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Luna Bulmahn stürmt die 400-Meter-Charts

Von 28 auf 2: Luna Bulmahn ist die Aufsteigerin des Winters auf den 400 Metern. Ihre Freiluft-Bestzeit unterbot die 19-Jährige in der Halle gleich um fast zwei Sekunden. Damit ist die bis vor Kurzem unbekannte Hannoveranerin ganz plötzlich sogar eine Anwärterin auf einen Platz in der deutschen 4x400-Meter-Staffel.
Martin Neumann

Die Älteren werden sich erinnern: Es gab Zeiten, da warteten Musikfans Woche für Woche gespannt vor dem Radio darauf, welche Songs die Top-100-Charts anführten und welche sich im Vergleich zur Vorwoche besonders weit nach oben gearbeitet haben. Überträgt man diesen Vergleich auf die deutsche Leichtathletik, ist Luna Bulmahn (VfL Eintracht Hannover) die absolute Chart-Stürmerin. Der 19-Jährigen gelang über 400 Meter das Kunststück, sich von Platz 28 der deutschen Freiluft-Bestenliste 2018 der Frauen (55,30 sec) mit 53,33 Sekunden auf Platz zwei der deutschen Hallen-Bestenliste 2019 nach vorn zu katapultieren. Die Steigerung um fast zwei Sekunden ist gleichbedeutend mit einer kleinen Ewigkeit auf den 400 Metern.

Als Krönung gab’s Silber bei der Hallen-DM in Leipzig <link video:19751>(Video vom Lauf) vor arrivierteren Athletinnen wie Laura Müller (LC Rehlingen) oder Corinna Schwab (LG Telis Finanz Regensburg). Nur die wenigsten Konkurrentinnen dürften die Hannoveranerin im Medaillenrennen überhaupt auf der Rechnung gehabt haben. „Ich bin ohne Druck in die Hallen-DM gegangen. Das war wahrscheinlich mein großer Pluspunkt“, sagt die Langsprinterin.

Erkrankung vermasselt die Saison 2018

Klar wusste Luna Bulmahn schon zu Beginn des Winters, dass sie deutlich mehr drauf hatte als im Vorjahr. „2018 lief nicht rund für mich. Nach dem Abitur hatte ich sechs Wochen mit einer Bronchitis zu kämpfen und kam dementsprechend erst spät in Fahrt“, erzählt die 19-Jährige, die sich momentan im Trainingslager auf Teneriffa auf die Saison vorbereitet.

Dafür klappte es 2019 gleich umso besser. Die ersten Rennen in Hannover dominierte sie im Januar mit 54,88 und 54,07 Sekunden. Sie war so überrascht vom eigenen Tempo, dass sie sich sogar zweimal umschaute, wo die Konkurrenz blieb. „Das habe ich bei der Hallen-DM in Leipzig dann zum Glück nicht gemacht“, sagt Luna Bulmahn und lacht bei der Erinnerung an die Rennen.

Seit dem Herbst in einer Trainingsgruppe mit Ruth Sophia Spelmeyer

Neben der Gesundheit ist für die PR-Studentin der Wechsel im September 2018 in die Gruppe des erfahrenen Langsprint-Trainers Edgar Eisenkolb ausschlaggebend für die Leistungssteigerung. Sechs Einheiten pro Woche stehen für Luna Bulmahn auf dem Trainingsplan. Während Krafttraining nicht so ihr Ding sei, liebe sie lange Tempoläufe. Im Training kann sie sich an der schnellsten deutschen 400-Meter-Läuferin der vergangenen Jahre orientieren: Ruth Sophia Spelmeyer. „Speziell im Athletikbereich ist sie mir um Längen voraus“, sagt Luna Bulmahn über die Olympia-Halbfinalistin von Rio, die nach der verletzungsbedingt verpassten EM-Saison für ihr Comeback trainiert.

Siebenmal in ihrer Karriere hat Ruth Sophia Spelmeyer schon die 52-Sekunden-Marke unterboten. Die nächste „Schallmauer“ für Luna Bulmahn ist die 53-Sekunden-Marke. Ein machbares Unterfangen im Sommer. Sagt man doch, dass durch die engen Kurven in der Halle die 400 Meter rund eine halbe Sekunde langsamer sind als im Freien. „Allerdings bin ich trotz meiner Größe eine gute Hallenläuferin und liebe es, durch die Kurven zu sprinten“, sagt die 1,76 Meter große Athletin. Darum sei sie nicht traurig, wenn es mit einer 52er-Zeit in der Sommersaison nicht klappen sollte.

Plötzlich die Chance auf WM- und Olympiastart

Schließlich weiß sie trotz ihrer erst 19 Jahre nur zu genau, dass in der Leichtathletik die Tagesform und Hundertstel entscheiden. So wie bei der Junioren-Gala 2018 in Mannheim. Um eine Hundertstel verpasste Luna Bulmahn vor einem dreiviertel Jahr die U20-WM-Qualifikation für die deutsche 4x400-Meter-Staffel. 2019 könnte sie gleich für drei Nationalstaffeln ins Rennen gehen. Denn nach den World Relays am zweiten Mai-Wochenende in Yokohama (Japan) stehen im Juli die U23-EM in Gävle (Schweden) und als absoluter Saisonhöhepunkt die WM in Doha (Katar; 28. September bis 6. Oktober) auf dem Programm. Und dann wären da ja noch die Olympischen Spiele 2020 in Tokio (Japan). „Dass es für mich vielleicht die Chance geben wird, mich für Olympia zu qualifizieren. Damit hätte ich bis vor ein paar Wochen niemals gerechnet“, gibt die 19-Jährige offen zu.

Dass Luna Bulmahn überhaupt bei den 400 Metern gelandet ist, hat sie Thomas Kremer zu verdanken. Der langjährige Bundestrainer gab ihr nach einem 200-Meter-Rennen beim U20-Ländervergleich in Halle/Saale den Tipp, es mal auf der längeren Strecke zu probieren. „Meine Schrittfrequenz ist einfach nicht hoch genug für den Kurzsprint“, weiß die 19-Jährige um ihre Schwachstelle auf den Unterdistanzen. Auch in diesem Bereich soll in den kommenden Wochen und Monaten konsequent gearbeitet werden. Damit Luna Bulmahn auf den 400 Metern weiterhin für Musik sorgt.

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