| Runder Geburtstag

Erste Olympiasiegerin im Bundestag: Speerwerferin Ruth Fuchs wird 70

In den 1970er Jahren war Ruth Fuchs weltbeste Speerwerferin. Später sorgte die PDS-Abgeordnete als erste Olympiasiegerin im Bundestag für Schlagzeilen. Nach gesundheitlichen Problemen bestimmen jetzt private Hobbies den Alltag der Jenaerin.
dpa/sim

Das erste Gold holt sie sich 1972 auf einer "Westreise" in München ab – 19 Jahre später sitzt sie als Olympiasiegerin im Bundestag. Jahrzehnte nach dem Ende ihrer Karriere ist Ruth Fuchs immer noch die erfolgreichste deutsche Speerwerferin. Die Jenaerin, die an diesem Mittwoch ihren 70. Geburtstag feiert, beherrschte in den 70er Jahren die Weltelite. Sie gewann alles, was es zu gewinnen gab: je zweimal Olympia- und EM-Gold, vier Siege beim Europacup und beim ersten Weltcup 1977. Von 1972 bis 1980 warf die Thüringerin sechsmal Weltrekord und wurde nur dreimal besiegt.

 

Für Schlagzeilen sorgte die Olympiasiegerin von 1972 und 1976 erneut, als sie im April 1994 zugab, während ihrer aktiven Laufbahn Doping-Mittel genommen zu haben. Zu öffentlichen Vorwürfen des Heidelberger Professors Werner Franke erklärte sie damals in der Berliner Tageszeitung "Neue Zeit": "Ich gehöre nicht zu denen, die sagen, I – das habe ich nie gemacht."

Noch heute bekommt die in Bucha bei Jena lebende Speerwurf-Legende Autogramm-Post. "Vor allem aus den nord- und osteuropäischen Ländern und den USA. Das macht ein Problem. Wo bekomme ich noch Autogramm-Fotos her?", erzählt sie lächelnd. Die sportlichen Erfolge spielen in ihrem Alltag aber längst nicht mehr die Hauptrolle, "auch wenn ich gern auf die sehr schöne und erfolgreiche Lebensphase zurückblicke", meint sie. In ihrem Haus haben die Erinnerungen daran aber nur Platz im Arbeitszimmer unterm Dach gefunden.  

"Wollte nicht nur im Speerwerfen erfolgreich sein"

Die im Sport anerzogenen Eigenschaften Ehrgeiz, Kampfgeist, Wille und Zielstrebigkeit haben auch ihr weiteres Leben geprägt. Nachdem der dritte Anlauf zu olympischem Gold 1980 in Moskau (Russland) für die Favoritin und Weltrekordlerin mit Platz acht "gründlich in die Hose ging" und sie "nicht auf einem goldenen Tablett durchs Land gereicht wurde", wie sie formuliert, stürzte sie sich aufs Studium. Bereits ein Jahr später schloss sie es als Diplomsportlehrerin ab und promovierte 1984 in Jena als Sportwissenschaftlerin. "Ich wollte beweisen, dass ich nicht nur Speerwerfen, sondern auch im Berufsleben erfolgreich sein kann", erläutert Ruth Fuchs ihre Motivation.

Nach der Wende zog sie 1990 für die PDS in die DDR-Volkskammer ein. Danach war sie erste Olympiasiegerin im Deutschen Bundestag, wurde 1994 und 1998 wiedergewählt. "Ich bin meinen Grundprinzipien immer treu geblieben, auch wenn ich dafür von vielen Seiten angespuckt wurde. Das war sehr lehr- und erlebnisreich. Heute muss kein Politiker mehr Mut haben, um seine Überzeugungen zu vertreten", betont sie. Dies betreffe alle Parteien.

Lob für Olympiasieger Thomas Röhler

Inzwischen sieht sich Ruth Fuchs als "politisch denkenden Menschen, der keinen Partei-Zwängen und -Pflichten mehr unterliegt und keine Ämter mehr innehat". Langeweile verspürt sie trotzdem nicht. Auch wenn ihr Leben ruhiger geworden ist, seit 2012 ihr langjähriger Trainer und Ehemann Karl Hellmann gestorben ist.

Ganz vom Sport kann sie nicht lassen. "Endlich hat wieder die Biathlon-Saison begonnen. Das ist mein TV-Lieblingssport. Und sehr gefreut hat mich der Olympiasieg Thomas Röhlers in Rio, der mir mit seinen Einstellungen zum Sport imponiert", bekennt sie.

Für Abwechslung im Alltag sorgen ihr Pferd Lilli, die Gartenarbeit und die sechsjährige Labradoodel-Hündin Bella. Als Ruth Fuchs nach dem Tod ihres Schäferhunds einen neuen Begleiter suchte, sei es im Tierheim Göschwitz Liebe auf den ersten Blick gewesen.

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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