| Interview

Pascal Behrenbruch: „So robust war noch keiner“

Für Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch war die erste Teilnahme an der Hallen-WM in Sopot (Polen) ein Experiment, das mit einer Grippe im Vorfeld unter verzerrten Bedingungen stattfand. Aus seinem Abschneiden macht sich der Frankfurter nichts - ganz im Gegenteil sein Körper ist fit für die Sommersaison. Welche Punktzahlen er anvisiert, was ihm seine neue Trainingsgruppe bringt und warum das hohe Zehnkampfniveau in Deutschland seine Schattenseiten hat, erzählt der Europameister im Interview.
Pamela Ruprecht

Pascal Behrenbruch, Sie sind gesundheitlich angeschlagen bei der Hallen-WM angetreten. Warum haben Sie nicht auf den Start verzichtet?

Pascal Behrenbruch:
Ich habe mir gesagt, ich mache trotzdem mit und ziehe den Wettkampf durch. Ich wusste ganz klar, dass ich in dem Zustand keine richtige Leistung bringen kann. Dafür habe ich ein internationales Ereignis mehr mitgenommen, das Erlebnis gefühlt und Spass gehabt. Das Resultat war für mich kein Problem, da ich genau wusste, warum ich so schlecht bin. Ich hatte Fieber und bin daher auch aus dem 1.000-Meter-Lauf gleich zu Beginn ausgestiegen.

Das Mehrkampf Meeting in Götzis (Österreich; 30. Mai/1. Juni) steht vor der Tür. Wie stellen Sie sich Ihre Qualifikation für die Europameisterschaft in Zürich vor?

Pascal Behrenbruch:
Es wäre natürlich perfekt, wenn es bei meinem ersten Start in Götzis gleich mit der Norm klappen würde. Dann hätte ich genug Zeit, um mich auf die EM vorzubereiten. Aber klar ist, dass die Konkurrenz in Deutschland momentan so stark ist, dass ich auch Ratingen einplanen muss. Der Idealfall wäre, in Götzis eine so gute Punktzahl zu schaffen, die für die Quali reicht.

Was hat sich dieses Jahr an der Konkurrenzsituation im Zehnkampf in Deutschland im Vergleich zu 2013 geändert?

Pascal Behrenbruch:
Wir haben diese Saison einen Riesendruck, weil wir letztes Jahr so unglaublich gut waren - die Ergebnisse, die wir gebracht haben. Deutschland war die letzten Jahre eine der stärksten Zehnkampfnationen. In der Breite haben wir mehr Athleten über 8.200 Punkte als die USA.

Einige Mehrkämpfer haben nach dieser erfolgreichen Saison Schwierigkeiten mit Verletzungen…

Pascal Behrenbruch:
Man sieht eben auch, dass man daran kaputt geht oder sich verletzten kann, wenn man sich ein Jahr lang voll auspowert. Jan Felix Knobel hat die Saison abgebrochen, Michael Schrader hat Knieprobleme. Man betreibt schon Raubbau an seinem Körper als Zehnkämpfer. Es ist nicht so leicht nach eine Super-Saison wie 2013 im nächsten Jahr einfach genauso weiterzumachen. Da liegt viel daran, wie der Körper das mitmacht.

Sie sind 29 Jahre alt. Wie geht es Ihnen?

Pascal Behrenbruch:
Mir geht es perfekt. Ich habe keine Wehwehchen. Die Leistungen stimmen auch. Ich kann wirklich sehr glücklich sein, dass ich keine körperlichen Probleme habe. Ich bin jetzt seit acht Jahren immer dabei und jede Saison über 8.200 Punkte gekommen. Ich glaube, es gab noch nie einen deutschen Zehnkämpfer, der so robust war.

Haben Sie zur Saisonvorbereitung noch regelmäßig bei Andrei Nazarov und Erki Nool in Estland trainiert?

Pascal Behrenbruch:
Ja, ich bin oft in Estland unterwegs gewesen. Die wochenweisen Aufenthalte dort sind wie Trainingslager für mich. Ich versuche ein Viertel des Jahres dort zu sein, eine Woche im Monat, den neuesten Stand mit meinem Trainer zu besprechen. Zweimal war ich außerdem auf Teneriffa und zuletzt einen Monat in Orlando.

Wie sieht Ihre Trainingssituation in Frankfurt aus?

Pascal Behrenbruch:
Ich habe seit Anfang des Jahres eine Trainingsgruppe mit Fabian Christ, der bei seinem Vater Hartmut Christ trainiert. So muss ich nicht alles alleine machen. Das funktioniert super. Die Athleten, mit denen ich trainiere, sind in manchen Disziplinen besser als ich, etwa über 400 Meter und im Stabhochsprung. Sonst trainiere ich viel mit meinen Kumpels, die auch mal Zehnkämpfer waren. Das läuft ganz gut.

Es wird Ihnen oft nachgesagt, Sie seien ein Solo-Gänger. Hat sich das gewandelt?

Pascal Behrenbruch:
Klar mache ich eine Solosache, aber ich habe immer schon versucht mit Trainingspartnern zu trainieren. Es ist einfacher, mit Leuten zu trainieren, die nicht das gleiche Level und Alter haben und die nicht ganz oben stehen. Da hat man diese Streitigkeiten nicht. Es ist perfekt, mit jemand zu trainieren, der einen bewundert, auch wenn man beißen muss, um an ihm dranzubleiben.

Wen sehen Sie als Vorjahressieger beim Mehrkampf-Meeting in Ratingen als größten Konkurrenten an?


Pascal Behrenbruch:
Kai Kazmirek ist für mich diesen Sommer der stärkste Konkurrent. Er hat bei der Hallen-WM eine Super-Performance gezeigt. Er ist jung und unverletzt und kann bestimmt die 8.400, wenn nicht 8.500 Punkte, angreifen. Und natürlich Rico Freimuth und Michael Schrader. Das wird auf jeden Fall ein Kampf um die EM-Tickets.

Sie haben vorletztes Jahr bei der EM in Helsinki (Finnland) mit 8.558 Punkten ihre Bestleistung aufgestellt. Welche Punktezahlen peilen Sie dieses Jahr bei den Meetings und in Zürich an?

Pascal Behrenbruch:
Für die EM-Quali muss man an die 8.500 Punkte anbieten, um sicher dabei zu sein. In Zürich würde ich dann schon gerne eine Bestleistung anpeilen, wenn es gesundheitlich so gut weiterläuft. Man muss sich die Ziele immer hochsetzen. Sie sollen nicht unrealistisch sein. Deshalb spreche ich nicht von 8.800 Punkten, sondern von 8.600 Punkten.

Sie würden als Titelverteidiger nach Zürich reisen. Ist das Ziel dann klar?

Pascal Behrenbruch:
Früher habe ich gesagt, dass es mein Traum ist, als Zehnkämpfer eine Medaille zu gewinnen. Dann habe ich gleich Gold gewonnen. Wenn bis dahin alles gut läuft und ich fit bin, will ich meinen Titel verteidigen.

Ihre stärksten Disziplinen liegen im Wurfbereich. Wo sehen Sie bei sich noch Potential?

Pascal Behrenbruch:
Ich möchte meine Wurfleistungen wieder ausbauen. Ich schwächle seit ein paar Jahren im Diskuswerfen, weil ich mir 2011 eine falsche Technik angelernt habe. Bis dahin habe ich mit meiner schlechten und einfachen Technik sehr weit geworfen. Darauf kommt es im Zehnkampf an und nicht wie es aussieht. Das hätte ich beibehalten sollen. Ich versuche nun aus dem Bewegungsablauf wieder rauszukommen, um solide 50 Meter zu werfen und im Speerwerfen über 70 Meter zu kommen. Ich hoffe auch, dass meine Schwächen Hoch- und Weitsprung etwas besser klappen. Das sind dann gleich ein paar Punkte mehr.

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