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Spitzensporttagung Kienbaum: Analysen und Experten-Vorträge von hoher Qualität

Drei Tage lang trafen sich zu Beginn der Woche rund 80 Bundestrainer, Stützpunktleiter und Heimtrainer von Olympiakader-Athleten zur Spitzensporttagung im Olympischen und Paralympischen Trainingszentrum Kienbaum. Das Motto lautete: "Make Your Dreams Come True – unser Weg nach Tokio."
Peter Schmitt

Im Mittelpunkt der Spitzensporttagung der Leichtathletik in Kienbaum standen Themen zur Psychologie, Late Season, Monitoring und Medien sowie zur Analyse in den jeweiligen Disziplingruppen.

DLV-Vizepräsident Leistungssport Professor Dr. Dr. Hartmut Grothkopp eröffnete die Tagung, die am Mittwoch zu Ende ging, und hielt ein flammendes Plädoyer für den Trainerberuf: „Der Stellenwert des Trainers muss weiter verbessert werden. In vielen Bereichen fehlt noch immer die Anerkennung für außergewöhnliche Leistungen gerade in Corona-Zeiten. Für die hohe Einsatzbereitschaft möchte ich mich ganz besonders bei allen bedanken.“

„Mindful Leadership in außergewöhnlichen Zeiten“

Einer der Highlights war der Vortrag des renommierten Sportpsychologen Professor Dr. Jan Mayer, der den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) berät. Mit seinem Thema „Mindful Leadership in außergewöhnlichen Zeiten“ begeisterte er das Plenum. Gerade in Corona-Zeiten gelte es nicht blinden Aktionismus walten zu lassen, sondern innovativ zu denken und Gewohnheiten aufzubrechen, denn „im Zustand der Unsicherheit reagiert der Mensch gewohnheitsmäßig mit destruktiven Denkinhalten, die oft Pessimismus oder irreale Annahmen beinhalten."

In unsicheren Zeiten müsse man vor allem an der „eigenen Kohärenz arbeiten und dabei achtsam und mutig eigene Denkmuster erkennen“, sagte Mayer, der seit mehr als 20 Jahren erfolgreich auf dem Gebiet der Sport- und Gesundheitspsychologie arbeitet. Es helfe in den momentanen Zeiten vor allen ein Mindset aus Dankbarkeit, Offenheit und Freundschaft. „Das Team beginnt bei jedem Individuum – und im olympischen Kontext ist man den olympischen Werten verpflichtet, die nicht schneller, höher, weiter heißen, sondern Exzellenz, Respekt und Freundschaft.“

Lob an medizinisches Kompetenzteam für Hygienekonzepte

DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska und DLV-Chef-Bundestrainerin Annett Stein analysierten die sogenannte Late Season. Eine besondere Rolle spielte dabei das medizinische Kompetenzteam, das die Erarbeitung der Hygienekonzepte in den agilen Projektteams intensiv begleitet hatte, was Voraussetzung für Wettkämpfe wie die Deutschen Meisterschaften in Braunschweig, die Jugend-DM in Heilbronn, die Mehrkampf-DM in Vaterstetten sowie die Senioren-Mehrkampf-DM in Zell am Mehlis gewesen ist.

„Bei meinem Start vor 230 Tagen als Chef-Bundestrainerin habe ich mich auf die Steuerung von Trainingslagern und Nominierungsprozesse für Olympia vorbereitet, doch durch Corona war schnell klar, dass die Prämissen anders gesetzt werden. Für die Athleten waren die Wettkämpfe nach der Verschiebung der Olympischen Spiele auf 2021 Gold wert, vor allem was die Motivation betrifft“, sagte Annett Stein, die gleichzeitig noch einmal auf die herausragende Leistung von Johannes Vetter (LG Offenburg), Weltmeister von 2017 verwies. Der Speerwerfer verpasste bei seinem Wettkampf in Chorzow den Weltrekord (98,48 Meter) nur um 72 Zentimeter und pulverisierte seinen deutschen Rekord um 3,32 Meter. Für den Weg nach Tokio wünschte Annett Stein allen Coaches viel Mut und Flexibilität.

Idriss Gonschinska: „Müssen flexibel reagieren“

Dass der Blick nicht zurück, sondern nach vorne gerichtet sein muss, verdeutlichte Idriss Gonschinska in seiner Präsentation: „2021 müssen wir die besondere Herausforderung dieser Zeit annehmen, agil sein, flexibel reagieren, besser vernetzt und informiert sein. Mit höchster Qualität individuell trainieren. Belastung und Erholung optimieren. Die mentale Kompetenz systematisch fördern und trainieren. Es gilt, Verletzungen zu vermeiden und die Athleten optimal fit sowie zentriert bei den Olympischen Spielen in Tokio an den Start bringen. Wir dürfen uns nicht durch die Beschreibung von Problemen blockieren und müssen die jeweilige Chance in jedem Augenblick suchen.“

In den Disziplinanalysen wurde wiederholt deutlich, dass es aufgrund der dynamischen Entwicklung von Corona keine absolute Planungssicherheit geben kann, insbesondere was die einzelnen Trainingslager betrifft. Mit Kienbaum habe man jedoch eine ausgezeichnete Trainings-Möglichkeit in Deutschland mit einem hervorragenden Hygienekonzept.

Damit es künftig möglichst wenige Verletzte gibt, wurde ein sogenanntes Monitoring-System von Professor Dr. Rainer Knöller implementiert, das es allen Akteuren ermöglicht, jede wichtige Information auf dem digitalen Weg zu erhalten, um somit lange Kommunikationsstrecken zu vermeiden. „Wir sind hier im intensiven Austausch mit den einzelnen Disziplingruppen“, sagte Professor Knöller.

ARD-Kommentator Ralf Scholt: „Die Leichtathletik zieht“

Abgerundet wurde die Spitzensporttagung mit dem Auftritt von ARD-Kommentator Ralf Scholt mit anschließender Diskussion, der zum Thema „Athleten und Trainer im Fokus der Medien“ referierte und auf die Bedeutung von Vertrauen in der Zusammenarbeit zwischen Medien, Trainer und Athleten hinwies. Dabei sei es wichtig, Informationen aus erster Hand zu erhalten, um eine optimale Berichterstattung zu garantieren.

Die TV-Quoten – die DM in Braunschweig sahen in diesem Jahr über drei Millionen Zuschauer bei ARD und ZDF – zeigen: „Die Leichtathletik zieht. Grundsätzlich sollten die Leichtathleten den Vergleich mit dem Fußball aber unterlassen und stattdessen viel mehr Selbstbewusstsein zeigen“, sagte Scholt, der zwar für Medienschulungen plädierte, aber gleichzeitig klarmachte, dass man Interviewsituationen nicht trainieren kann.

Zur Vorbereitung auf Live-Sendungen sei vor allem der optimale Austausch miteinander wichtig, um die Berichterstattung so gut und informativ wie möglich zu gestalten. In der komplexen Welt der Leichtathletik ist es ferner hilfreich, Experten wie Ex-Zehnkämpfer Frank Busemann zu haben, die dem Zuschauer die komplexe Welt auf authentische Art erklären.

Ein Team der DLV-Trainer unterstützte im Anschluss an die Spitzensporttagung die Trainer-Akademie bei der A-Trainer-Ausbildung, die noch bis Sonntag dauert.

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