| Olympische Spiele 2016

Nafissatou Thiam überrascht mit Olympia-Gold

Es war ein spannender und hochklassiger Siebenkampf bei den Olympischen Spielen von Rio. Keine der Topathletinnen leistete sich einen Aussetzer. Und doch gewann am Ende eine Siebenkämpferin, die wohl nur Experten auf der Rechnung hatten: die 21-jährige Belgierin Nafissatou Thiam. Mit den Plätzen fünf, neun und 14 zeigten die DLV-Athletinnen ein starkes Team-Ergebnis. Carolin Schäfer feierte den größten Erfolg ihrer Karriere.
Silke Morrissey

Wieder einmal boten die besten Allrounderinnen unter den Leichtathleten einen mitreißenden Wettkampf. Carolin Schäfer (TV Friedrichstein) ließ auf die Ankündigung, die 6.600 Punkte angreifen zu wollen, Taten folgen. Mit einer Einzel-Bestleistung über die Hürden (13,12 sec) und starken 1,83 Meter im Hochsprung schlug sie an Tag eins ihren Weg in die Top Fünf ein, den sie schließlich mit 6.540 Punkten – nur 17 Zähler unter Hausrekord – zu Ende brachte. Es war der größte internationale Erfolg der ehemaligen U20-Weltmeisterin, die mit ihrem „mega-geilen“ Auftritt rundum zufrieden war.

Auch Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen) zeigte, was noch in ihr steckt. Im Vergleich zu ihren besten Zeiten fehlt es der Vize-Weltmeisterin von 2009 und WM-Dritten von 2011 an Schnelligkeit. Mit durch die Bank guten Einzel-Resultaten und einem Highlight im Hochsprung, wo sie erstmals seit 2006 wieder über 1,86 Meter kam, sammelte sie aber so viele Punkte wie seit 2011 nicht mehr. Diese Leistung bescherte ihr nach langer Verletzungs- und dann Baby-Pause mit Rang neun die beste internationale Platzierung seit WM-Bronze. "Ich bin mit mir im Reinen" sagte sie - der Kampf für das Comeback hat sich gelohnt.

Nur Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt) musste anerkennen, dass nach ihren zwei Muskelfaserrissen, zugezogen im Mai zu Beginn der Saison, und langem Trainingsausfall ein paar Körner fehlten. Das machte sich besonders an Tag eins im Hochsprung (1,74 m) und über 200 Meter (24,48 sec) bemerkbar. Mit guten Resultaten im Weitsprung (6,54 m) und über 800 Meter (2:07,22 min), wo sie jeweils die zweitbeste Leistung aller Siebenkämpferinnen erzielte, hatte aber auch sie ihre Highlights. Für 6.270 Punkte gab es Platz 14.

Nafissatou Thiam zeigt ihr Potenzial

Die Olympiasiegerin von Rio kommt aus Belgien und ist eine Athletin, die schon in jungen Jahren mit herausragenden Leistungen auf sich aufmerksam gemacht hatte: 2011 wurde Nafissatou Thiam Vierte der U18-WM, 2013 holte sie mit fast 6.300 Punkten Gold bei der U20-EM, 2014 folgten im ersten Aktiven-Jahr 6.508 Punkte in Götzis (Österreich).

Jetzt ist die 21-Jährige kurz vor ihrem 22. Geburtstag auch bei den Frauen ganz an der Spitze angekommen. Mit herausragenden Ergebnissen im Hochsprung (1,98 m), Kugelstoßen (14,91 m),  Weitsprung (6,58 m) und Speerwurf (53,13 m) legte sie den Grundstein für 6.810 Punkte und Olympia-Gold.

Diese starke Leistung musste fair auch die Olympiasiegerin von London Jessica Ennis-Hill (Großbritannien) anerkennen, der schließlich eine neue Saison-Bestleistung von 6.775 Punkten „nur“ zu Silber reichte. Bronze ging an die Hallen-Weltmeisterin aus Kanada Brianne Theisen-Eaton (6.653 Pkt), mit 55,93 Metern im Speerwurf und 2:09,43 Minuten über 800 Meter schob sich die Lettin Laura Ikauniece-Admidina (6.617 Pkt) noch an Carolin Schäfer vorbei auf Platz vier.


STIMMEN ZUM WETTBEWERB

Carolin Schäfer (TV Friedrichstein)
Ich bin fix und alle (lacht). Fünfter Platz, das ist mega geil, das war vorher mein Traum, die Top Fünf. Eine Bestleistung wäre natürlich toll gewesen, aber hier Katarina Johnson-Thompson zu schlagen hat auch was. Und das alles nach einem harten Jahr 2015. 2016 ist dann einfach mein Jahr geworden! Klar, ich hatte vorher auf 6.600 Punkte gehofft, aber dass daraus nichts geworden ist, kann ich gut abhaken. Der Zeitplan hat mir schwer zu schaffen gemacht, die Pausen haben sehr gezehrt, da war die Punktzahl schon hoch gegriffen – auch wenn sie nicht utopisch war. Darauf kann man im den nächsten Jahren gut aufbauen. Es war auch schön, hier als Team zusammenzuhalten. Ich war ja oft mit Jenny in einer Gruppe. Wir haben schöne Momente erlebt, das schweißt zusammen. Als Erstes gehe ich jetzt zu meinem Trainer und falle ihm um den Hals. Ihm habe ich das ja alles zu verdanken.

Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen)
6.401 Punkte – zum Glück nicht 6.399! Das ist mein bestes Ergebnis seit 2011. Ich weiß, dass im Vergleich zu meiner Bestleistung von 6.600 Punkten einfach die Schnelligkeit fehlt, aber im Sprung passt alles, im Weitsprung hätte ich mir sogar mehr zugetraut, der Hochsprung war grandios, das war der Höhepunkt. Ich hatte hier viele gute Disziplinen und keine richtige Tiefe, dann kommt ein guter Siebenkampf dabei raus. Ich bin mit mir im Reinen. Es hat sich gelohnt, sich die zwei Jahre noch einmal ranzukämpfen. Das Karriere-Ende hatte ich schon immer im Hinterkopf. Auch während des 800 Meter-Rennens denkt man: Das könnte dein letztes sein, gib noch mal alles. Aber jetzt mache ich erstmal Urlaub und danach setze ich mich mit meinem Team zusammen. Ich will hier nicht mein Karriere-Ende verkünden. Es macht viel Spaß in der Trainingsgruppe und Cindy [Roleder] würde sich sicher auch freuen, wenn ich noch dabei bleibe.

Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt)
Ach ja, 39 Meter im Speerwerfen. Ich merke einfach, dass man damit keinen Blumentopf gewinnen kann. Wenn ich trainiere, werfe ich 40 Meter. Wenn ich nicht trainiere auch. Es war ein schwieriges Jahr für mich, ich kannte es vorher nicht, wenn man während der Saison gar nicht trainieren kann. Am Ende war ich hier sogar nur 20 Punkte von der Saison-Bestleistung entfernt. Die Ergebnisse heute waren im Rahmen. Nach diesen zwei Tagen hätte ich nicht mehr gedacht, dass ich die 800 Meter noch so schnell laufen kann. Für die Vorgeschichte war es eigentlich gar kein so schlechter Siebenkampf.

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