassen. Aber das ist auch eine Meisterschaft, von daher passt das schon. Das Publikum pusht einen mega. Gerade bei den 200 Metern habe ich es richtig gemerkt. Das war einfach krass, wie die Leute da abgegangen sind. Gestern habe ich den Zehnkampf im Livestream verfolgt und habe mich super für Niklas gefreut. Natürlich pusht einen das, weil man weiß, die Jungs haben so krass vorgelegt. Da will man natürlich irgendwo sein Bestes zeigen und möglichst hinterherziehen. Jetzt muss ich erst einmal gut durch die Nacht kommen und dann mal schauen, wie es beim Weitsprung läuft. Im Training haben wir noch einmal an den letzten Schritten gearbeitet und ich freue mich dann morgen zu zeigen, wie hart wir gearbeitet haben. Da ich ein bisschen angeschlagen bin, hoffe ich, dass sich die Ärzte ein bisschen was überlegt haben. Das schlaucht natürlich auch und meine Stimme hat mich leider ganz verlassen den Tag über. Ich hoffe, dass das morgen deutlich besser ist – und ansonsten: einfach durchkämpfen.“

EM 2022 München

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