| Riga 2023

Kenia räumt bei Straßenlauf-WM ab – Bestzeit für Aaron Bienenfeld

Kenia und Äthiopien haben erwartungsgemäß die ersten Straßenlauf-Weltmeisterschaften in Riga dominiert. Im Halbmarathon sowie über 5 Kilometer und die Meile sicherten sie sich fünf der sechs Titel und 15 der 18 Medaillen. Das Halbmarathon-Podium war dabei komplett in kenianischer Hand. Für das beste deutsche Resultat sorgte Aaron Bienenfeld mit Platz 32 und Bestzeit im Halbmarathon.
Jörg Wenig / Silke Bernhart

Im Halbmarathon der Männer bestimmten am Sonntag in Riga (Lettland) die Läufer aus Kenia an der Spitze das Geschehen. Nach einem verhaltenen Beginn wurde das Rennen in der zweiten Hälfte schneller. Dabei war es zunächst Sabastian Sawe, der sich nach der 15-Kilometer-Marke etwas absetzen konnte und mit dieser Tempoverschärfung die zuvor 13-köpfige Spitzengruppe auseinanderriss. In der Folge übernahm jedoch sein kenianischer Landsmann Daniel Ebenyo die Spitzenposition. Noch bei Kilometer 20 hatte der Vize-Weltmeister über 10.000 Meter einen Vorsprung von vier Sekunden auf Sawe, doch auf dem letzten Kilometer wendete sich das Blatt nochmals.

Kurz vor dem Ziel überholte Sabastian Sawe, der im Frühjahr Platz sieben bei der Cross-WM belegt und dann den Berliner Halbmarathon gewonnen hatte, Daniel Ebenyo und lief in 59:10 zum größten Sieg seiner Karriere. Ebenyo folgte in 59:14 Minuten. Samwel Mailu, der sich auf den Start beim Mainova Frankfurt-Marathon am 29. Oktober vorbereitet, sicherte sich mit einem persönlichen Rekord von 59:19 Minuten die Bronzemedaille, nachdem er bei Kilometer 20 den am Ende viertplatzierten Äthiopier Jemal Mekonnen (59:22 min) überholt hatte. Einen starken fünften Platz belegte der Franzose Jimmy Gressier, der mit 59:46 Minuten eine persönliche Bestzeit erreichte – nur fünf Europäer waren je schneller.

Aaron Bienenfeld steigert sich um zwei Sekunden

Ein recht gutes Rennen lief Davor Aaron Bienenfeld (SSC Hanau-Rodenbach), der auf Rang 32 mit 61:49 Minuten seine Bestzeit um zwei Sekunden unterbot. Nicht in Halbmarathon-Bestform war dagegen der Marathon-Europameister Richard Ringer (LC Rehlingen), der 62:47 Minuten lief und Platz 38 belegte. Filmon Teklebrhan-Berhe (LAC Freiburg) lief in Riga auf Rang 57 in 64:12 Minuten. Er war das Rennen am schnellsten angegangen und die ersten 5 Kilometer in der Spitzengruppe mitgelaufen. Am Ende machten ihm nicht nur das schnelle Anfangstempo, sondern auch Fersenschmerzen zu schaffen, aufgrund derer er nach dem Rennen medizinisch behandelt werden musste.

"Aaron kann Positives mitnehmen aus diesem Rennen, er hatte ja gar nicht so viel Vorbereitung und ist dennoch Bestzeit gelaufen", bilanzierte Marathon-Bundestrainer Matthias Kohls, der das DLV-Trio nach Riga begleitet hatte. "Bei Richard war leider von Anfang an der Wurm drin und die Beine waren schwer. Wir wissen nicht genau warum, vielleicht war seine vorletzte Trainingswoche in Vorbereitung auf den Valencia Marathon etwas viel, aber er fühlte sich vorher noch in Ordnung." Filmon Teklebrhan-Berhe hatte vor dem Start in Riga erstmals ein Höhentrainingslager absolviert, aus dem er direkt angereist war – ein Experiment, das sich für dieses Mal nicht bewährt habe, so Kohls.

Peres Jepchirchir bleibt auf dem Halbmarathon-Thron

Den WM-Titel im Halbmarathon der Frauen gewann zum dritten Mal nach 2016 und 2020 die Kenianerin Peres Jepchirchir. Auch hier war das Tempo lange Zeit recht moderat. Nach einer 10-Kilometer-Zwischenzeit von 32:19 Minuten wurde es erst auf den letzten sechs Kilometern deutlich schneller. Gut einen Kilometer vor dem Ziel waren neben der Titelverteidigerin mit Margaret Kipkemboi und Catherine Amanang’ole noch zwei weitere Kenianerinnen sowie Äthiopiens Vize-Weltmeisterin im Crosslauf Tsigie Gebreselama in der Spitzengruppe.

Während die Äthiopierin etwas zurückfiel, entwickelte sich an der Spitze ein Zweikampf zwischen Kipkemboi und Jepchirchir, den die Marathon-Olympiasiegerin schließlich in 67:25 Minuten gewann. Kipkemboi folgte als Zweite in 67:26 Minuten vor Amanang’ole (67:34 min) und Gebreselama (67:50 min). Beste Europäerin war die Britin Celli Thackery als Siebte mit einer persönlichen Bestzeit von 68:56 Minuten.

Premiere für zwei WM-Strecken

Zum ersten Mal wurden in Riga auch Weltmeisterschaften über die Meile und die 5-Kilometer-Distanz veranstaltet. Über 5 Kilometer machten die Athleten aus Kenia und Äthiopien die Medaillen nicht überraschend unter sich aus. Dabei war es Crosslauf-Weltmeisterin Beatrice Chebet (Kenia), die sich einen weiteren globalen Titel und das Rennen in 14:35 Minuten vor ihrer Landsfrau Lilian Rengeruk (14:39 min) und der Äthiopierin Ejgayehu Taye (14:40 min). Hinter der viertplatzierten Medina Eisa (Äthiopien; 14:41 min) zeigte die Italienerin Nadia Battocletti als Fünfte eine starke Leistung. Die beste Europäerin lief mit 14:41 Minuten einen nationalen Rekord.

Bei den Männern war es am Ende anders herum: Hier siegte der Äthiopier Hagos Gebrhiwet in 12:59 Minuten vor seinem Landsmann Yomif Kejelcha (13:02 min) und dem Kenianer Nicholas Kipkorir (13:16 min). Für den 29-jährigen Gebrhiwet war es – abgesehen von seinem U20-Sieg der Cross-WM 2013 – der erste WM-Titel seiner Karriere.

Faith Kipyegon geschlagen

Die größte Überraschung dieser Titelkämpfe gab es im Meilenrennen der Frauen. Denn die dominierende Läuferin des Jahres Faith Kipyegon musste sich geschlagen geben. Die Kenianerin, die in dieser Saison bereits Weltrekorde auf der Bahn über 1.500 Meter, die Meile und 5.000 Meter gelaufen war und bei der WM als erste Frau sowohl die 1.500 als auch die 5.000 Meter gewonnen hatte, musste sich in Riga mit der Bronzemedaille und einer Zeit von 4:24,13 Minuten zufrieden geben.

Die Äthiopierin Diribe Welteji, die bei der WM im August über 1.500 Meter Silber gewonnen hatte, triumphierte in 4:20,98 Minuten vor ihrer Landsfrau Freweyni Hailu (4:23:06 min). Die Siegzeit ist ein Weltrekord für reine Frauenrennen (ohne männliche Tempomacher). Erst seit ganz kurzer Zeit führt der internationale Leichtathletik-Verband World Athletics Meilen-Weltrekorde auf der Straße, insofern war es keine Überraschung, dass hier eine neue Bestmarke fiel. Beste Europäerin war die Spanierin Marta Perez als Sechste in 4:34,12 Minuten.

Bei den Männern setzte sich in Abwesenheit einiger der besten Mittelstreckenläufer überraschend der erst 20-jährige US-Amerikaner Hobbs Kessler (USA) durch. Auch seine Zeit von 3:56,13 Minuten ist ein Weltrekord. Für Hobbs Kessler war es der erste Start bei einer internationalen Meisterschaft, nachdem er die WM-Qualifikation für Budapest (Ungarn) über 1.500 Meter verpasst hatte. Callum Elson (Großbritannien) gewann in 3:56,41 Minuten Silber und damit die einzige Medaille für Europa, vor Samuel Prakel (USA; 3:56,43 min).

Viel Bewegung im Straßenlauf

National werden bisher noch keine deutschen Meistertitel über die Meile und über 5 Kilometer vergeben. Auf kontinentaler Ebene stehen im Frühjahr 2025 in Brüssel (Belgien) die ersten Straßenlauf-Europameisterschaften auf dem Programm, allerdings mit Rennen über 10 Kilometer, im Halbmarathon und Marathon. Außerdem gibt's in dem Jahr, noch ohne festen Termin, die zweite Auflage der Straßenlauf-WM in San Diego (USA). Davor liegt das EM- und Olympia-Jahr 2024, in dem in Rom (Italien) der Halbmarathon und in Paris (Frankreich) der Marathon ausgetragen wird.

"Da sind viele Dinge in Bewegung", stellt Matthias Kohls fest, "und noch nicht ist ganz klar, mit welcher Wertigkeit die einzelnen Meisterschaften belegt sind. Die Straßenlauf-WM ist ein neues Format, auf das wir uns einstellen müssen und entscheiden müssen, wie wir damit umgehen." Für die Ausrichtung der Premiere hatte er viel Lob an die Ausrichter übrig. "Auf den kürzeren Distanzen waren die Felder zwar überschaubar, aber besonders der Halbmarathon war stark besetzt, auch quantitativ, und es gab insgesamt starke Leistungen an der Spitze."

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

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