| Diamond League Chorzów

2,34 Meter – Tobias Potye hakt in überragender Flugshow die Olympia-Norm ab

Zwei deutsche Asse haben am Sonntagabend beim Kamila Skolimowska Memorial im polnischen Chorzów bereits die Olympia-Normen für Paris erfüllt. Katharina Trost verbesserte sich in einem pfeilschnellen 1.500-Meter-Rennen um mehr als eine Sekunde. Und Hochspringer Tobias Potye bot den beiden Olympiasiegern Paroli.
Svenja Sapper

Eine Flugshow der Hochspringer krönte am Sonntagabend das Diamond-League-Meeting in Chorzów (Polen). Die Hauptdarsteller hießen Mutaz Essa Barshim (Katar), Gianmarco Tamberi (Italien) – und Tobias Potye. Der Vize-Europameister aus München lieferte im Stadion Śląski den Wettkampf seines Lebens ab. Dabei hatte der Abend für ihn zunächst wenig vielversprechend begonnen. Nach Problemen mit seinem Anlauf benötigte der Deutsche Meister sowohl über 2,24 als auch über 2,27 Meter drei Versuche. Damit stellte er seine Saisonbestleistung ein. 

Das sollte jedoch erst der Anfang gewesen sein. Denn dann egalisierte Tobias Potye im zweiten Anlauf seinen Hausrekord (2,30 m). Anschließend schraubte sich der 28-Jährige, ebenfalls im zweiten Versuch, über 2,32 Meter, die WM-Norm für Budapest (Ungarn; 19. bis 27. August). Und schließlich blieb die Latte auch bei 2,34 Meter liegen! Das letzte Mal, dass ein deutscher Hochspringer eine bessere Höhe meisterte, liegt fast fünf Jahre zurück: Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen) floppte 2018 bei seinem EM-Titel in Berlin über 2,35 Meter. 

Mit dieser Leistung katapultierte sich Tobias Potye nicht nur auf Rang sieben der ewigen deutschen Bestenliste, er hakte auch bereits die Norm für die Olympischen Spiele in Paris (Frankreich) 2024 ab. "Nach dem Aufwärmen wusste ich: Da geht was!", sagte der Münchner im Interview bei Sky Sport. "Und das war noch nicht alles!"

Doppelte Olympia-Norm für München

Seine Topform hatte sich bereits im Vorfeld angedeutet: Bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel hatte Potye die 2,31 Meter nur hauchdünn gerissen. In Chorzów belegte er höhengleich mit dem zweitplatzierten Europameister Gianmarco Tamberi den dritten Rang. Mit neuer Weltjahresbestleistung pokerte sich Weltmeister Mutaz Essa Barshim, der sich nach zwei Fehlversuchen seinen letzten Sprung für 2,36 Meter aufgehoben hatte, erfolgreich zum Sieg. 

Tobias Potye war jedoch nicht der einzige Münchner, der im Stadion Śląski bereits die "Road to Paris" einschlug. Seine Vereinskollegin Katharina Trost erwischte ein pfeilschnelles 1.500-Meter-Rennen – und das, obwohl diese Disziplin in Chorzów gar nicht zum Diamond-League-Programm zählte. Vier Äthiopierinnen fackelten an der Spitze ein Feuerwerk ab. In 3:54,87 Minuten behauptete sich Hirut Meshesha mit sechs Hundertstelsekunden Vorsprung auf Birke Haylom, die beiden reihten sich damit auf Platz drei und vier der Weltjahresbestenliste ein.

Dritte wurde in 3:55,08 Minuten Teamkollegin Diribe Welteji. Sieben Athletinnen blieben unter vier Minuten. Zehn Läuferinnen, darunter die Top Neun des Rennens, erzielten neue Bestleistungen. So auch Katharina Trost: Die Deutsche Meisterin rannte in 4:02,32 Minuten auf Platz neun und verbesserte ihre Bestzeit um mehr als eine Sekunde. Noch wichtiger: Sie unterbot damit sowohl die WM-Norm für Budapest, die bei 4:03,50 Minuten liegt, als auch den Richtwert für die Olympischen Spiele in Paris (Frankreich) 2024. Dieser ist auf 4:02,50 Minuten festgesetzt. 

Gina Lückenkemper nicht ganz zufrieden

100-Meter-Europameisterin Gina Lückenkemper übte nach ihrem 100-Meter-Rennen Selbstkritik. "Auf den ersten Metern sind Fehler passiert, die nicht hätten sein dürfen", sagte die Sprinterin des SCC Berlin nach Rang sieben (11,09 sec). "Die Zielsetzung für heute war definitiv eine andere." In 10,76 und 10,78 Sekunden preschten die US-Amerikanerin Sha'Carri Richardson und die Weltjahresbeste aus Jamaika Shericka Jackson vorneweg. Auf Platz drei überraschte mit ihrer ersten Zeit unter elf Sekunden die Polin Ewa Swoboda (10,94 sec). 

Über 100 Meter der Männer und 110 Meter Hürden wurde es richtig knapp. Auf der Flachstrecke knöpfte Akani Simbine aus Südafrika (9,97 sec) Weltmeister Fred Kerley eine Hundertstelsekunde ab. Im Hürdensprint reichte Roger Iribarne aus Kuba (13,25 sec) eine Hundertstel Vorsprung auf den Franzosen Just Kwaou-Mathey zum Sieg. Bei den Frauen lag Weltrekordlerin Tobi Amusan (Nigeria; 12,34 sec) über 100 Meter Hürden in der Zielfoto-Auswertung hauchdünn vor Kendra Harrison (USA; 12,35 sec). 

Schnellster auf der Stadionrunde war in 44,08 Sekunden Weltrekordler Wayde van Niekerk (Südafrika). Auf Platz zwei schob sich mit Respektabstand Bayapo Ndori aus Botswana (44,61 sec). Grund zur Freude hatten auch die polnischen Gastgeber. Denn über 400 Meter bezwang Natalia Kaczmarek in 49,48 Sekunden die erstmals unter 50 Sekunden laufende Niederländerin Lieke Klaver (49,81 sec) und die WM-Zweite Marileidy Paulino (Dominikanische Republik; 50,00 sec). Den neuen Meetingrekord und Rang fünf in der Welt gab’s für die EM-Zweite, die im Vorjahr in Chorzów ebenfalls Bestzeit (49,86 sec) gesprintet war, obendrauf.  

Jakob Ingebrigtsen in eigener Liga

Während Weltmeister Soufiane El Bakkali über 3.000 Meter Hindernis ein rasantes Tempo anschlug, machte Niklas Buchholz (LSC Höchstadt/Aisch) sein eigenes Rennen. Mit 8:03,16 Minuten distanzierte der Marokkaner die Kenianer Abraham Kibiwot (8:08,03 min) und Leonard Kipkemoi Bett (8:09,45 min) deutlich. Der DM-Dritte verbuchte in 8:30,01 Minuten seine drittbeste Karrierezeit – und landete als Elfter einen Platz vor dem Vize-Europameister von 2018 Fernando Carro (Spanien). 

Über 3.000 Meter der Frauen gab es einen äthiopischen Sieg: Freweyni Hailu stellte mit 8:26,61 Minuten einen weiteren Meetingrekord auf. Lilian Kasait Rengeruk (Kenia; 8:27,80 min) hatte das Nachsehen. In einem schnellen 800-Meter-Rennen schüttelte die WM-Dritte aus Kenia Mary Moraa mit 1:56,85 Minute die Weltmeisterin von 2019 Halimah Nakaayi (Uganda; 1:57,78 min) ab.   

Jakob Ingebrigtsen kann sich derzeit nur selbst schlagen. Getrieben von drei Pacemakern – darunter mit Stewart McSweyn (Australien) der Olympia-Siebte über 1.500 Meter – legte der Olympiasieger aus Norwegen ein weiteres 1.500-Meter-Rennen der Extraklasse hin. In 3:27,14 Minuten schraubte er seinen eigenen Europarekord noch einmal um acht Zehntelsekunden nach unten. Trotz Bestzeit (3:29,11 min) hatte der Olympia-Vierte aus Kenia Abel Kipsang nichts entgegenzusetzen. 

Bo Kanda Lita Baehre Fünfter

Ähnlich dominant wie sein skandinavischer Kollege ist in diesem Sommer auch der Stabhochsprung-Weltrekordler. Überflieger Armand Duplantis fuhr in souveräner Manier seinen nächsten Sieg ein. Der Schwede schwang sich als Einziger über 6,01 Meter. Rang zwei holte sich mit 5,91 Metern der zweimalige Weltmeister Sam Kendricks (USA), der zehn Zentimeter höher kam als sein Teamkollege Chris Nilsen. Auf Platz fünf gingen für den Leverkusener Bo Kanda Lita Baehre 5,71 Meter in die Ergebnislisten ein. 

Über den Sieg im Hochsprung der Frauen entschied die Anzahl der Fehlversuche – eine weiße Weste bis 1,98 Meter bescherte der Ukrainerin Iryna Gerashchenko schließlich den Sieg vor der Olympia-Zweiten Nicola Olyslagers (Australien) und der zweiten Ukrainerin Yuliya Levchenko. Alle drei steigerten den Meetingrekord um einen Zentimeter. Das Kugelstoßen gewann  Weltrekordler Ryan Crouser (USA) mit 22,55 Metern souverän. Im Hammerwurf setzte sich Polens Europameister Wojciech Nowicki (80,02 m) durch, bei den Frauen triumphierte mit Brooke Andersen (75,40 m) ebenfalls die Weltjahresbeste.

Haruka Kitaguchi wirft Weltjahresbestleistung

Auf den ersten 15-Meter-Sprung der Dreisprung-Konkurrenz mussten die Fans lange warten. Denn erst in ihrem letzten Versuch flog Weltrekordlerin Yulimar Rojas auf 15,18 Meter, ihre eigene Weltjahresbestleistung steigerte sie damit um zwei Zentimeter. Europameisterin Maryna Bekh-Romanchuk (Ukraine) sortierte sich mit 14,70 Metern auf Platz zwei ein, drei Zentimeter vor Leyanis Péréz Hernández (Kuba).

Den lautesten Jubel im Speerwurf gab es nach dem letzten Versuch der Konkurrenz: Die WM-Dritte aus Japan Haruka Kitaguchi feuerte ihr Wurfgerät in der Runde der "Final Three" auf eine neue Weltjahresbestleistung von 67,04 Metern. Ihren knapp vier Jahre alten japanischen Rekord, der bei exakt 66 Metern gestanden hatte, übertraf sie um mehr als einen Meter. "Best of the rest" war mit 64,50 Metern die Australierin Mackenzie Little.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

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