| Interview der Woche

Esther Jacobitz: "Ich wollte noch mal gucken, was im Sport geht"

Mit einem Start-Ziel-Sieg beim Köln-Marathon ist Esther Jacobitz (TK zu Hannover) am Sonntag ihrer Favoritenrolle gerecht geworden und in 2:37:00 Stunden zu ihrem ersten deutschen Meistertitel gelaufen. Im Interview verrät sie, wie sie ihr Debüt über 42,195 Kilometer erlebt hat, wieso es sich gelohnt hat, im letzten Jahr alles auf die Karte Leistungssport zu setzen und welche Rolle ihr Verlobter Hendrik Pfeiffer auf dem Weg zu ihrem Leistungssprung in diesem Jahr gespielt hat.
Jane Sichting

Esther Jacobitz, herzlichen Glückwunsch zum ersten deutschen Meistertitel. Der Marathon in Köln war zugleich Ihr Debüt über die 42,195 Kilometer lange Distanz. Wie war das Rennen?

Esther Jacobitz:
Es war der Anfang. Ich werde auf jeden Fall noch einmal einen Marathon rennen, wenn es etwas bessere Bedingungen sind. Jetzt habe ich hier schon einmal die ersten Erfahrungen gemacht. Ich muss noch gucken, dass ich das mit der Verpflegung besser hinbekomme, weil ich ab Kilometer 25 echt Magenprobleme bekommen habe und mir kaum mehr etwas zuführen konnte. Ich glaube, dass ich es auf jeden Fall besser könnte.

Trotz dieser Schwierigkeiten – haben Sie sich Ihr Debüt so vorgestellt?

Esther Jacobitz:
Tatsächlich hatte ich gehofft, dass es mir etwas länger etwas besser geht. Aber es ist trotzdem schön, weil es einfach der Titel ist und ich hier so lange in Köln gewohnt habe. Es waren so viele Leute da, die mich angefeuert haben. Die Stimmung in der Stadt war so geil, vor allem auf dem Ring war es richtig cool. Und ich konnte auch am Sonntag noch mit meiner Familie feiern. Das ist das, was zählt.

War das auch ein Grund, warum Sie sich für Köln entschieden haben? Der Marathon-Herbst hat auch noch weitere Rennen zu bieten...

Esther Jacobitz:
Ja, das ist auch ein Grund dafür. Und ich bin den Marathon auch nur gelaufen, weil ich gehofft hatte, dass ich den Titel holen kann.

Was bedeutet Ihnen der Titel?

Esther Jacobitz:
Ich habe ein Jahr lang mein Studium ausgesetzt und wollte noch mal gucken, was im Sport geht. Ich suche jetzt nach einem Ausrüster und hoffe, dass ich etwas bessere Karten habe, nachdem ich den Titel geholt habe.

Haben Sie die Auszeit vom Studium auch für Trainingslager genutzt?

Esther Jacobitz:
Anfang des Jahres war ich in Kenia und hatte dort meinen Halbmarathon vorbereitet, der bei deutlich kühleren Temperaturen auch deutlich besser lief. Dort bin ich eine Zeit gelaufen, mit der ich echt zufrieden war. Vor dem Marathon war ich noch einmal vier Wochen in Kenia. Das war echt hart und ich bin froh, dass ich jetzt erst einmal drei bis vier Wochen gar nicht laufen muss (lacht).

Bislang sind Sie in keinem Kader – sind die Investitionen in diese Trainingslager alles auch Investitionen in Ihre Laufkarriere? Oder zahlt Ihnen das ein Sponsor?

Esther Jacobitz:
Nein, das habe ich jetzt noch einmal selbst bezahlt. Weil ich jetzt einen Leistungssprung gemacht habe, hoffe ich aber, dass ich nächstes Jahr etwas Unterstützung bekomme.

Bisher haben Sie auf den Unterdistanzen überzeugt, etwa mit mit 72:53 Minuten beim Halbmarathon oder mit 33:44 Minuten auf 10 Kilometern. War der Sieg in Köln inklusive DM-Titel jetzt der Startschuss für eine Karriere in der Königsdisziplin des Langstreckenlaufs?

Esther Jacobitz:
Ich will jetzt auf jeden Fall erst nochmal Halbmarathon laufen und muss gucken, dass ich meine Bestzeiten über fünf und zehn Kilometer verbessere. Denn der Halbmarathon hat mir deutlich mehr Spaß gemacht als jetzt der Marathon (lacht).

Sind denn die Olympischen Spiele nächstes Jahr in Paris ein Ziel für Sie?

Esther Jacobitz:
Das ist auf keinen Fall mein Fokus. Die Olympia-Norm liegt bei 2:26:50 Stunden, und der Qualifikationszeitraum ist auch Ende Januar 2024 schon geschlossen. Ich brauche jetzt mindestens vier Wochen, um mich zu erholen, und dann will ich auch erst einmal nicht auf einen Marathon gehen. 

Steht in diesem Jahr noch ein weiteres Rennen für Sie an?

Esther Jacobitz:
Erst einmal heißt es zu regenerieren, und dann möchte ich Ende Januar in Spanien meinen nächsten Halbmarathon rennen. Da weiß man relativ zuverlässig, dass die Bedingungen besser sind.

Noch einmal zurück nach Köln. Welche Rolle hat Ihr Verlobter Hendrik Pfeiffer bei Ihrem Start-Ziel-Sieg gespielt? Er hat Sie von Beginn an als Tempomacher begleitet.

Esther Jacobitz:
Das war richtig wichtig. Er hat mir so viel geholfen – auch schon bei meinen Tempoläufen. Mir ging es die letzten zwei Wochen gar nicht so gut, auch im Training hat es nicht mehr so gut funktioniert, und meine Abschlusseinheit habe ich abgebrochen. Aber er hat mir immer gesagt, dass es bei ihm auch schon so oft mal schlecht lief, und sogar vor Berlin ging es ihm schlecht. Er hat gesagt, dass man trotzdem gut laufen kann. Das hat mir sehr geholfen.

Hendrik war nicht nur am Sonntag Ihr Begleiter, sondern Sie beide sind auch beim Training ein Team. Wie gut funktioniert diese Konstellation, können Sie sich gegenseitig pushen, wenn es mal nicht so gut läuft, wie eben von Ihnen angesprochen?

Esther Jacobitz:
Das ist richtig, richtig wichtig. Hendrik ist mehr oder weniger mein Trainer. Zusammen mit Timo Kuhlmann aus Hannover bespricht er mit mir mein Training und er weiß, wie es funktioniert. Er ist in Berlin so einen tollen Marathon gelaufen, ohne ihn hätte ich jetzt auch nicht diesen Sprung in diesem Jahr gemacht.

Ein noch größerer Sprung hatte sich in Köln zu Beginn des Rennens angedeutet. Am Anfang sind Sie in Richtung 2:29 Stunden gelaufen. War das der Plan, unter 2:30 Stunden zu bleiben? Oder war es ein bisschen zu ambitioniert?

Esther Jacobitz:
Wenn man meine Halbmarathon-Bestzeit anguckt, dann wäre es schon möglich gewesen. Ich wollte es einfach probieren. So eine Zeit wäre cool gewesen, jetzt hat es nicht geklappt. Vielleicht werde ich es Ende nächsten Jahres noch einmal probieren, vielleicht auch erst in zwei Jahren.

Welcher Streckenabschnitt war denn der härteste auf den 42,195 Kilometern?

Esther Jacobitz:
(lacht) Das ist so bitter, aber ab Kilometer 21 oder 23 war eigentlich alles schlimm.

Hat es Ihnen als angehende Psychologin dann geholfen, dass Vieles auch Kopfsache ist bei einem Marathon?

Esther Jacobitz:
Nein, nicht nur. Ich hatte diese Magenprobleme, und die bildet man sich ja nicht ein. Auch muskulär war es echt hart. Von daher ist es nicht nur Kopfsache.

Mehr:
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