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Matthias Bühler - Phoenix, Weinheim, Olympia-Finale?

Matthias Bühler war in den vergangenen Jahren der beste deutsche 110-Meter-Hürdenläufer, gewann fünfmal in sieben Jahren den Titel bei den nationalen Meisterschaften. Bei den Olympischen Spielen in diesem Jahr will der 29-Jährige, der seit dieser Saison für die TSG Weinheim startet, das Halbfinale erreichen. Mindestens.
Thorsten Eisenhofer

Derzeit weilt Matthias Bühler in Phoenix, im US-amerikanischen Bundesstaat Arizona. 15 bis 20 Grad, viel Sonnenschein, nur nachts wird es ab und an richtig kalt. So lässt es sich leben, während es in Deutschland deutlich winterlicher ist. Doch Bühler ist nicht zum Ausspannen und Wettergenießen in den USA. Sondern zum Trainieren. Wie schon in den beiden vergangenen Jahren bereitet er sich von Oktober bis Mai in den USA auf die Freiluft-Saison vor.

„Schuld“ daran ist eine eher zufällige Begegnung nach dem ISTAF in Berlin 2012. Beim Abschlussdinner saß er neben Andreas Behm, dem Trainer des Olympiasiegers und Weltrekordhalters Aries Merritt (USA). Man unterhielt sich, man tauschte sich aus, man verstand sich. Ein Jahr später fragte Bühler bei Behm an, ob er ein dreiwöchiges Trainingslager bei ihm absolvieren könne. Behm lud ihn gleich für mehrere Monate ein.

Seitdem trainiert der Badener nun rund Zweidrittel des Jahres in den USA – auch wenn er dadurch jährlich einen finanziellen Verlust von etwa 10.000 Euro macht, den er durch Erspartes und die Unterstützung seiner Eltern auffängt. „Es war keine einfache Entscheidung von zu Hause wegzugehen“, sagt Bühler: „Aber es war die einzige Chance, um mich weiterzuentwickeln.“

Entwicklung sportlich und menschlich

Die Aufenthalte in den USA haben ihn nicht nur sportlich weitergebracht, weil er nun täglich mit einigen der besten Athleten der Welt trainiert. Auch menschlich hat er sich entwickelt. Er hat Menschen aus anderen Kulturen kennengelernt. Er ist lockerer und ruhiger geworden. Und er ist noch selbstbewusster geworden. Auf und neben der Bahn. „Von den Spitzenathleten kann man sich noch einiges abschauen“, sagt Bühler.

In den Sommermonaten wird er zum Teil in seiner Heimat in der Ortenau, zum Teil in Weinheim trainieren. Seine Trainingsläufe zeichnet er dann mit einer Kamera auf und sendet sie seinem Trainer, der ihm dann quasi live, über den Messenger-Dienst WhatsApp, Anweisungen und Verbesserungsvorschläge schickt.

"DM-Titel zurückholen"

Bühler ist nun so weit gereift, dass er sich in diesem Jahr den endgültigen Durchbruch in die Weltspitze zutraut. 2015 hat er – in einem von Verletzungen geprägten Jahr – das Finale bei der WM in Peking (China) nur um neun Hundertstelsekunden verpasst. Platz elf. „Ich konnte in der vergangenen Saison nie richtig durchtrainieren“, sagt er.

Seit Oktober hat Bühler aber alle Probleme und Problemchen im Griff - und will daher in der anstehenden Saison konstant unter 13,30 Sekunden laufen. Angepeilt ist nicht nur bei DM („Das Ziel ist es, sich den Titel von Gregor Traber zurückzuholen“) und EM („Das Ziel ist der Endlauf“) aufzutrumpfen, sondern auch bei Olympia. „Nur mit dem Erreichen des Halbfinals in Rio wäre ich nicht zufrieden“, sagt der 29-Jährige, der bei den Spielen 2012 in London (Großbritannien) im Vorlauf ausschied.

Sein großes Wunschziel ist es, einmal bei einem großen internationalen Finale im Endlauf zu stehen. „Ich war in Peking schon sehr nahe dran“, sagt Bühler: „Ich traue mir durchaus zu, bei Olympia eine Zeit um 13,25 Sekunden zu laufen.“ Eine Zeit, die für den Endlaufeinzug des Haßlachers reichen könnte.

Neue sportliche Heimat in Weinheim

Der Spätstarter, zumindest, was den Leistungssport betrifft, begann mit der Leichtathletik zwar schon im Alter von sieben Jahren. Doch bis er 17, 18 war, übte er die Sportart eher breitensportorientiert aus. Er trainierte zweimal die Woche, auf einer Aschenbahn. Ein Freund nahm Bühler dann in eine deutlich leistungsorientiertere Trainingsgruppe mit. Vier Jahre später, 2009, gewann er seinen ersten von mittlerweile fünf Titeln bei deutschen Meisterschaften. Alle im Trikot der LG Offenburg.

Weil ihm der Verein aus der Ortenau für 2016 ein finanziell deutlich abgespecktes Vertragsangebot vorlegte, wie Bühler sagt, startet er nun für die TSG Weinheim. „Das hat sich vor dem Ende der Wechselfrist noch schnell ergeben, darüber bin ich sehr froh“, berichtet Bühler.

Erst USA, dann Deutschland

Die stets stark besetzte Kurpfalz-Gala in Weinheim wird somit am 28. Mai zum Heimspiel für den Hürdensprinter. Zuvor sind aber bereits Starts in den USA geplant, über die Bühler jeweils kurzfristig eine Woche im Voraus entscheiden will. Hier sollen schon die ersten schnellen Zeiten fallen, denn mit diesen erhöht sich für den fünfmaligen Deutschen Meister die Chance auf die begehrten Startplätze in der Diamond League.

An Weinheim, an das Sepp-Herberger-Stadion, hat Matthias Bühler übrigens sehr gute Erinnerungen. Bei der Olympiaverabschiedung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) lief er dort 2012 seine persönliche Bestzeit von 13,34 Sekunden (die er 2015 bei der WM einstellte). Diese Zeit soll allerdings nicht mehr allzu lange Bestand haben. Dafür schufftet er derzeit. „Die Zielsetzung ist hoch, ich mache in Phoenix ja keinen Urlaub“, sagt Bühler.

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