Der große Disziplin-Check 2014 - Sprint Frauen

Das Leichtathletik-Jahr 2014 ist fast Geschichte. Hinter den Topathleten liegen die EM in Zürich (Schweiz), die Team-EM in Braunschweig und die Hallen-WM in Sopot (Polen). Der Nachwuchs hat bei der U20-WM in Eugene (USA) und den Olympischen Jugendspielen in Nanjing (China) internationale Erfahrungen gesammelt. Zeit zurückzublicken – und die deutschen Leistungen in den einzelnen Disziplingruppen genauer unter die Lupe zu nehmen. Heute: der Sprint der Frauen.

2014 im Rückblick

So ganz rund lief es 2014 nicht für die deutschen Sprinterinnen - auch wenn einige Athletinnen für erfreuliche Ausnahmen sorgten. In der Halle war es wieder einmal Verena Sailer (MTG Mannheim), die mit konstant guten Leistungen überzeugte und es bis auf Rang acht der Hallen-WM schaffte - ein schöner Erfolg für die 29-Jährige, die zuvor noch nie in einem WM-Finale stand.

Die Freiluft-Saison begann mit einem soliden sechsten Platz über 4x100 Meter bei der Staffel-WM auf den Bahamas - und der direkten Qualifikation für die WM 2015. Die 4x200 Meter Staffel konnte dezimiert durch Verletzungs-Ausfälle nicht starten. Dieses Phänomen zog sich durch die gesamte Saison, in der mit Katharina Grompe (LG Olympia Dortmund), Anna-Lena Freese (FTSV Jahn Brinkum) und Maike Dix (TV Wattenscheid 01) drei starke 200-Meter-Sprinterinnen ausfielen und mit der Deutschen Meisterin von 2013 Inna Weit eine weitere angeschlagen war.

Diese Lücke nutzte die 21 Jahre junge Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) für einen Durchmarsch mit DM-Gold über 200 Meter in der Halle und im Freien, einer neuen Bestleistung von 23,01 Sekunden und ihrer EM-Premiere über 100 Meter. Mit Josefina Elsler (SC Paderborn) und Nadine Gonska (MTG Mannheim) waren zwei weitere Newcomerinnen im EM-Staffelaufgebot, die 2014 ins Rampenlicht preschten.

Dass die Jungen nach vorne drängen, zeigte sich auch über 100 Meter, wo Verena Sailer zum ersten Mal seit 2006 bei einer Freiluft-DM mit Rang zwei vorlieb nehmen musste - hinter der 22 Jahre alten Tatjana Pinto (LG Brillux Münster). Für beide war bei der EM im Halbfinale Schluss, besonders für Verena Sailer eine Enttäuschung, denn mit ihrer Saison-Bestzeit von 11,14 Sekunden zählte sie 2014 zu den Top Fünf in Europa. Ein gutes Resultat mit der Staffel, die als Titelverteidiger angetreten war, hätte die Enttäuschung wettmachen können. Doch hier ging im Vorlauf der Staffelstab verloren.

Wie am Schnürchen klappte es dagegen für die 4x100 Meter Staffel der weiblichen Jugend U20 bei der U20-WM in Eugene (USA). Der Lohn: eine überraschende Bronzemedaille. Auch im Einzel schaffte es eine Athletin bis ins Finale: Gina Lückenkemper (LAZ Soest) wurde über 200 Meter Achte - eine bessere Platzierung machte ein verpatzter Start zunichte.

Unsere Top Drei

<link http: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail verena-sailer zum athletenporträt von verena>Verena Sailer

MTG Mannheim, 28 Jahre
SB: 11,14 sec | PB: 11,02 sec (2013)
DM: 2. Platz
Hallen-WM: 8. Platz | EM: Halbfinale (100 m), Vorlauf-Aus (4x100 m Staffel)
DLV-Jahresbestenliste: 1.
Europäische Bestenliste: 5.
Welt-Jahresbestenlisten: 34.

<link http: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail tatjana-lofamakanda-pinto zum athletenporträt von tatjana>Tatjana Pinto

LG Brillux Münster, 22 Jahre
SB: 11,20 sec | PB: 11,19 sec (2012)
DM: 1. Platz
Hallen-WM: - | EM: Halbfinale (100 m), Vorlauf-Aus (4x100 m Staffel)
DLV-Jahresbestenliste: 2.
Europäische Bestenliste: 10.
Welt-Jahresbestenlisten: 44.

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail rebekka-haase zum athletenporträt von rebekka>Rebekka Haase

LV 90 Erzgebirge, 21 Jahre
SB: 11,32 sec (100 m), 23,01 sec (200 m) | PB: 11,32 sec/23,01 sec (2014)
DM: 3. Platz (100 m ), 1. Platz (200 m)
Hallen-WM: - | EM: Vorlauf-Aus (4x100 m Staffel)
DLV-Jahresbestenliste: 3. (100 m), 1. (200 m)
Europäische Bestenliste: 25. (100 m), 14. (200 m)
Welt-Jahresbestenlisten: 55. (200 m)

Unsere Hoffnungsträgerin

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail gina-lueckenkemper zum athletenporträt von gina>Gina Lückenkemper

LAZ Soest, 17 Jahre
SB: 11,54 sec (100 m), 23,26 sec (200 m) | 11,59 sec/23,26 sec (2014)

Platz eins über 100 und 200 Meter der deutschen U20-Bestenlisten, zwei deutsche U20-Titel und sogar in der U23-Altersklasse Deutsche Meisterin über 200 Meter - Gina Lückenkemper ist einsame Spitze im deutschen Nachwuchsbereich. Bei der U20-WM stand sie im 200-Meter-Finale und holte Bronze mit der Staffel. Ein weiteres Nachwuchsjahr hat sie noch vor sich!

Der Pechvogel

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail katharina-grompe zum athletenporträt von katharina>Katharina Grompe

LG Olympia Dortmund, 21 Jahre
SB: 11,43 sec | PB:11,43 sec (2014)

Diesen unbeliebten Titel hätten sich 2014 wohl gleich mehrere Athletinnen verdient. Katharina Grompe zum Beispiel hatte sich nach einer Verletzungspause mit neuer 100-Meter-Bestzeit gerade wieder zurückgemeldet - da musste sie zum zweiten Mal in Folge eine Saison vorzeitig beenden. Ähnliches Pech hatten Anna-Lena Freese und Christina Haack (TV Wattenscheid 01), die kurzfristig für die Staffel-WM ausfielen. Maike Dix hatte schon für das Vorbereitungs-Trainingslager gepasst.

2015 im Ausblick

Die Sprinttalente sind da - und wenn sie einmal gesund durch die Saison kommen, ist 2015 so einiges möglich, vor allem im U23-Bereich. Mit Rebekka Haase, Katharina Grompe und Anna-Lena Freese hätte der DLV hier gleich drei heiße Eisen im Feuer, auch die lange verletzte Alexandra Burghardt (MTG Mannheim) könnte in Tallinn (Estland) zur U23-EM dazustoßen. Da ist sowohl im Einzel als auch mit der Staffel das EM-Treppchen nicht weit.

Für die Leistungsträgerinnen der vergangenen Jahre Verena Sailer und Tatjana Pinto, 2015 der U23-Klasse entwachsen, winkt bei der Hallen-EM in Prag (Tschechische Republik) und der WM in Peking (China) die internationale Bühne. Gut möglich, dass ihnen im Einzel die ein oder andere Nachwuchssprinterin folgen kann.

Bei der Hallen-EM 2013 war Verena Sailer als beste Deutsche Achte geworden, da ist 2015 noch Luft nach oben. Bei der WM dagegen gilt es, möglichst über 100 und 200 Meter im Halbfinale eine gute Visitenkarte abzugeben und dann in der Staffel mit vereinter Kraft am Thron der Sprintnationen zu rütteln.

Mit Gina Lückenkemper hat der DLV für die U20-EM in Eskilstuna (Schweden) eine Medaillenkandidatin in seinen Reihen, auch Lisa Mayer (LG Langgöns-Oberkleen) kann nach der U18-WM 2013 wieder mit einem internationalen Finale liebäugeln. Für die Staffel gilt es, die Erfolgsserie der vergangenen Jahre fortsetzen.

Das sagt der Bundestrainer

Herr Stein, wie fällt Ihre Bilanz für das EM-Jahr 2014 aus?

Ronald Stein:

Die Saison war nicht zufriedenstellend. Es gab viele verletzte Athletinnen wie Katharina Grompe, Anna-Lena Freese, Leena Günther oder Maike Dix. Dazu waren viele Athletinnen angeschlagen wie Inna Weit, Yasmin Kwadwo oder Alexandra Burkhardt). Die Hälfte des gesamten Kaders war durch Verletzungen nicht in der Lage, die Sommersaison auf hohem Leistungsniveau zu absolvieren. Mit dem 6.Platz in Nassau bei der Staffel-WM und den 42,63 Sekunden von Lausanne hat die Staffel trotzdem gezeigt, dass sie im Weltstandart mithalten kann. Die EM in Zürich verlief enttäuschend, wir hatten keine Sprinterin im Finale. In Helsinki waren es vor zwei Jahren noch drei. Die Disqualifikation mit der Staffel kostete uns die angestrebte Medaille.

Was oder wer war für Sie das ganz persönliche Highlight der vergangenen Monate?

Ronald Stein:

Da gibt es mehrere. Die Vorstellung von Verena Sailer in Sopot war ein absolutes Highlight. Seit langem war wieder eine deutsche Sprinterin in einem WM-Finale. Außerdem denke ich noch gerne an die 42,63 Sekunden der Staffel in Lausanne, mit Reserven um noch deutlich schneller zu laufen. Auch die Leistungsentwicklung von Rebekka Haase, Josefina Elsler und Nadine Gonska ist als sehr positiv zu bewerten.

Mit welchen Aufgaben und Zielen gehen Sie in die kommende Saison?

Ronald Stein:

Wir wollen im nächsten Jahr bei der Staffel-WM in Nassau die direkte Olympia-Qualifikation erreichen, das bedeutet einen Platz unter den besten Acht. Bei der WM ist das Ziel Platz drei bis sechs mit der Staffel und ein gutes Abschneiden der Einzelstarter mit Ziel Top zwölf. Um die Entwicklung der Einzelleistungen zu fördern, soll es Training unter optimalen klimatischen Bedingungen geben. Die Zusammenarbeit mit der medizinischen und physiotherapeutischen Abteilung soll verbessert werden, um die hohe Ausfallquote zu minimieren. Bei U23-EM streben wir Finalplatzierungen über die Einzelstrecken und mit der Staffel Platz eins bis drei an.

Zahlen und Fakten

Die Jahresbesten (100 Meter)

11,14 sec - Verena Sailer (MTG Mannheim)
11,20 sec - Tatjana Pinto (LG Brillux Münster)
11,32 sec - Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge)
11,33 sec - Josefina Elsler (LC Paderborn)
11,39 sec - Inna Weit (LC Paderborn)
11,43 sec - Katharina Grompe (LG Olympia Dortmund)
11,44 sec - Esther Cremer (TV Wattenscheid 01)
11,51 sec - Yasmin Kwadwo (MTG Mannheim)
11,53 sec - Nadine Gonska ( MTG Mannheim)
11,54 sec - Gina Lückenkemper (LAZ Soest)

Die Jahresbesten (200 Meter)

23,01 sec - Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge)
23,15 sec - Esther Cremer (TV Wattenscheid 01)
23,18 sec - Inna Weit (LC Paderborn)
23,26 sec - Gina Lückenkemper (LAZ Soest)
23,27 sec - Nadine Gonska (MTG Mannheim)
23,33 sec - Josefina Elsler (LC Paderborn)
23,62 sec - Friederike Möhlenkamp (LT DSHS Köln)
23,63 sec - Laura Müller (LSG Saarbrücken/Sulzbachtal)
23,73 sec - Sorina Nwachukwu (TSV Bayer 04 Leverkusen)
23,77 sec - Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt)

Internationale Endkampf-Platzierungen 2014

Hallen-WM: Verena Sailer (8. Platz 60 Meter; 7,18 sec)
Staffel-WM: 6. Platz (4x100 Meter, 43,38 sec)
EM: keine
U20-WM: Gina Lückenkemper (8. Platz 200 Meter; 23,50 sec), 4x100 Meter Staffel (Bronze; 44,65 sec)
Olympische Jugendspiele: keine

Entwicklung des Spitzenniveaus 100 Meter

Entwicklung des Spitzenniveaus 200 Meter

Entwicklung Jahresbestleistungen 100 Meter

Entwicklung Jahresbestleistungen 200 Meter

Das fällt auf

• Verena Sailer ist über 100 Meter nach zwei Jahren an Europas Spitze von Dafne Schippers (Niederlande) abgelöst worden.
• Das Verletzungspech vieler deutscher Hoffnungsträgerinnen setzte sich 2014 fort.
• Dafür haben andere junge Athletinnen das Jahr 2014 genutzt, um auf sich aufmerksam zu machen.
• Die Topleistungen mit 100-Meter-Zeiten unter 11,10 Sekunden oder 200-Meter-Zeiten unter 23,00 Sekunden blieben 2014 aus.
• Über 200 Meter gibt es dennoch mit dem besten Zehnerschnitt seit zehn Jahren eine positive Entwicklung zu vermelden.

Video-Clips

60 Meter

<link video:9549>Verena Sailer in Topform
<link video:9546>Rebekka Haase beste Deutsche im B-Lauf
<link video:9396>Verena Sailer baut Titelserie aus
<link video:9111>Verena Sailer mit europäischer Jahresbestzeit

100 Meter

<link video:10158>Verena Sailer sprintet 11,14 Sekunden
<link video:9912>Tatjana Pinto mit 11,21 Sekunden
<link video:9731>Esther Cremer stellt Sprintstärke unter Beweis
<link video:10550>Gina Lückenkemper setzt sich über 100 Meter durch
<link video:10796>Katrin Wallmann sorgt für Überraschung

200 Meter

<link video:10228>Rebekka Haase knackt EM-Norm
<link video:10040>Gina Lückenkemper steigert sich auf 23,26 Sekunden
<link video:10790>Gina Lückenkemper macht das Double
<link video:10664>Eleni Frommann beißt sich durch
<link video:9453>Rebekka Haase sprintet an europäische Spitze

Die weiteren Disziplin-Checks 2014 im Überblick

<link news:37046>Sprint - Männer